Zyklus der Erdenkinder 06 - Ayla und das Lied der Höhlen
Frau war außer Atem, ging aber unverdrossen weiter. Der im Zickzack verlaufende Pfad erleichterte den Aufstieg, obwohl er dadurch länger wurde.
Schließlich kamen sie an eine Öffnung im Kalksteinfelsen, hoch über dem Talboden. Der Eingang war eher unscheinbar, und wenn der Pfad nicht darauf zugeführt hätte, wäre die Öffnung kaum aufgefallen. Sie war so hoch, dass man eintreten konnte, ohne sich ducken zu müssen, und so breit, dass zwei oder drei Menschen gleichzeitig hindurchpassten. Der große Busch davor erschwerte es allerdings, den Eingang zu entdecken, wenn man nicht ganz genau wusste, wo man zu suchen hatte. Einer der Gehilfen schob ein paar Geröllbrocken beiseite, die vom felsigen Abhang darüber abgebrochen waren und sich vor dem Eingang angehäuft hatten. Ayla hatte rasch ihre Kunst des Feuermachens vorgeführt und zugleich versprochen, dem Siebten zu zeigen, wie es ging. Dann wurden Lampen und Fackeln angezündet.
Der Zelandoni der Siebten Höhle des Südlandes ging voran, gefolgt von der Ersten, dann kamen Jonokol, Ayla, Jondalar und Willamar. Die hiesigen Zelandonia, die mitgekommen waren, und zwei Gehilfen bildeten die Nachhut. Insgesamt waren sie zu zwölft. Der Eingang führte seitlich in einen Quergang, also musste man sich entscheiden, ob man nach links oder rechts gehen wollte. Sie wandten sich nach rechts. Kurz darauf wurde der Gang breiter und teilte sich in zwei Tunnel. Sie hatten einen Raum betreten, der in der Mitte von Steinen blockiert wurde. Auf der einen Seite führte ein schmaler Durchgang vorbei, ein breiterer auf der anderen.
»Wir können beide Wege einschlagen und landen an derselben Stelle, an einem Stapel Felsbrocken weiter hinten, ohne Ausgang, bis auf den Weg, auf dem wir hereingekommen sind. Aber dort gibt es ein paar bemerkenswerte Dinge zu sehen«, sagte der Siebte.
Sie wählten den schmalen Pfad zur Rechten und sahen sogleich kleine rote Punkte an der rechten Wand, auf die der Siebte sie hinwies. Noch mehr befanden sich auf der linken Wand. Kurz darauf blieben sie stehen, um ein Pferd zu betrachten, das auf die rechte Wand gemalt war, sowie weitere Punkte, daneben ein Löwe, der seinen prächtigen Schwanz hochgestellt und zum Rücken hin gebogen hatte. Ayla fragte sich, ob die Person, die das Bild gemalt hatte, vielleicht einen Löwen mit gebrochenem Schwanz gesehen hatte, der seltsam verdreht geheilt war. Sie wusste, wie eigenartig gebrochene Knochen manchmal verheilten.
Nach ein paar weiteren Schritten durch den schmalen Gang kamen sie an ein Wandbild, das der Siebte den Hirsch nannte. Die Zeichnung erinnerte Ayla an Riesenhirschkühe, und ihr fiel ein, dass sie in der heiligen Höhle nahe der Vierten Höhle des Südlandes das Bild eines Riesenhirsches gesehen hatten. Hinter dem Riesenhirsch auf der gegenüberliegenden Wand links und an der Decke fielen erneut große Tupfen ins Auge.
Ayla wollte Näheres darüber erfahren, zögerte aber, Fragen zu stellen. Schließlich wagte sie es doch. »Weißt du, was diese Tupfen darstellen?«
Der große Mann mit dem vollen braunen Bart lächelte die reizvolle Gehilfin an, deren fremdartige Züge ihm gefielen. »Sie bedeuten nicht unbedingt für jeden das Gleiche, aber in meinen Augen, wenn ich in der richtigen Verfassung bin, stellen sie Wege dar, die in die nächste Welt führen, und noch wichtiger, sie zeigen den Weg zurück.« Sie nahm diese Antwort mit einem Nicken zur Kenntnis und lächelte dann, was ihn noch mehr für sie einnahm.
Sie setzten ihren Weg durch die schmale Passage fort, die dann breiter wurde. Sie bogen immer weiter nach links, bis sie die Richtung einschlugen, die zu ihrem Ausgangspunkt zurückführte, durch einen viel größeren Raum, der offensichtlich von Bären zum Überwintern benutzt worden war. An den Wänden waren Spuren ihrer Krallen zu erkennen. Als sie sich wieder dem Eingang näherten, ging der Siebte weiter geradeaus in die Richtung, die sie eingeschlagen hätten, wenn sie am Anfang nach links abgebogen wären.
Sie legten eine ganze Strecke durch einen langen Tunnel zurück und hielten sich dicht an der rechten Wand. Erst als sie rechts an eine Öffnung kamen, sahen sie weitere Markierungen. An der niedrigen, gewölbten Decke des Durchgangs befanden sich vier rote, leicht verschmierte Abdrücke von Handumrissen, drei rote Punkte und ein paar schwarze Zeichen. Der Öffnung gegenüber waren Reihen aus elf großen schwarzen Punkten und zwei Abdrücke von Handumrissen zu erkennen, die
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