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Zyklus der Erdenkinder 06 - Ayla und das Lied der Höhlen

Zyklus der Erdenkinder 06 - Ayla und das Lied der Höhlen

Titel: Zyklus der Erdenkinder 06 - Ayla und das Lied der Höhlen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean M. Auel
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Ohr. »Niemand kann ein Löwenbrüllen besser nachahmen als sie.«
Die Herde zerstreute sich panisch, sprang über Hindernisse hinweg und raste beinahe in die Menge. Der Löwe setzte den Ochsen nach. Dann traten fünf in Hirschhäute gehüllte Personen vor, die sich Geweihe an die Stirn hielten und darstellten, wie sie in einen Fluss sprangen und ans andere Ufer schwammen, als wären sie auf der Flucht. Darauf folgten Pferde, eines von ihnen wieherte so realistisch, dass aus der Ferne ein Wiehern als Antwort zu hören war.
»Das war auch Ayla«, sagte Folara zu dem Mann neben ihr.
»Sie ist sehr gut«, flüsterte er.
»Sie hat erzählt, sie habe Tiere nachzuahmen gelernt, bevor sie Zelandonii sprechen lernte.«
Weitere Darbietungen folgten, in denen Tiere verkörpert wurden, und sie alle schilderten ein Ereignis oder eine Geschichte. Auch die Gruppe der wandernden Geschichtenerzähler war in diese Aufführung miteinbezogen worden, sie spielten verschiedene Tiere und trugen mit ihrem mimischen Geschick zur Glaubwürdigkeit der Darstellung bei. Schließlich versammelten sich die Tiere, und als sie einträchtig beieinanderstanden, erschien ein äußerst merkwürdiges Tier. Es ging auf vier Beinen und hatte Hufe, war aber mit einem eigenartig gepunkteten Fell bedeckt, das an den Seiten herabhing und zum Teil auch den Kopf verbarg. An ihm ragten zwei gerade Stöcke nach vorne, die offenbar ein Geweih oder Hörner andeuten sollten. »Was ist das?«, fragte Aldanor.
»Ein Zauberwesen natürlich«, sagte Folara. »Aber in Wirklichkeit soll es Aylas Winnie sein, die eine Zelandoni ist. Die Erste sagt, ihre Pferde und der Wolf seien Zelandonia und blieben deswegen bei ihr.«
Das ungewöhnliche Zelandoni-Tier führte die anderen Tiere fort, dann eilten mehrere Zelandonia und Geschichtenerzähler unverkleidet zurück und begannen, auf Trommeln und Flöten zu spielen. Manche sangen ältere Legenden, andere trugen Überlieferungen und Sagen vor, die bei den Zuhörern bekannt und beliebt waren.
Die Zelandonia hatten großartige Arbeit geleistet, sie boten jeden ihnen bekannten Kunstgriff auf, um die gewaltige Menschenmenge zu fesseln. Als Ayla vor sie trat, das Gesicht mit Zelandoni-Mustern bemalt, bis auf die Stelle um die neue Tätowierung an der Schläfe, die als dauerhaftes Zeichen ihrer Anerkennung für alle sichtbar sein sollte, hielten die zweitausend Versammelten den Atem an, bereit, jedem ihrer Worte zu lauschen, jeder ihrer Gesten zu folgen.
Trommeln dröhnten, hohe Flöten verwoben sich mit dem gemessenen, regelmäßigen, unerbittlichen Bass, dessen Töne zum Teil außerhalb des Hörbereichs lagen, aber tief in den Knochen widerhallten. Dann veränderte sich der Rhythmus und ging in den Takt einer derart bekannten Strophe über, dass die Zuschauer sprechend oder singend in den Anfang des Liedes von der Mutter einstimmten.
    Aus dem Chaos der Zeit, im Dunkel verloren Ward aus wirbelndem Strahl die Mutter geboren, Wird gewahr ihres Seins, sieht des Lebens Wert,
    Doch die Erdmutter trauert, denn eins ist ihr verwehrt.
Sie ist allein. Will es nicht sein.
    Die Erste fiel mit ihrer herrlichen, volltönenden Stimme ein, Trommeln und Flöten begleiteten die Menschenstimmen, die das Lied von der Mutter aufsagten und sangen. Nach einer Weile bemerkten die Menschen, wie üppig und außergewöhnlich die Stimme der Ersten tatsächlich war, und hörten auf zu singen, um zu lauschen. Als sie zur letzten Strophe kam, verstummte auch sie, und nur die von Aylas Mamutoi-Sippe gespielten Trommeln dröhnten noch fort.
    Doch die Menschen glaubten die Worte dennoch zu vernehmen. Und dann wussten sie, dass sie sich nicht täuschten, nur wurde der Text mit einem fast gespenstischen Vibrato gesprochen. Zunächst waren die Zuschauer unsicher, was genau sie da hörten. Die beiden jungen Mamutoi standen mit ihren kleinen Trommeln vor ihnen und spielten die letzte Strophe des Liedes in einem ungewohnt abgehackten Rhythmus. Die Trommelschläge klangen wie Wörter, die von einer hämmernden Stimme gesprochen wurden, als würde jemand beim Singen den Atemdruck rasch an- und abschwellen lassen. Bloß war es kein menschlicher Atem, es waren die Trommeln! Die Trommeln sagten Wörter!
    Diiiiie Muuuut-te-er iiii-ist zuuuu-friiiiideee-enn miiii-it...
    Es herrschte absolute Stille, alle spitzten die Ohren, um die Trommeln sprechen zu hören. Ayla erinnerte sich, wie sie gelernt hatte, ihre Stimme zum Tragen zu bringen, damit selbst diejenigen, die ganz hinten

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