Zyklus der Erdenkinder 06 - Ayla und das Lied der Höhlen
ihrer Erinnerung erzählt hatte, hielt Jondalar sie fest, bis sie sich wieder entspannte. Obwohl sie nicht viel berichtet hatte, konnte er nun besser ihr damaliges Entsetzen nachvollziehen, als ein Erdbeben ihre ganze Welt einstürzen ließ und das Leben, so wie sie es gekannt hatte, ein abruptes Ende fand.
»Meinst du, es kommt wieder? Das Erdbeben? Manchmal, wenn die Erde sich derartig bewegt, beruhigt sie sich nicht sofort«, sagte Ayla, als sie sich schließlich voneinander lösten.
»Ich weiß nicht. Aber vielleicht sollten wir nach Altes Tal zurückkehren und nachsehen, ob dort alles in Ordnung ist.«
»Natürlich! Ich hatte solche Angst, dass ich nicht an die anderen gedacht habe. Ich hoffe, dass alle wohlauf sind. Und die Pferde! Wo sind die Pferde?«, rief Ayla und schaute sich suchend um. »Ihnen ist doch hoffentlich nichts passiert?«
»Wahrscheinlich hatten sie genauso viel Angst wie wir, aber ich glaube, dass es ihnen gutgeht. Renner hat gescheut, aber ich bin nicht gestürzt. Dann ist er im Kreis gelaufen.
Soweit ich sehen konnte, hat Winnie sich nicht von der Stelle bewegt, und Grau ist an ihrer Seite geblieben. Sie müssen wohl fortgelaufen sein, nachdem es aufgehört hat.«
Ayla entdeckte in der Ferne die Tiere und atmete erleichtert auf. Mit lauten Pfiffen rief sie die Pferde herbei und sah, wie Winnie den Kopf hob und in ihre Richtung kam. Renner und Grau folgten ihr, dahinter kam Wolf.
»Da kommen sie, und Wolf ist auch bei ihnen. Er ist wahrscheinlich mit ihnen fortgelaufen«, meinte Jondalar.
Bis die Pferde und Wolf bei ihnen waren, hatte sich Ayla etwas gefangen. Da zum Aufsteigen kein geeigneter Felsbrocken oder Baumstumpf in der Nähe war, reichte sie Jondalar das Kind für einen Augenblick, hielt sich an der stehenden Mähne der Stute fest, schwang mit einem Satz ihr Bein über den Rücken und richtete sich auf. Sie nahm Jonayla entgegen und sah zu, wie Jondalar sich fast genauso auf Renner schwang, obwohl er bei seiner Größe auch ohne Schwung auf den Rücken des gedrungenen, stämmigen Hengstes hätte steigen können.
Ayla schaute zur Quelle und zu dem Baum, der sich noch immer gefährlich neigte. Bestimmt würde er bald umstürzen. Obwohl sie zuvor gern an den Teich geritten wäre, wollte sie ihm jetzt nicht mehr näher kommen. Als sie sich in Richtung Altes Tal auf den Weg machten, hörten sie ein lautes Krachen. Sie schauten zurück und sahen, wie der große Baum mit einem dumpfen Aufprall umfiel. Auf dem Ritt zurück überlegte Ayla, was das Verhalten der Pferde wohl zu bedeuten hatte.
»Meinst du, die Pferde wussten, dass der Boden derart beben würde, Jondalar? Haben sie sich deshalb so merkwürdig benommen?«, fragte sie.
»Auf jeden Fall waren sie nervös«, erwiderte Jondalar. »Aber ich bin froh, dass es so war. Das war der Grund, warum wir ausgeritten sind und uns in offenem Gelände befanden, als es passierte. Ich glaube, es ist sicherer, dort draußen zu sein, weil man dann nicht befürchten muss, dass etwas auf einen herabfällt.«
»Aber der Boden kann sich unter dir öffnen. Ich glaube, das ist meiner Familie zugestoßen. Ich kann mich an den Geruch von Erde erinnern, an Nässe und Fäulnis. Doch ich glaube, nicht alle Erdbeben sind gleich. Manche sind heftiger als andere. Und die meisten kann man noch in weiter Entfernung spüren, wenn auch nicht so stark.«
»Als du jung warst, musst du sehr nah an der Stelle gewesen sein, wo die Erschütterung einsetzte, wenn da alle Bäume umgestürzt sind und der Boden sich geöffnet hat. Ich glaube, wir waren diesem hier nicht so nah. Nur ein Baum ist umgefallen.«
Ayla lächelte ihm zu. »Hier gibt es nicht viele Bäume, die umfallen können, Jondalar.«
Er grinste ein wenig kleinlaut. »Stimmt, noch ein Grund mehr, hier draußen zu sein, wenn der Boden bebt.«
»Aber woher willst du wissen, wann die Erde in Bewegung gerät?«
»Ich achte auf die Pferde!«
»Wenn ich nur sicher sein könnte, dass das immer klappt«, erwiderte sie.
Als sie Altes Tal näher kamen, fiel ihnen die ungewohnte Betriebsamkeit auf. Fast alle waren offensichtlich außerhalb der Wohnplätze, und vor einem drängten sich besonders viele. Sie stiegen ab und führten die Pferde zu der Felsnische, in der sie ihr Zelt errichtet hatten. Sie lag gleich hinter der, vor der die Menschen sich versammelt hatten.
»Da seid ihr ja!«, rief die Erste. »Ich habe mir Sorgen um euch gemacht, als die Erde zu beben begann.«
»Uns geht es gut. Dir hoffentlich auch?«, fragte
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