0005 - Der Mörder mit dem Januskopf
Leim gegangen. Die Frage war nur, was wollten sie überhaupt von ihm? Waren es einfache Straßenräuber, die nach Geld gierten? Aber dafür wirkten sie eigentlich zu clever und zu routiniert. Nein, sie mußten etwas anderes im Sinn haben.
John beschloß, die beiden aus ihrer stummen Reserve hervorzulocken. »Wenn ihr Geld sucht, damit kann ich euch nicht dienen«, sagte er. »Ich bin selbst nur Gehaltsempfänger. Dazu noch Polizeibeamter. Ich finde, daran solltet ihr denken. Einer, der einen Polizisten umlegt, ist noch nie entkommen.«
»Wir werden sehen, Sinclair«, sagte der Typ hinter John arrogant.
John registrierte mit Unbehagen, daß die beiden seinen Namen kannten. Also war der Überfall vorbereitet, geplant. Aber wieso und warum? Was hatte er den Kerlen getan? Weshalb wollte man ihm an die Wäsche? Daß die beiden Gangster waren, stand außer Frage. Nur konnte John sich nicht erinnern, in letzter Zeit einem Gangster auf die Füße getreten zu haben.
Welche Motive hatten die beiden dann?
»Beweg dich nach links!« befahl der Kerl hinter dem Geisterjäger. »Und sei hübsch brav. Sonst legen wir dich hier schon um!«
Der Druck in Johns Rücken verschwand. Der Geisterjäger wußte aus Erfahrung, daß der Typ hinter ihm einen genügend großen Abstand hielt, um vor Überraschungen sicher zu sein. Der zweite Kerl blieb mit John auf gleicher Höhe. Auch er ließ den Oberinspektor nicht aus den Augen.
Die Gangster dirigierten den Oberinspektor über die Fahrbahn auf den Friedhof zu. Grabesstill war es. Kein Auto näherte sich. Im Norden schimmerte die Lichterkette der Millionenstadt London. Der Widerschein leuchtete in den Nachthimmel.
John Sinclair war noch ziemlich zuversichtlich. Er dachte an Suko, mit dem er ja verabredet war. Wenn Suko sich beeilte, dann würde er noch mitbekommen, was mit John geschah.
Doch Suko kam nicht.
John stoppte vor dem Friedhofstor.
»Gib den Schlüssel!« forderte der Gangster hinter ihm.
Sinclair gehorchte.
Der zweite Killer schloß auf.
John stellte fest, daß die Schufte sehr gut Bescheid wußten. Sie mußten ihn schon eine Weile beobachtet haben, sonst hätten sie nicht wissen können, daß der Oberinspektor einen Schlüssel zum Friedhofstor besaß.
Also eine geplante Aktion!
Die beiden Gangster scheuchten John auf den Friedhof und schlugen erst den Weg zur Leichenhalle ein. Kleinere Steine und Zweige knirschten unter den Schritten der drei Männer. Der fahle Halbmond war weitergewandert. Er schien direkt über den Bäumen zu stehen.
Es war kühler geworden. Der Nachtwind bewegte die Blätter der Bäume raschelnd gegeneinander. Aufgeschreckt durch die Anwesenheit der Fremden huschte ein Eichhörnchen über den Weg.
John Sinclair wurde an der Leichenhalle vorbeigeführt. Er ging jedoch nicht über den Hauptweg, sondern betrat einen schmalen Pfad, der sich zwischen Buschwerk in Richtung Krematorium schlängelte.
Ein Kloß schien sich in Sinclairs Magen festzusetzen. Er bekam plötzlich Angst. Wenn die Killer den Weg zum Krematorium einschlugen, dann gab es dafür nur eine Erklärung.
Sie wollten ihn verbrennen!
Und die Voraussetzungen waren mehr als günstig. Schließlich hatte John die beiden lebenden Bewohner des Friedhofs selbst überwältigt. Hilfe konnte er also nicht erwarten.
Und Suko? Himmel, wo sollte der ihn finden.
Die Gangster schienen zu merken, was in dem Geisterjäger vorging.
»Ahnst du schon was?« wurde er gefragt.
John schwieg.
Der Sprecher kicherte. »Ja, ja, es ist nicht jedermanns Sache, bei lebendigem Leib verbrannt zu werden. Ich würde mir auch komisch vorkommen.«
»Halt die Schnauze, Bud!« zischte der zweite Halunke, von dem John nicht einmal das Gesicht kannte.
Nach weiteren fünf Minuten Fußweg erreichten sie das Krematorium. Es war ein kuppelartiger Bau mit einem großen Schornstein. John mußte wieder an die makabren Worte des Gärtners denken, der mit ihm über den fettigen Rauch gesprochen hatte.
Wenn nicht ein Wunder geschah, dann würde ihm – John Sinclair – das gleiche Schicksal widerfahren.
Die Eingangstür zum Krematorium war aus Holz und ziemlich glatt. Das Schloß stellte für die beiden Gangster kein Hindernis dar. Während einer auf John Sinclair achtete, schloß der andere auf.
Der Typ hinter John gab ihm einen Stoß in den Rücken. »Rein mit dir!« sagte er.
John stolperte in das Dunkel. Augenblicklich wurde hinter ihm Licht gemacht. Der Geisterjäger sah sich noch nicht in der Verbrennungskammer,
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