Zyklus der Erdenkinder 03 - Ayla und die Mammutjäger
getragen.
Sie hob die Hand, um sich das Haar nochmals aus den Augen zu streichen, und dabei bemerkte sie ihre Schleuder. Sie blieb stehen, nahm das Haar zusammen und band sich den weichen Lederstreifen der Schleuder um den Kopf. Mit sich selbst zufrieden, stopfte sie das herabhängende Ende unters Haar und lächelte. Jetzt hing ihr das Haar zwar immer noch lose herunter, aber die Schleuder hielt es ihr aus den Augen heraus, und der Kopf war gar kein so schlechter Platz, die Schleuder mit sich herumzutragen.
Die meisten Mamutoi gingen davon aus, daß Aylas Sprung auf den Rücken des Pferdes und der schnelle Ritt, der mit dem Herunterholen der beiden Schneehühner geendet hatte, noch zur Vorführung ihres Könnens mit der Schleuder gehörte. Sie machte sich nicht die Mühe, sie eines Besseren zu belehren, vermied es aber, Jondalar oder Ranec anzusehen.
Jondalar wußte, daß sie völlig durcheinander gewesen war, als sie sich umgedreht hatte und davongelaufen war; und er war sich sicher, daß das an ihm lag. Das tat ihm leid, und in Gedanken machte er sich Vorwürfe, kam aber selber mit dem für ihn überraschenden Ansturm widerstreitender Gefühle nicht zurecht; vor allem wußte er nicht, wie er es ihr erklären sollte. Ranec hatte nicht erkannt, wie tief Aylas Kummer saß. Er war sich darüber im klaren, daß er gewisse Gefühle in ihr weckte, und nahm an, daß dies dazu beigetragen hatte, als sie völlig unvermittelt zu ihrem Pferd gelaufen war; nur hielt er ihr Tun für naiv und bezaubernd. Er fühlte sich immer mehr von ihr angezogen und sann nur darüber nach, wie stark die Gefühle waren, die sie dem großen blonden Mann entgegenbrachte.
Kinder liefen die Wurfbahn auf und ab, als sie sich wieder zu den anderen gesellte. Nezzie kam, um Rydag in Empfang zu nehmen, und übernahm bei der Gelegenheit gleich die Vögel. Die Pferde ließ Ayla laufen. Sie trollten sich und fingen an zu grasen.
Ayla blieb, um zuzusehen, als freundschaftliche Meinungsverschiedenheiten etliche Leute dazu brachten, unter sich einen kleinen Speerwurfwettstreit auszutragen. Das lag jenseits aller ihrer Erfahrungen. Sie spielten ein Spiel. Ayla begriff Wettkämpfe, bei denen einer am anderen sein Können maß – wer am schnellsten laufen und wer einen Speer am weitesten werfen konnte –, aber was sie nicht verstand, war ein Tun, dessen einziges Ziel darin zu bestehen schien, daß es allen Beteiligten nur Spaß machte, wobei sie gleichzeitig noch ihre Geschicklichkeit vergrößerten.
Aus dem Langhaus wurden ein paar Reifen herausgeholt. Diese waren etwa so groß, daß man sie über einen Oberschenkel hätte streifen können, und bestanden aus Lederriemen, die man in frischem Zustand zusammengeflochten und dann hatte trocknen lassen, um sie hinterher fest mit Palmlilienwedeln zu umwickeln. Angespitzte und gefiederte Schäfte – leichte Wurfspeere, die allerdings keine Spitzen aus Bein oder Feuerstein trugen – gehörten zu der Ausrüstung.
Die Reifen wurden über den Boden gerollt, dann mit den Speeren danach geworfen. Stoppte jemand einen rollenden Reifen, indem er den Speer durch das Rund warf und ihn im Boden stecken ließ, verkündeten frohe Rufe und Schenkelgeklatsche freudigen Beifall. Das Spiel, zu dem auch Zahlwörter sowie das gehörte, was sie ›Wetten‹ nannten, hatte aufgeregten Zuspruch hervorgerufen, und Ayla war fasziniert. Es spielten sowohl Männer als auch Frauen, doch wechselten sie sich ab beim Reifentreiben und beim Speerwerfen, so als ob sie gegeneinander stünden und sich bekämpften.
Schließlich wurde irgendein Schluß gezogen. Etliche Leute machten sich auf, zur Erdhütte zurückzukehren. Die vor Aufregung im Gesicht noch ganz rote Deegie sagte: »Wettkämpfe und Spiele – sieht aus, als würde noch ein richtiges Fest daraus. Nezzies Eintopf, Taluts Schnappes und Ranecs Spezialgericht. Was hast du denn mit den Schneehühnern vor?«
»Ich kenne besondere Art, sie zuzubereiten. Meinst du, ich sollte das tun?«
»Warum nicht? Das Fest kann nur noch schöner werden, wenn es noch ein besonderes Gericht mehr gibt.«
Ehe sie das Langhaus erreichten, stiegen ihnen bereits von der Kochstelle die köstlichen Düfte in die Nase. Vor allem kamen sie von Nezzies Eintopf. Dieser köchelte still in der großen Kochhaut vor sich hin; im Moment waren es Latie und Brinan, die sich darum kümmerten, doch auch alle Welt sonst schien auf diese oder jene Weise mit irgendwelchen Essensvorbereitungen beschäftigt. Ayla hatte sich sehr
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