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0005 - Ich griff »Nummer eins«

0005 - Ich griff »Nummer eins«

Titel: 0005 - Ich griff »Nummer eins« Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Delfried Kaufmann
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verdarb mir immer mehr die Platte des Schreibtisches.
    »Ich haue ab!« brüllte der Mann im Korridor durch das Gehämmer der automatischen Waffe.
    Obwohl die Kugeln gegen meinen Schreibtisch hämmerten wie Regentropfen gegen eine Fensterscheibe, wagte ich, noch einmal die Nase an der Seite vorzustrecken. Ich tat es, um vielleicht den Mann im Korridor zu erwischen, wenn er zur Flurtür lief, aber ich sah statt dessen, daß Joe seinen Platz hinter der Couch verlassen hatte und, die Maschinenpistole in der Hüfte, den Finger geradezu krampfhaft gegen den Abzug gedrückt unter dem Schutz seiner eigenen Kugeln auf meine Deckung losrannte.
    Mein Zimmer ist ziemlich groß, an die vierzig Quadratyard, und Joe brauchte ein paar Sekunden, um von der Couch bis zum umgestürzten Schreibtisch zu gelangen.
    Es war eine der Sekunden, in denen alles gleichzeitig zu geschehen scheint. Ich sah Joes Gesicht, und ich erkannte es, obwohl es schrecklich verzerrt war zu einer Maske der Anspannung und des Zorns, in die doch auch schon die Spuren der Angst und des Entsetzens geprägt waren. Joe war ein Patt-Mann. In fast der gleichen Sekunde, und während ich mich auf den Rücken rollte und die Null-acht hob, sah er auch mich. Noch während ich abdrückte und meine drei Schüsse hintereinander den Lauf verließen, bemerkte ich den Anfang einer kleinen Schwenkung, die der Lauf der Maschinenpistole, geführt von Joes Hand, machen wollte, um sich auf mich zu richten.
    Dann Bruchteile von Augenblicken später, verlor die Hand, die die Waffe regierte, ihre Kraft. Der Lauf brachte die Schwenkung nicht zu Ende. Er senkte sich nach unten. Dann polterte die Maschinenpistole zur Erde, und über ihr brach der Mann zusammen, der sie bedient hatte. Mir war keine Wahl geblieben. Ich hatte auf seinen Kopf gezielt — und ich hatte getroffen.
    Ich sprang auf, über den Schreibtisch hinweg, ‘raus in den Korridor und durch die weit offenstehende Tür ins Treppenhaus. Von unten gellten entsetzte Schreie. Türen knallten, Schritte trappelten. Die Mitbewohner, die der Lärm ins Treppenhaus getrieben hatte, flüchteten vor dem zweiten Gangster, der sich zu retten versuchte.
    Ich fegte wie ein Tornado die Treppe hinunter. Ich sah nichts mehr von ihm, denn er hatte ein paar Sekunden, die paar Sekunden, in denen sein Kumpan Joe hatte sterben müssen, Vorsprung. Mit fliegenden Lungen erreichte ich die Straße, stoppte, sah nach links und rechts. Nichts.
    Mein Appartementhaus ist ein Eckbau. Die linke Ecke war näher. Um sie mußte er getürmt sein.
    Ich rannte wieder los. Ich war besessen von dem Gedanken, ihn zu fassen, ihn lebendig zu fassen. Er war ein Patt-Mann. Er war dabeigewesen, als Brian John Patt erschoß. Er war ein Zeuge gegen ›Nummer eins‹.
    Ich erreichte die Ecke, umkurvte sie, stolperte über irgend etwas, was weich war, rannte vom eigenen Schwung getrieben noch ein paar Schritte, hielt dann und ging langsam zurück.
    Ich bückte mich, faßte den Mann, über den ich gestolpert war, an den Schultern und drehte ihn herum. Seine Brust war zerfetzt, und jetzt erst wurde mir bewußt, daß ich vorhin an der Korridortür, als die Maschinenpistole in meinem Zimmer längst verstummt war, noch einmal das wütende Bellen einer MP vernommen hatte, das mir wie ein Echo vorgekommen war. Ich kannte den Mann, der hier auf der Straße lag. Er hieß Paul Sullivan, und er war ein Mitglied der Patt-Bande.
    In einer unwillkürlichen Bewegung sah ich nach meiner Armbanduhr. Der Minutenzeiger war seit den ersten Beilhieben gegen meine Tür nur um einen schmalen, schwarzen Strich weitergerückt.
    Ich wohne nicht in Bronx. In meiner Gegend gibt es viele Leute, die beim ersten Knall den Notruf wählen. Ich hatte eben meine Haustür wieder erreicht, als zwei Streifenwagen heulend heranfegten. Die Cops sprangen heraus.
    Ich unterrichtete sie mit zwei Worten. Sie setzten sich sofort hinter ihre Funksprechgeräte und veranlaßten das Notwendigste. Ich ging in meine Wohnung zurück, vermied das Wohnzimmer, und ging in den Schlafraum. Dort stand ein zweiter Telefonapparat. Ich wählte Mr. Highs Privatnummer.
    »Bitte, kommen Sie sofort ins Hauptquartier, Chef«, bat ich, als er sich meldete. »›Nummer eins‹ setzt meiner Meinung nach zum Endspurt an, und wenn wir uns nicht sehr beeilen, fangen wir ihn vor dem Ziel nicht mehr ab.«
    »Ich komme«, antwortete der Chef nur kurz. Er fragte nichts, denn er weiß, daß ich keinen Großalarm gebe, wenn er nicht notwendig ist.
    Ich

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