Zyklus der Erdenkinder 06 - Ayla und das Lied der Höhlen
seiner ungewöhnlichen Herkunft. Die Körperkraft des Clans von Echozar war bereits unverkennbar, ebenso wie der hohe Wuchs seiner Mutter und Dalanars. Seine Augen standen nur leicht schräg und waren fast so dunkel wie Jerikas, aber nicht ganz schwarz. Ein hellerer Funke, ein glitzernder Widerschein verlieh ihnen eine Lebendigkeit, die Ayla in derart dunklen Augen noch nie gesehen hatte. Sie waren nicht nur außergewöhnlich, sie waren unwiderstehlich. Ayla spürte, dass Bokovan eine ganz besondere Fähigkeit besaß, und wünschte, die Lanzadonii würden näher bei der Neunten Höhle leben, damit sie ihn heranwachsen sehen könnte.
Er war nur etwas jünger als ihr Sohn, als sie ihn das letzte Mal gesehen hatte, und er erinnerte sie so sehr an Durc, dass es sie schmerzte. Ayla fragte sich, wie sich Bokovans Verstand wohl entwickeln würde. Ob er einen Teil der ClanErinnerungen in sich tragen würde, verbunden mit der Fähigkeit, Kunst herzustellen und mit Worten zu sprechen? Wie das Volk Dalanars und Jerikas? Ähnliches hatte sie sich auch oft bei ihrem Sohn gefragt.
»Bokovan ist ein ganz besonderes Kind, Joplaya«, sagte Ayla. »Es würde mich sehr freuen, wenn du ihn, sobald er etwas älter ist, für eine Weile zu mir in die Neunte Höhle schicken würdest.«
»Weshalb?«, fragte Joplaya.
»Zum Teil, weil er einige außergewöhnliche Fähigkeiten besitzt, die ihn womöglich für die Zelandonia bestimmen, und das möchtest du vielleicht bald erfahren. Aber vor allem, weil ich ihn gerne besser kennenlernen möchte«, erklärte Ayla.
Joplaya lächelte und überlegte kurz. »Wärst du bereit, Jonayla eine Weile zu mir zu den Lanzadonii zu schicken?«
»Das hatte ich mir noch nie überlegt«, sagte Ayla. »Aber das wäre eine gute Idee ... in einigen Jahren, wenn sie will. Weshalb möchtest du sie bei dir haben?«
»Ich werde nie ein Mädchen haben. Ich werde kein Kind mehr bekommen. Die Geburt Bokovans war zu schwer für mich«, antwortete Joplaya.
Ayla erinnerte sich an die schwierige Geburt ihres Sohnes Durc, und sie hatte von Joplayas Problemen gehört. »Bist du dir sicher, Joplaya? Eine schwierige Geburt bedeutet nicht unbedingt, dass auch die nächsten so sein müssen.«
»Unsere Donier meint, ich sollte es nicht versuchen. Sie hat Angst, dass ich sterben könnte. Bei Bokovan war ich nahe daran. Ich habe die Arznei, die du den Zelandonia gegeben hast - und Mutter sorgt dafür, dass ich sie auch wirklich nehme. Ich tue es ihr zuliebe. Eigentlich denke ich, selbst ohne die Kräuter würde nichts passieren. Ich glaube nicht, dass ich noch einmal schwanger werden kann. Meiner Mutter zum Trotz hörte ich eine Zeit lang auf, die Arznei zu nehmen, ich wollte noch ein Kind, aber Doni hat mich nicht gesegnet«, sagte Joplaya.
Ayla wollte nicht neugierig sein, doch als eine Zelandoni fühlte sie sich verpflichtet zu fragen, gerade jetzt. »Ehrst du die Große Mutter häufig? Wenn du willst, dass die Mutter dich segnet, ist es wichtig, sie richtig zu ehren.«
Joplaya lächelte. »Echozar ist sehr liebevoll. Er ist vielleicht nicht der Mann, den ich wollte, Ayla ...« Sie schwieg kurz, und ein Ausdruck tiefer Schwermut huschte über ihr Gesicht. Ayla war genauso zumute, wenn auch aus einem völlig anderen Grund. »Aber ich hatte Recht, als ich sagte, dass mich niemand mehr lieben könnte als Echozar. Inzwischen fühle ich mich ihm wirklich verbunden. Zuerst konnte er sich kaum überwinden mich anzufassen, aus Angst, er könnte mir wehtun, vermutlich auch, denke ich, weil er nicht ganz glauben konnte, dass er das Recht dazu hatte. Darüber sind wir jetzt hinaus, obwohl er manchmal immer noch sehr zurückhaltend ist und ich ihn mit Humor aus sich herauslocken muss. Er lernt sogar, über sich selbst zu lachen. Ich glaube, Doni wird gebührend geehrt.«
Ayla überlegte kurz. Denkbar war, dass das Problem nicht bei Joplaya lag, sondern bei Echozar. Er stammte halb vom Clan ab, und möglicherweise hatte ein Mann, der vom Clan abstammte, oder auch nur zum Teil Clan war, Schwierigkeiten, ein Kind mit einer Frau der Anderen zu beginnen. Das eine Kind könnte ein glücklicher Zufall gewesen sein, obwohl manche es eher als Scheusal bezeichnen würden. Ayla wusste nicht, wie oft sich ein Clan-Mitglied mit einem der Anderen paarte und wie viele Kinder überlebten oder überleben durften.
Alle wussten von den Menschen gemischter Geister, aber Ayla hatte nicht viele gesehen. Da waren natürlich ihr Sohn Durc und Ura beim Clan-Miething.
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