Zyklus der Erdenkinder 06 - Ayla und das Lied der Höhlen
auf die Idee kommen, sie zu benutzen«, sagte Jondalar.
Sie benötigten zwei Fuhren, um die Jagdbeute zu transportieren. Als die Reisenden ihren Lagerplatz abbauten, sank die Sonne gerade dem Horizont entgegen, und der Himmel loderte orangerot auf. Sie nahmen das Fleisch, das sie für den eigenen Bedarf behalten wollten, und machten sich auf den Weg zur Höhle. Ayla und Jondalar blieben noch eine Weile, denn auf den Pferden konnten sie die anderen leicht einholen. Sie drehten eine letzte Runde über den verlassenen Lagerplatz, um zu prüfen, ob nicht jemand etwas Wichtiges vergessen hatte.
Man konnte deutlich sehen, dass Menschen dort gewesen waren. Zwischen den Zelten waren Trampelpfade entstanden, die jetzt an plattgetretenem, gelbem Gras zu erkennen waren; schwarze, verkohlte Kreise markierten die Feuerstellen; manche Bäume hatten Narben aus hellem Holz, wo Äste abgebrochen worden waren, von ganzen Bäumen waren gezackte Stümpfe übrig geblieben, die aussahen, als wären sie von Bibern abgenagt worden. Etwas Abfall lag herum, ein zerfetzter Korb an einer Feuerstelle und ein kleines, abgenutztes Schlaffell, aus dem Jonlevan herausgewachsen war, lag offen in der Mitte einer flachen Mulde, über der ein Zelt gestanden hatte. Verstreute Feuersteinsplitter und abgebrochene Spitzen, ein paar Knochenhaufen und Gemüseabfälle waren zurückgeblieben, doch sie würden sich bald zersetzen und zu Erde werden. Die weiten Flächen Rohrkolben und Riedgras freilich wiesen nur wenige Veränderungen auf, obwohl viel geerntet worden war. Das gelbliche Gras und die schwarzen Kreise der Feuergruben würden bald mit frischem Grün bedeckt sein, und die gefällten Bäume machten Platz für neue Schösslinge. Die Menschen fielen dem Land nicht zur Last.
Ayla und Jondalar prüften ihre Wasserbeutel und tranken einen Schluck, dann verspürte Ayla den Drang, Wasser zu lassen, bevor sie den Rückweg antraten, und ging um die angrenzenden Bäume herum. Wären sie mitten im Winter eingeschneit, hätte Ayla nicht gezögert, sich in einem Nachtkorb zu erleichtern, ganz gleich, wer zuschaute, doch wenn möglich zog sie es vor, ungestört zu sein, besonders da sie ihre Beinlinge herablassen musste und nicht einfach nur ein weites Kleid beiseiteschieben konnte.
Sie löste den Hüftriemen und ging in die Hocke, doch als sie sich erhob, um ihre Beinlinge wieder hochzuziehen, war sie überrascht, vier fremde Männer vor sich zu sehen, die sie anstarrten. Sie war vor allem gekränkt. Selbst wenn sie zufällig auf sie getroffen wären, hätten sie nicht stehen bleiben und sie angaffen dürfen. Das war sehr rüpelhaft. Dann fielen ihr Einzelheiten auf: Ihre Kleidung war schmutzig, die Barte ziemlich ungepflegt, sie hatten strähniges, langes Haar und vor allem lüsterne Mienen. Letzteres machte Ayla wütend, wenngleich die Männer davon ausgingen, dass sie Angst hatte.
»Habt ihr denn gar keinen Anstand und schaut weg, wenn eine Frau Wasser lässt?«, fragte Ayla und funkelte sie verächtlich an, während sie ihren Hüftriemen wieder zuband.
Ihre abfällige Bemerkung überraschte die Männer. Zum einen, weil sie mit einer ängstlichen Reaktion gerechnet hatten, zum anderen, weil der Akzent der Frau sie irritierte.
Einer schaute die anderen spöttisch grinsend an. »Sie ist eine Fremde. Wahrscheinlich zu Besuch. Werden nicht viele ihresgleichen in der Gegend sein.«
»Selbst wenn, ich sehe niemanden hier«, sagte ein anderer Mann, drehte sich um und warf ihr einen anzüglichen Blick zu, während er auf sie zukam.
Ayla fiel plötzlich die Zeit ein, als sie auf dem Weg in Jondalars Heimat die Losadunai besucht hatten. Da hatte es eine Diebesbande gegeben, die Frauen belästigte. Sie zog sich ihre Steinschleuder vom Kopf und griff nach einem Stein in ihrem Beutel, pfiff laut nach Wolf und anschließend nach den beiden Pferden.
Die Pfiffe erschreckten die Männer, die Steine freilich noch mehr. Der Mann, der sich ihr näherte, schrie vor Schmerz auf, als ein Stein hart gegen seinen Schenkel schlug, ein weiterer traf den Oberarm eines zweiten Mannes, der ähnlich reagierte.
»Wie hat sie das gemacht?«, fragte der erste Mann wütend. Dann wandte er sich an seine Kumpane und sagte: »Lasst sie nicht entkommen. Das werde ich ihr heimzahlen.«
Unterdessen hatte Ayla ihre Speerschleuder geladen und zielte auf den ersten Mann. Eine Stimme ertönte von der anderen Seite der Baumgruppe.
»Sei nur froh, dass sie nicht auf deinen Kopf gezielt hat, sonst
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