Ablage.
»Ich habe die Kinder außer Haus gebracht«, sagte sie.
Er saß wieder auf demselben Sofa, dem Sofa, auf dem sie selbst gerade einen Blick in ihre unsichere Zukunft geworfen hatte.
»Das ist ein Bumerang«, sagte er, als sei dies weithin unbekannt.
»Er gehörte meinem Mann.«
»Ihr Verlust wäre für jeden furchtbar.«
Noelle nickte.
»Vor allem für eine Frau, die so sensibel und empfindsam ist wie Sie. Ihre Wangen sind blaß, ihre herrlichen Augen umschattet.«
»Ich habe meinen Mann sehr gern gehabt.«
»Natürlich. Sie sind warmherzig und voller Zärtlichkeit.«
»In mancher Hinsicht war er nicht besonders erwachsen. Ich glaube, er brauchte mich.«
»Wer würde Sie nicht brauchen?«
Noelle zögerte. »Mögen Sie ein Glas Sherry?«
»Wenn Sie mir dabei Gesellschaft leisten.«
»Ja, ich werde Ihnen dabei Gesellschaft leisten. Es ist vielleicht der letzte Sherry für lange Zeit.« Sie füllte die zwei Gläser. »Ich gebe zu, daß ich mich in einer schwierigen Position befinde, Mr. Morley-Wingfield. All das hier muß verkauft werden. Alles.«
Er schien zu lächeln. »Sie werden doch nicht ernsthaft mit meinem Einverständnis rechnen, wenn Sie mich mit einem dermaßen absurden Namen anreden?« Er erhob sein Glas. »Auf die bestmögliche Zukunft!« sagte er sehr feierlich. »Sie haben gesagt, das sei Ihr Name«, erwiderte Noelle, ohne auf seinen Toast einzugehen. »Sie haben mir diese Information sogar von sich aus gegeben. Wie heißen Sie denn nun wirklich ?«
»Mein Name ist John«, sagte er, wobei er sie augenscheinlich anlächelte.
»Mut und Simon scheinen nichts über Sie zu wissen.« Sie saß auf einem der ledergepolsterten Messingenden des Kaminvorsatzes.
»Das Kompliment kann ich zurückgeben. Ich weiß wenig über sie. Nur, daß ich Sie bei ihnen traf. Das ist sehr bedeutsam. Ich hoffe, für uns beide. Ich hoffe es sehr.«
»Ich sollte Ihnen wohl sagen«, bemerkte Noelle, »daß ich Sie in Ihrem Garten beim Graben beobachtet habe. Ich war mit meinem Mann dort.«
»Sie irren sich«, erwiderte er. »Niemals mehr habe ich freiwillig zum Spaten gegriffen, seit ich von Harrow abging.«
»Wissen Sie, wie die Krankheit meines Mannes begann? Seine tödliche Krankheit?«
»Zu meiner Schande muß ich gestehen, daß ich es nicht weiß.«
»Wir gingen mit den Kindern im Wald spazieren. Mein Mann bestand darauf, zur nächsten Schneise weiterzugehen, während wir die spielenden Kinder zurückließen. Er zog sich eine ziemlich üble Rißwunde zu, von der er sich nicht mehr erholt hat. Eine Art Blutvergiftung, nehme ich an, aber die Ärzte standen vor einem Rätsel. Schließlich starb er daran.«
»Der Anlaß ist für eine derartige Bemerkung eigentlich zu traurig, aber ich stehe offen gestanden ebenfalls vor einem Rätsel. Ich kann der Geschichte nicht folgen. Sie hat ein phantastisches Element, meine süße Noelle. Das rührt daher, daß Sie so aufgewühlt sind von all dem, was geschehen ist.«
Ihr ging durch den Kopf, daß er sie zum ersten Mal mit ihrem Namen angeredet hatte. Sie wußte, daß es so war. »Das hat mir Mut am Telephon auch gesagt. Aber es ist nicht wahr. Als wir auf der nächsten Schneise waren, haben wir Sie graben sehen. Wir haben Sie ganz deutlich gesehen.«
»Also hat Ihr Mann mich auch gesehen?«
»Nein«, sagte Noelle nach einer Sekunde. »Ich glaube eigentlich nicht. Er war mit den Gedanken woanders. Aber ich weiß ganz genau, daß ich Sie gesehen habe.«
»Wie war ich gekleidet?« fragte der Mann. »Als Sie mich beim Graben beobachtet haben. Wie war meine Aufmachung?« Sein Ton war vollkommen freundlich, spöttisch vielleicht, obwohl er ihr offen in die Augen blickte.
»Sie hatten Ihr Jackett abgelegt.«
»Mein liebes Mädchen! Was kommt nun? Habe ich etwa in Hosenträgern gegraben?«
»In der Tat, ja.«
Der Mann löste den Blick von ihr und betrachtete den Eskimo-Teppich. Er hatte sein Glas geleert, wie übrigens Noelle das ihre.
»Das alles erscheint mir sehr unwahrscheinlich«, sagte der Mann, wenngleich im Tonfall nur milden Einspruchs.
»Die Lauterkeit Ihres Glaubens«, fügte er hinzu, »läßt Sie reizender und entzückender aussehen denn je. Mit welchen Vermutungen konnte unsere gemeinsame Freundin Mut dienen? Übrigens auch eine entzückende Frau, wenn auch nur ein Gänseblümchen auf einer Frühlingswiese, während Sie die lieblichste aller Lilien sind, Körper und Seele und Geist.«
Er hatte aufgehört, mit dem Bumerang herumzuspielen, und
Weitere Kostenlose Bücher