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0002 - Ich stellte die große Falle

0002 - Ich stellte die große Falle

Titel: 0002 - Ich stellte die große Falle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Delfried Kaufmann
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Hebamme erfahren würden, die ihm in die Welt geholfen hatte. Sherlock las und las. Wahrhaftig, es war so uninteressant wie nur möglich. Dieser arme Neston hatte das durchschnittlichste Leben geführt, das man sich nur vorstellen kann.
    Sherlock erreichte den Todestag, und ich dachte, nun würde es gleich überstanden sein, aber dann folgten noch ein paar Sätze, und die ließen mich aufhorchen.
    Mein Kollege las: »Es wurde im Abschnitt zwei festgestellt, daß Lewis Neston die Lincoln-Fortbildungsschule besuchte, und zwar bis zu seinem sechzehnten Lebensjahr. Die Lincoln-Fortbildungsschule beteiligt sich an den jährlichen Sportfesten der Stadt New York, bei denen die Schulen untereinander sportliche Wettbewerbe aller Art um den Wanderpreis des Präsidenten austragen. Lewis Neston gehörte in seinem Abgangsjahr der Boxmannschaft der Lincoln-Schule an. Bei den Kämpfen fand u. a. ein Treffen mit der Riege der Lebberthone-Schule statt. Lincoln besiegte Lebberthone klar. In der Lebberthone-Riege stand damals während jener Wettkämpfe ein Schüler namens Cross Crower. Lewis Neston schlug Cross Crower laut dem Spruch des Kampfrichters eindeutig nach Punkten.«
    ***
    Es war eine Sensation, eine glatte Sensation, die Sherlock uns mit seiner trockenen Stimme verkündete. Wir alle rissen die Münder auf und starrten unseren Kollegen an. Er aber sagte mit einem Lächeln: »Diese letzte Feststellung ging über meinen eigentlichen Auftrag hinaus.«
    Ich wurde wach, ich wurde sogar sehr wach.
    »Meinen Dank, Sherlock«, sagte ich.
    Ich wandte mich an alle. »Wir haben eine Linie, eine ganz klare Linie. ›Panther‹ Al Yersey, Goody Ghose, Laraby Pat, Harlow Putty und nun Lewis Neston, alles Männer, die Cross Crower schlugen. Und nun kommt Cross Crower und schlägt sie, nicht nur k. o., nicht nur nach Punkten, sondern er schlägt sie tot.«
    »Aber Cross Crower ist ebenfalls tot!« rief Phil. »Willst du sagen, die Toten kämen zurück?«
    »Okay«, antwortete ich, »vielleicht ist er wirklich tot. Wir werden es noch einmal nachprüfen. Sherlock, das ist eine Aufgabe für dich. Stell fest: War es wirklich Cross Crower, der dem Verkehrsunfall zum Opfer fiel?«
    Sherlock nickte nur und notierte sich den Fall. Ich aber fuhr fort: »Nehmen wir an, Crower ist tot, begraben, ehrlich gestorben. Wer dann kann es für seine Aufgabe halten, seine Niederlagen in Siege zu verwandeln? Nur einer, der ihm nahestand. Irgendeiner, der mit ihm zu tun hatte — wer?«
    »Stenton Shine«, sagte Trown, »managte Cross Crower.«
    »Er verkaufte ihn. Er betrog ihn. Er zwang ihn, sich schlagen zu lassen. Ich glaube nicht, daß Stenton Shine der Killer ist. Weiter, wer kommt noch in Frage? Wer stand in Crowers Ecke, wenn der Gong ertönte? Wer knüpfte Hoffnungen an seine Laufbahn? Wer war interessiert an seiner Karriere? Wer wollte ihn als großen, erfolgreichen Kämpfer im Ring sehen, als gewissermaßen Unbesiegbaren?«
    Ich sah Trown fragend an. Er zögerte mit der Antwort.
    »Cross Crower war nie eine Größe«, sagte er schließlich langsam. »Sie werden schnell vergessen, und noch weniger beachtet man die Leute, die um sie sind, die ihnen die Körper trocknen, ihnen den Bademantel reichen. Gut, ich lasse meine Berichte schießen. Ich werde versuchen, herauszubekommen, wer in Cross Crowers Ringecke stand.«
    »Das ist doch alles Irrsinn!« rief Phil dazwischen. »Zum Henker, Jerry, welcher Mann kommt auf die Idee, die Niederlagen eines Boxers, eines toten Boxers außerhalb des Ringes in Siege verwandeln zu wollen? In Siege, die gleichzeitig den Tode des Gegners bedeuten. Der Mann müßte wahnsinnig sein!«
    »Der Mann ist wahnsinnig«, sagte ich langsam. »Ich zweifle nicht daran, daß der Boxer-Killer wahnsinnig ist.«
    ***
    Okay, jetzt hatte ich gesagt, was wir vielleicht alle schon lange gedacht hatten, und trotzdem glaube ich, war keiner unter uns, nicht einmal der trockene Sherlock, dem es nicht kalt über den Rücken rieselte.
    Schön, es gibt eine Menge Psychologen und sonstige Wissenschaftler, die behaupten, kein Verbrecher sei ganz normal. Wahrscheinlich haben sie recht damit, und ich habe es selbst einigemal erlebt, daß die ausgekochtesten Gangster anfingen, verrückt zu spielen, wenn sie sich in der Klemme sahen. Doch meistens kann man damit rechnen, daß ein Mann die Arme hochhebt, wenn man ihm einen Pistolenlauf unter die Nase hält. War der Boxer-Killer wahnsinnig, dann konnten wir nicht damit rechnen. Dann würde es, wenn wir ihn

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