Zyklus der Erdenkinder 03 - Ayla und die Mammutjäger
wieder.
Der Junge wußte nicht, wie er zu einer solchen Auszeichnung kam, doch seine Augen blitzten vor Vergnügen. Wiewohl die Aufregung sein Herz schnell schlagen ließ, verspürte er keinerlei Angst; schließlich hielt Ayla ihn fest im Arm, und so war er ganz atemloses Erstaunen ob der Tatsache, daß er durch den Wind geradezu flog.
Die Flucht vor der ihr so ungewohnten Situation und das vertraute Gefühl, auf dem Rücken von Winnie zu reiten und das Donnern ihrer Hufe zu hören, nahm Ayla etwas von ihrer Spannung, unter der sie stand. Während sie entspannte, spürte sie Rydags Herz mit jenem eigentümlichen, unbestimmt rumorenden Laut gegen ihren Arm klopfen, was augenblicklich ihre Besorgnis weckte. Ob es wohl klug gewesen war, ihn mitgenommen zu haben? Doch dann erkannte sie, daß der Herzschlag zwar anders war als sonst, aber keinerlei Überanstrengung verriet.
Sie verlangsamte das Tempo, schlug einen weiten Bogen und ritt zurück. Als sie sich der Wettkampfbahn näherte, kam sie an einem Paar Schneehühner vorüber, deren getüpfeltes Sommergefieder noch nicht ganz dem weißen Winterkleid gewichen war und die sich im hohen Gras verbargen.
Die Pferde scheuchten sie hoch. Aus lauter Gewohnheit machte Ayla, sobald sie sie auffliegen sah, ihre Schleuder bereit, blickte dann vor sich nieder, sah, daß Rydag zwei Steine aus dem Beutel in der Hand hatte und vor sich hinhielt. Sie nahm sie, lenkte Winnie durch Schenkeldruck, holte erst den einen niedrig fliegenden fetten Vogel herunter und dann den anderen.
Sie brachte Winnie zum Stehen, packte Rydag, und glitt, den Jungen auf dem Arm, vom Rücken ihres Pferdes herunter. Sie stellte ihn hin und holte die Vögel, drehte ihnen den Hals um und band ihnen mit einigen vertrockneten Langgräsern die gefiederten Füße zusammen. Wiewohl sie, wenn sie wollten, schnell und weit fliegen konnten, zogen Schneehühner nicht nach Süden. Statt dessen ließen sie mit ihrem dichten weißen Winterfederkleid, das sie wärmte und tarnte zugleich und aus ihren Füßen kleine Schneeschuhe machte, die bitterkalte Jahreszeit über sich ergehen, nährten sich von Samenkörnern und kleinen Zweigen und kratzten sich, wenn ein Schneesturm drohte, kleine Höhlen in den Schnee und warteten ab, bis er sich legte.
Ayla hob Rydag wieder auf Winnies Rücken. »Würdest du bitte die Schneehühner festhalten?« gab sie ihm mittels Zeichensprache zu verstehen.
»Darf ich denn?« signalisierte er zurück. Wie unbändig er sich freute, war an mehr als an seinen Handzeichen zu erkennen. Niemals war er schnell gelaufen, bloß weil Schnellaufen Spaß macht; zum ersten Mal spürte er, wie das war. Niemals war er Jagen gegangen oder hatte er die komplizierten Gefühle verstanden, die einen befielen, wenn man Klugheit und Können einsetzte, um sich selbst und die Seinen am Leben zu erhalten. Und diesmal war er dabeigewesen; noch persönlichere Erfahrung in dieser Hinsicht, noch unmittelbarere Beteiligung sollten ihm für immer versagt bleiben.
Lächelnd legte Ayla die Vögel direkt vor Rydag über die Kruppe, wandte sich dann zum Gehen und marschierte auf die Wurfbahn zu. Winnie folgte ihr. Ayla hatte es nicht eilig zurückzukehren; sie war immer noch ein wenig durcheinander und mußte daran denken, wie zornig Jondalar ausgesehen hatte. Warum nur wird er so wütend? Eben noch hatte er sie voller Freude angelächelt … während alle anderen sie umringt hatten. Doch als Ranec … Sie lief rot an, als sie an seine dunklen Augen dachte und an seine weiche, glatte Stimme. Die Anderen! dachte sie und schüttelte den Kopf, als gälte es, Klarheit in ihre Gedanken zu bringen. Ich verstehe diese Anderen nicht!
Der Wind, den sie im Rücken hatte, blies ihr Strähnen ihres langen Haars ins Gesicht. Ärgerlich schob sie sie mit der Hand zurück. Es war nicht das erste Mal, daß sie daran dachte, sich das Haar wieder zu flechten, wie sie es getan hatte, als sie allein im Tal gelebt hatte. Aber Jondalar mochte es, wenn sie das Haar offen trug, und so hatte sie es gelassen. Nur störte es manchmal. Dann, immer noch ein wenig verärgert, stellte sie fest, daß sie immer noch die Schleuder in der Hand hielt; sie wußte einfach nicht, wohin damit, denn sie trug ja keinen Leibriemen, in den sie sie hätte hineinstopfen können. Bei den Kleidern, die sie jetzt trug, weil sie Jondalar gefielen, konnte sie nicht einmal ihren Medizinbeutel mit sich führen; auch den hatte sie immer, bequem am Leibriemen festgeknüpft, bei sich
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