0005 - Der Mörder mit dem Januskopf
Schließlich hatte er sie immer mit den Blicken verschlungen. Aber da waren noch die verdammten Doggen. Vier Hunde streunten durch den Park. Und davor hatte Mandy Angst. Die Hunde hatten sie noch nie gemocht, höchstens geduldet, wenn sie in Tarras’ Begleitung war. Mandy hoffte, daß die Tiere sich in ihren Zwingern aufhielten. Meistens wurden sie bei Anbruch der Dunkelheit herausgelassen. Tarras vertraute eben nicht nur der Technik.
Weit, viel zu weit kam Mandy die Strecke durch den Park vor. Sie verließ den Weg und hastete über den Rasen. Die hochhackigen Schuhe behinderten sie.
Mandy erreichte einen Zierbuschgürtel und verschnaufte dort einige Sekunden. Sie war schon jetzt außer Atem. Das unsolide Leben, die vielen Zigaretten, die ungewohnte Strapaze…
Mandy preßte ihre Hand in Höhe des trommelnden Herzens auf die Brust. Sie hörte nur ihren eigenen Atem, der schnell und keuchend ging.
Begleitete sie wirklich nur ihr Atem durch den Park?
Nein, da war noch ein anderes Geräusch. Ein schnelles weiches Tappen. Hecheln, knurren…
Die Bluthunde!
Mandy blieb fast das Herz stehen.
Da war die erste Dogge schon heran. Wie ein Pfeil übersprang sie das Gebüsch. Mandy sah den braungelben Körper wie einen Schatten, duckte sich und sprang instinktiv zur Seite.
Die Dogge wischte an ihr vorbei, kam federnd auf, kreiselte herum und sprang abermals.
Jetzt stürmte die zweite Dogge heran. Mandy sah sie nicht. Sie hörte nur ein Knurren, bekam einen gewaltigen Stoß in die Seite und wurde zu Boden gestoßen.
Mandy schrie. Aber das half ihr nun auch nichts mehr. Blitzschnell war eine der Doggen über ihr. Die Vorderpfoten des Tieres drückten ihre Schultern gegen den Boden. Der Kopf befand sich dicht vor ihrem Gesicht. Das Tier hatte die Schnauze aufgerissen und fletschte die Zähne. Heißer Raubtieratem streifte Mandys Gesicht. Wenn das Maul der Dogge zuschnappte, dann war es um sie geschehen. Die Tiere konnten einem Menschen mit einem Biß die Kehle durchbeißen.
Doch das geschah nicht.
Mandy hörte nur die hechelnden Köter. Alle strolchten sie um sie herum. Steif lag das Girl in seiner Angst. Sie hoffte förmlich darauf, daß Tarras kommen und sie aus dieser Situation befreien würde. Sie dachte plötzlich wieder an Paris. Vielleicht stimmte es doch, daß ihre Vorgängerinnen dort hingebracht wurden und ein neues Leben beginnen konnten.
Schritte.
Mandy verdrehte die Augen. Sie sah einen Schatten, zwei Beine, die Sommerhose mit dem modischen Schnitt und den scharfen Bügelfalten.
Mandy wußte, wer sich so kleidete. Der Mann hieß Beau Ranson, war fünfundzwanzig Jahre alt, ein Schönling und dreifacher Mörder. Er war auch auf Mandy scharf, hatte sich jedoch nicht getraut, die Geliebte des Bosses anzufassen.
»Ja, wen haben wir denn da?« hörte Mandy seine spöttische Stimme.
Mandy nahm alle Kraft zusammen. »Beau, bitte«, stöhnte sie heiser. »Ruf die Hunde zurück.«
»Ja, ja, sicher. Aber ich frage mich, ob das, was dir bevorsteht, angenehmer sein wird.« Er lachte gemein, pfiff dann, und die Hunde verschwanden.
Mandy hatte das Gefühl, als sei ein schwerer Stein von ihrer Seele weggeräumt worden.
Doch im nächsten Moment schon kam die Angst.
Brutal riß Beau sie hoch. Dicht vor sich sah sie sein sonnengebräuntes Gesicht, die kalten Mörderaugen und die Lippen, die einen Strich zu bilden schienen.
»Laß mich laufen!« bettelte Mandy. »Bitte, Beau. Ich tu auch alles, was du willst.«
Beau lachte nur. Er stieß Mandy vorwärts. »Der Boß wird sich freuen«, triumphierte er. »Ich bin nur gespannt, welches Spielchen er sich für dich ausgedacht hat.«
Als Mandy diese Worte hörte, da wußte sie, daß auch ihre allerletzte Chance dahin war. Weinend stolperte sie vor Beau Ranson her.
***
Selten in seinem Leben war Alex Tarras so sprachlos gewesen wie in den Minuten, die Janus benötigte, um seine Geschichte zu erzählen. Sie hörte sich phantastisch und unglaublich an. Auch Laszlo, der Leibwächter, zog ein skeptisches Gesicht. Seine Rechte war sicherheitshalber unter das Jackett gewandert. Die Finger lagen am Griff der automatischen Pistole, die Laszlo außer seinen Messern immer bei sich trug.
Janus saß entspannt in seinem Sessel. Mit seinem blonden Haar und den fast hellblauen Augen war er ein schöner Mensch. Aber ein Mensch, in dem der Keim des Satans steckte.
Alex Tarras hörte gebannt zu. Er fühlte, wie sich der Schweiß auf seinem kahlen Kopf sammelte, Tröpfchen bildete und
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