0002 - Ich stellte die große Falle
Tisch zu. Ich tat, als läse ich weiter meine Zeitung, aber ich stellte die Beine breit. Einer von den beiden kam ganz nahe an mir vorbei, streifte absichtlich mein Glas. Der Inhalt ergoß ich über meine Hose.
Wahrscheinlich hatten sie damit gerechnet, daß ich aufspringen würde, denn der zweite Mann stand in Reichweite hinter meinem Stuhl.
Ich sprang nicht auf. Ich ließ den Whisky laufen, wie er wollte, senkte nur das Zeitungsblatt und sagte: »Sie könnten sich wenigstens entschuldigen.«
»Bulle!« antwortete er. Bulle ist das Slang- und Schimpfwort für einen Polizisten.
Ich ließ die Zeitung los, legte beide Hände unter dem Tisch an die Kante meines Stuhles, hob mich leicht an und feuerte den Stuhl nach hinten.
Der Bursche hinter mir bekam ihn gegen die Schienbeine und rief wie ein kleiner Junge: »Au!«
Er war überrascht genug, um mir Zeit zu lassen und mich umzudrehen. Er stand noch griffbereit, und ich nutzte den Drehschwung aus und traf ihn. Ich ließ mir nicht einmal Zeit, festzustellen, ob er umfiel, sondern warf mich herum und sprang seinen Kameraden an. Der Kerl war ebenfalls im Kommen, und wir krachten gewissermaßen auf halben Weg aufeinander. Sekundenbruchteile vor dem Aufprall riß ich einen rechten Haken hoch, und das erledigte die Sache. Er hatte noch genügend Fahrt, um gegen mich zu fliegen. Dann rutschte er hübsch langsam an mir herunter und bettete sich zu meinem Füßen. Auch sein Freund war unterdessen umgefallen und hatte den Stuhl unter sich zerdrückt. Der ganze Vorgang hatte keine fünf Sekunden gedauert.
Die anderen in der Kneipe waren noch zwei Sekunden lang starr. Dann sprangen sie wie ein Mann von den Stühlen und griffen mich an.
Ich holte den .38er aus der Halfter. Das brachte sie zum Stehen. Sie klappten ihr Mäuler zu.
»Na, also«, sagte ich. »Wenn Ihr Lust habt, es mit mir zu versuchen, bitte, aber einzeln und nicht eine ganze Horde auf einmal. Freiwillige vor!«
Ich wartete. Keiner meldete sich.
Ich lachte. »Ihr Helden!« Dann steckte ich den .38er ein, drehte mich um und ging zur Tür.
Trotzdem, glauben Sie nicht, daß ich mit dem Erfolg meines Auftretens zufrieden gewesen wäre, nur weil ich zwei Burschen schlafen schickte und zwei Dutzend andere zur Räson brachte. Mir wäre es lieber gewesen, ich wäre nicht als G-man bekannt geworden. Ich wußte, es würde sich wie ein Lauffeuer in der gesamten Bowery herumsprechen, und ich brauchte auf Unterstützung der Einwohner nicht mehr zu rechnen. Ich wußte — verdammt — im Augenblick nicht, was ich anfangen sollte. Zunächst also verfügte ich mich erst mal in mein Zimmer bei Arruzzo und legte mich ins Bett.
***
Ich habe im allgemeinen einen festen Schlaf, aber instinktiv mußte ich Mr. Shine wohl richtig eingeschätzt haben, denn ich wurde davon wach, daß etwas im Schlüsselloch meiner Tür stocherte.
Die Kanone hatte ich auf den Nachttisch gelegt. Durch das Fenster schimmerte es grau herein. Es mußte früher Morgen sein, vielleicht so fünf Uhr.
Ich rollte mich aus dem Bett und stellte mich, den .38er in der Hand, hinter die Seitenwand des Kleiderschrankes.
Im Schlüsselloch wurde immer noch gestochert. Dann sagte eine Stimme, Shines Stimme: »Quatsch! Brich den Laden auf. Wollen ihm zeigen, wer hier zu sagen hat!«
Im nächsten Augenblick warfen sich zwei schwere Männerkörper gegen die Tür. Diesem Ansturm war sie nicht gewachsen. Sie sprang aus den Angeln und dem Schloß und polterte flach in den Raum.
Was sich im Rahmen zeigte, waren Stenton Shine, sein Leibwächter, den er Joe nannte, und zwei Jungs, die sicherlich berufliche Kollegen von Joe waren.
»Ausgeflogen!« sagte einer von ihnen.
»O nein«, sagte ich und steckte Nase und Revolverlauf hinter dem Schrank hervor. »Immer herein in die gute Stube, aber keine falsche Bewegung, bitte.«
Sie standen wie die Ölgötzen, nur Stenton Shine lachte sein hartes Lachen und trat näher.
»Keine Angst, G-man«, antwortete er. »Noch geht es dir nicht ans Leben. Ich komme nur, um dich noch einmal nachdrücklich zu warnen.«
»Danke«, entgegnete ich, »aber hättest du dir dazu nicht eine passendere Besuchszeit aussuchen können?«
Er lachte nicht mehr. »Ich komme, wann ich will, und ich gehe, wann ich will. Ich wollte dir zeigen, wer hier der Boß ist, G-man. Du hast gesehen, was die Leute hier über dich denken. Sie haben es dir in der Kneipe gezeigt.«
Ich grinste. »Wenn man es richtig bedenkt, habe ich ihnen eigentlich gezeigt, was
Weitere Kostenlose Bücher