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0005 - Ich griff »Nummer eins«

0005 - Ich griff »Nummer eins«

Titel: 0005 - Ich griff »Nummer eins« Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Delfried Kaufmann
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selbst!«
    Ich sah den Telefonhörer ein zweitesmal vorwurfsvoll an, aber es blieb alles 30, wie ich es verstanden hatte. In der Leitung knackte es. Harry Brian hatte aufgelegt.
    Ich rief das Hauptquartier an, informierte es über den neuesten Stand der Dinge und ließ die Suchaktion der Streifenwagen abblasen. Sie war überflüssig. Wir wußten, wo Upton Ginger sich befand.
    Dann holte ich den Jaguar aus der Garage und fuhr zur Pine-Street. Ich war der erste am Tatort. Brians Villa war hell erleuchtet, und er öffnete sofort, als ich klingelte.
    Er trug einen Schlafrock, und seine Füße steckten in Pantoffeln.
    »‘n Abend, G-man«, sagte ruhig. »Wo ist er?« fragte ich.
    »Im Arbeitszimmer.«
    Er führte mich in den gleichen Raum, in dem unsere erste Begegnung nach seiner Entlassung stattgefunden hatte. Auch hier brannte Licht, und auf dem Schreibtisch lag, das Gesicht zur Erde, Upton Ginger. Seine rechte Hand umklammerte noch eine Pistole, aber er war tot. Sein Schädel war an zwei Stellen eingedrückt, und das Instrument, mit dem er zu Boden geschlagen und getötet worden war, lag daneben, ein schweres, marmornes Tintenfaß.
    Ohne daß ich ihn aufforderte, berichtete ›Nummer eins‹:
    »Ich öffnete, als er läutete. Ich dachte, es wäre Pete, der irgend etwas vergessen hätte. Er brach sofort in meine Wohnung ein, hielt das Schießeisen in der Hand und bedrohte mich mit wilden Reden. Ich wäre erledigt gewesen, wenn er sofort geschossen hätte, aber er redete und redete, beschimpfte mich und sagte immer wieder, daß nun mein letztes Stündlein geschlagen habe. — Unter uns gesagt, G-man, ich glaube, es war ihm eine solche Genugtuung, mich endlich vor dem Lauf seiner Pistole zu sehen, daß er diese Augenblicke voll und ganz auskosten wollte. War er eigentlich nicht mehr ganz richtig im Kopf?«
    Er wartete meine Antwort auf diese Frage gar nicht ab, sondern fuhr fort:
    »Ich wich langsam vor ihm zurück, und er kam hinterher. Sie müssen wissen, nur in der Halle brannte Licht. Ich erreichte die Tür zum Arbeitsraum, tastete nach der Klinke und rettete mich mit einem schnellen Sprung ins Dunkle. Er feuerte, als ich zurücksprang. Sie können zwei Einschläge am Türrahmen sehen. Ich wurde nicht getroffen, und er sprang mir sofort nach. Ich ergriff den ersten besten Gegenstand, der mir unter die Finger geriet, sprang zur Seite, als er ins Zimmer stürmte. Er schoß noch zweimal, als er in den Arbeitsraum eindrang. Einer der Schüsse steckt dort drüben im Mauerwerk, der andere zertrümmerte die Scheibe des Fensters. — Ich sprang ihn von der Seite her an und schlug zwei- oder dreimal zu. Er sackte zusammen, und als ich mich über ihn beugte, rührte er sich nicht mehr. Daraufhin knipste ich das Licht an und rief Sie an. Das ist alles, G-man.«
    Eine außerordentlich feine Geschichte, die ›Nummer eins‹ mir da erzählte, und das Schlimmste an ihr war, daß sie mit achtundneunzigprozentiger Wahrscheinlichkeit den Tatsachen entsprach.
    Draußen heulten Sirenen heran. Unsere Leute kamen.
    »Ich muß Sie vorläufig in Haft nehmen, Brian«, sagte ich.
    Er neigte zustimmend den Kopf. »Das verstehe ich. Gestatten Sie, daß ich mich umziehe.« Und während er sich umdrehte, fing ich ein ganz kleines, höhnisches und triumphierendes Lächeln auf.
    ***
    An Schlaf war selbstverständlich in dieser Nacht nicht mehr zu denken. Unsere Ärzte, Chemiker und Physiker machten sich in ihren Laboratorien an die Arbeit. Um elf Uhr morgens hatten wir die Ergebnisse der Untersuchungen vorliegen. Wir, das waren High, Phil und ich, die im Chef-Büro zusammensaßen.
    Es bestand kein Zweifel daran, daß
    ›Nummer eins‹ in einem echten Fall von Notwehr gehandelt hatte, obwohl wir ganz sicher waren, daß es ein vorbedachter Fall von Notwehr war. Nach unserer Überzeugung hatte Brian gesehen, wer an seiner Tür läutete, bevor er öffnete, und obwohl er Ginger mit der Pistole in der Hand erkannte, hatte er aufgemacht. Er war nur zu bereit, die günstige Situation auszunutzen. Er ließ sich gern von Ginger angreifen, mit Wonne ging er das Risiko ein, um dafür seinerseits eine makellose Gelegenheit einzuhandeln, Upton Ginger auf gewissermaßen legale Art aus dem Wege zu räumen.
    Diese Überlegungen freilich konnten wir ›Nummer eins‹ nicht beweisen, und daß die tatsächlichen Vorgänge sich so abgespielt hatten, wie er sie schilderte, daran gab es keinen Zweifel. Die Kugeln im Türrahmen und in der Mauer waren untersucht worden.

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