Zyklus der Erdenkinder 04 - Ayla und das Tal der Grossen Mutter
Phantasie."
"Aber ihre Phantasien gründen sich auf etwas."
"Natürlich wissen alle mehr oder weniger, was auf sie zu-kommt. Schließlich haben sie mit Männern und Frauen zusammengelebt", meinte er.
"Das ist es nicht allein, Jondalar. Wer hat uns wohl letzte Nacht die trockenen Handtücher bereitgelegt?"
"Ich dachte, Losaduna oder vielleicht Solandia."
"Sie gingen vor uns zu Bett und waren mit sich selbst beschäftigt. Ich habe sie gefragt. Sie wußten nicht einmal, daß wir zu den heiligen Wassern gegangen waren - auch wenn es Losaduna zu gefallen schien."
"Wenn sie es nicht waren, wer dann? - Madenia?"
"Da bin ich fast sicher."
"Ich glaube. Laduni, so geht es", sagte Jondalar. "So geht es wirklich! Laß mich noch einmal wiederholen. Wir beladen das Rundboot mit Heu und genügend Brennsteinen, um Eis zu schmelzen; dazu kommen ein paar Steine für die Feuerstelle und die schwere Mammuthaut als Unterlage, damit die Steine nicht im Eis versinken, wenn sie heiß werden. Vorräte für uns und vermutlich auch für Wolf können wir in unseren Packkörben und Satteltaschen mitrühren."
"Ihr werdet eine Menge zu tragen haben", sagte Laduni, "aber ihr braucht das Wasser nicht zu kochen - das spart Brennsteine. Es muß nur schmelzen, so daß die Pferde, Wolf und ihr es trinken könnt. Es braucht nicht heiß zu werden, darf aber auch nicht mehr eisig sein. Und spart nicht am Trinken. Wenn ihr euch warm anzieht, genug ausruht und ausreichend trinkt, könnt ihr die Kälte aushalten."
"Sie sollten es, glaube ich, vorher ausprobieren, um fest-zustellen, wieviel sie brauchen werden", sagte Laronia, Ladunis Gefährtin. "Ein guter Gedanke", meinte Ayla.
"Aber Laduni hat recht, es wird sehr schwer sein", fügte Laronia hinzu.
"Dann müssen wir unsere Sachen noch einmal durchgehen und alles hierlassen, was wir entbehren können", sagte Jondalar. "Wir brauchen nicht viel. Wenn wir den Gletscher hinter uns haben, sind wir nicht mehr weit von Dalanars Lager entfernt."
Sie hatten schon soviel aussortiert! Was konnten sie noch entbehren? Ayla grübelte darüber nach, als sich die Ver-sammlung auflöste. Sie ging zu ihrem Schlafplatz zurück, und Madenia wich ihr nicht von der Seite. Die Kindfrau schwärmte nicht nur für Jondalar, sondern sah auch bewundernd zu Ayla auf, was ihr gar nicht so angenehm war. Aber sie mochte Madenia und fragte sie, ob sie bei ihr bleiben wollte, während sie ihre Sachen durchsah.
Als Ayla ihre Besitztümer ausbreitete, dachte sie daran, wie oft sie das schon auf dieser Reise gemacht hatte. Es war schwierig, sich zu entscheiden. Alles hatte eine Bedeutung für sie, doch wenn sie mit Winnie, Renner und Wolf über diesen furchtbaren Gletscher kommen wollten, der Jondalar von Anfang an beunruhigt hatte, durften sie nur das Allernötigste mitnehmen.
Das erste Päckchen, das sie öffnete, enthielt das schöne Kleid aus weichem Gamsleder, das Roshario ihr geschenkt hatte. Sie hielt es hoch und breitete es vor sich aus.
"Oh! Wie schön! Die Stickerei und der Schnitt! So etwas habe ich noch nie gesehen", sagte Madenia und faßte es an. "Und so weich! Ich habe noch nie etwas so Weiches gefühlt."
"Das gab mir eine Frau von den Sharamudoi, die sehr weit von hier leben, fast am Ende des Großen Mutter Flusses, dort, wo er wirklich ein breiter Strom ist. Die Sharamudoi sind eigentlich zwei Stämme. Die Shamudoi leben auf dem Land und jagen Gemsen. Kennst du diese Tiere?" fragte Ayla.
Madenia schüttelte den Kopf. "Es sind Bergtiere, wie die Steinböcke, nur kleiner."
"Ja, die kenne ich, wir nennen sie nur anders", sagte Madenia.
"Die Ramudoi sind Flußleute und jagen den Stör - einen riesigen Fisch. Beide Stämme haben eine besondere Kunst, die Häute der Gemsen zu bearbeiten, damit sie so weich und geschmeidig werden."
Ayla nahm den verzierten Kittel hoch und dachte an die Sharamudoi, die sie kennengelernt hatte. Es schien so lange her zu sein. Sie hätte mit ihnen leben können, das dachte sie immer noch, und sie wußte, daß sie sie nie wiedersehen würde. Der Gedanke, Rosharios Geschenk zurückzulassen, behagte ihr nicht. Dann sah sie Madenias leuchtende Augen und kam zu einem Entschluß.
"Möchtest du es haben, Madenia?"
Madenia zog die Hände zurück, als hätte sie sich verbrannt. "Das geht nicht! Es war ein Geschenk an dich", sagte sie.
"Wir müssen unser Gepäck erleichtern. Ich glaube, Roshario wäre froh, wenn du es nimmst, weil du es so sehr magst. Es war für das Fest der
Weitere Kostenlose Bücher