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Zyklus der Erdenkinder 06 - Ayla und das Lied der Höhlen

Zyklus der Erdenkinder 06 - Ayla und das Lied der Höhlen

Titel: Zyklus der Erdenkinder 06 - Ayla und das Lied der Höhlen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean M. Auel
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weil es mir Spaß gemacht hat und eine Herausforderung war.« Und man hat etwas zu tun, wenn man allein ist und Vögel und andere Tiere die einzige Gesellschaft sind, dachte sie, sprach es aber nicht laut aus. Manchmal erwähnte sie etwas gar nicht erst, weil es zu viele Erklärungen erfordert hätte.
»Ich kenne ein paar Jäger, die ziemlich gut Tierstimmen nachahmen können, um ihre Beute anzulocken, so wie den Ruf eines Hirsches und das Muhen eines Auerochsenkalbs, aber ich habe noch nie jemanden wie einen Löwen brüllen gehört«, sagte Shevola und sah sie erwartungsvoll an.
Ayla lächelte, holte tief Luft, wandte sich dem Höhleneingang zu und begann mit ein paar einleitenden Grunzlauten, so wie es ein Löwe macht. Dann stieß sie ein Gebrüll aus, ähnlich wie Baby, nachdem er die Reife erlangt hatte. Vielleicht war es nicht so laut wie das Gebrüll eines richtigen Löwen, aber es klang mit den Abstufungen der Töne derart natürlich, dass die meisten, die es hörten, es für echt hielten. Auch Shevola erblasste zunächst, doch als die Grotte das Echo zurückwarf, lachte sie.
»Wenn ich das gerade gehört hätte, glaube ich nicht, dass ich in die Höhle gegangen wäre. Es klingt, als wäre ein Höhlenlöwe darin.«
In diesem Augenblick beschloss Wolf, auf Aylas Löwengebrüll zu antworten, und stimmte sein Wolfsgeheul an. Auch das hallte in der Grotte wider.
»Ist der Wolf ein Zelandoni?«, fragte die junge Gehilfin überrascht. »Es klang, als hätte auch er eine heilige Stimme.«
»Ich weiß nicht, ob er einer ist. Für mich ist er einfach nur ein Wolf, aber die Erste hat sich ähnlich dazu geäußert«, sagte Ayla.
Sie begaben sich in den schmaleren Teil, Shevola zuerst, gefolgt von Ayla, dann Wolf. Kurz darauf war Ayla froh, dass Zelandoni ihr geraten hatte, sich so zu kleiden, dass sie in einer Höhle kriechen konnte. Nicht nur die Wände der Grotte rückten näher zusammen, auch der Boden hob sich an, und die Decke wurde niedriger. Der Raum wurde so eng, dass sie nicht einmal aufrecht stehen konnten, und an manchen Stellen mussten sie auf den Knien weiterrutschen. Ayla ließ in dem schmalen Durchgang ihre Fackel fallen, doch es gelang ihr, sie wieder aufzuheben, bevor sie erlosch.
Sie kamen leichter voran, als sich die Passage öffnete und sie wieder aufrecht gehen konnten. Auch Wolf war offensichtlich froh, den engen Gang hinter sich zu haben, obwohl er es einfacher gehabt hatte. Doch sie hatten noch einige Engpässe vor sich. In einem Bereich war die Wand zur Rechten eingestürzt und hatte eine Geröllhalde gebildet, auf der die Füße kaum Halt fanden. Während sie sich vorsichtig einen Weg darüber hinweg bahnten, rollten weitere Steine und Kiesel den ziemlich steilen Abhang hinunter. Sie drängten sich näher an die gegenüberliegende Wand.
Nach einer weiteren Verengung der Passage blieb Shevola schließlich stehen, hielt ihre Fackel hoch und schaute nach rechts. Nasser, glänzender Ton bedeckte einen kleinen Abschnitt der Wand, war aber in die Gesamtdarstellung einbezogen. Ein Zeichen war eingeritzt, fünf senkrechte Linien und zwei waagerechte, eine davon durchkreuzte alle fünf Senkrechten, während die zweite nur etwa halb so weit reichte. Neben der Markierung war die Zeichnung eines Rentiers in den Stein geritzt.
Inzwischen hatte Ayla genug Bilder und Ritzzeichnungen gesehen, um ein Gefühl dafür zu entwickeln, welche ihr gefielen und welche ihrer Meinung nach weniger gut ausgeführt waren. Dieses Rentier fand sie nicht so gelungen wie einige andere, die sie gesehen hatte, doch das würde sie weder Shevola noch den anderen Angehörigen ihrer Höhle sagen. Sie würde ihre Meinung für sich behalten. Immerhin war vor noch nicht allzu langer Zeit allein die Vorstellung, so etwas wie ein Tier an eine Höhlenwand zu malen, für sie undenkbar gewesen.
»Weißt du, wer dieses Rentier gemacht hat?«, wollte Ayla wissen.
»In den Überlieferungen und Legenden der Alten ist nichts darüber zu finden, bis auf allgemeine Hinweise, die auf fast alle Höhlenzeichnungen zutreffen könnten, aber in einigen Geschichten, die über unsere Höhle erzählt werden, gibt es ein paar Andeutungen, dass es ein Vorfahre der Westgrotte gewesen sein könnte, vielleicht einer ihrer Gründer«, antwortete Shevola. »Mir gefällt die Vorstellung, dass es ein Vorfahre war.«
Der weitere Weg in die Grotte war nicht wesentlich leichter. Der Boden war noch immer sehr uneben, und an den Wänden waren Vorsprünge, auf die sie

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