0006 - Schach mit dem Dämon
eingeritzt, Formeln, die auch heute noch Dämonen abschreckten.
Ich hielt die Kette umfaßt, so daß das Kreuz vor meinen gekrümmten Fingern baumelte. Langsam bewegte ich die Hand auf den magischen Spiegel zu.
Ich spürte förmlich, wie sich eine Aura zwischen Kreuz und Spiegel aufbaute. Die Luft schien zu vibrieren, zu flimmern, als stünde sie unter Hochspannung.
Leicht erwärmte sich die Kette. Diese Wärme ging von den Kreuz aus, das mit den Kräften des Bösen zusammenprallte.
Dann berührte es die Spiegelfläche.
Etwas Unheimliches geschah.
Die matte Farbe verschwand. Von einer Sekunde zur anderen wurde die Spiegelfläche strahlend hell. Fast mußte ich die Augen schließen, so sehr blendete mich der Schein.
Die Fläche glitzerte, leuchtete pulsierte.
Und ich konnte in sie hineinsehen.
Ich sah eine Landschaft. Öde, trostlos, verlassen. Ein düsterroter Himmel spannte sich über dem wüstenartigen Gebiet. Felsblöcke ragten wie Finger in die Luft.
Ich trat noch einen Schritt näher an den Spiegel heran und beugte meinen Kopf etwas, um besser in die Fläche hineinsehen zu können.
Das unheimliche Land schien in einer unendlichen Ferne zu liegen. Sämtliche Bezugspunkte verschwanden. Ich konnte nicht sägen, ob es zehn, hundert oder tausend Yards entfernt war.
Ich sah alles deutlich und klar und doch so weit entfernt.
Plötzlich hatte ich das Gefühl, mein Herzschlag würde aussetzen. So einsam und verlassen war das Land doch nicht. Menschen befanden sich darin. Winzige Menschen.
Menschen, die ich kannte.
Suko, Bill, Sheila und Jane…
Und sie waren in Gefahr. Klar und deutlich zeigte mir der Spiegel, daß sich der Sand bewegte und eine Spinne daraus hervorkroch.
Ich ballte die Hände zu Fäusten, sah wie die Spinne auf Suko und Bill zulief.
Schnell, viel zu schnell.
Die beiden Frauen rannten weg.
»Suko!« stöhnte ich. »Suko…«
Da hörte ich den Schrei. Er drang jedoch nicht aus dem Spiegel, sondern war hinter mir ertönt.
Der Schrei riß mich aus meiner Benommenheit. Mit einer blitzschnellen Bewegung wirbelte ich herum.
Der Hüne stand in der Tür. Er war früher aus seiner Bewußtlosigkeit erwacht, als ich angenommen hatte.
Blutunterlaufen waren seine Augen. In der rechten Hand hielt er einen langen Speer.
»Ich werde dich töten!« stieß er mit heiserer Stimme aus. »So wahr ich Malko heiße…«
Malko stürmte los.
Wild, ungezügelt. Ein Kraftpaket. Den Speer hielt er jetzt mit beiden Fäusten umklammert. Seine Wunde schien ihn nicht zu stören.
Mike Bonetti flüchtete schreiend in die hinterste Ecke des Zimmers.
Und ich erwarteten den Angriff.
Gedankenschnell riß ich einen kleinen leeren Schreibmaschinentisch hoch, hielt ihn als Deckung vor mich und sprang gleichzeitig zur Seite. Mit aller Kraft schleuderte ich den Tisch auf Malko zu.
Er traf ihn in Höhe der Hüfte.
Malko griff an. Der Speer wischte an mir vorbei. Die Spitze war aus Eisen. Es hatte die Jahrhunderte überstanden und würde auch mich aufspießen, wenn ich nicht achtgab.
Malko stieß einen Wutschrei aus und drehte sich um die eigene Achse, um gleich darauf wieder zuzustoßen.
Diesmal führte er den Stoß von oben nach unten. Er hätte mir glatt den Fuß festgenagelt. Ich sprang hoch. Die Spitze raste dicht neben meinem großen Zehn in den Boden. Holz splitterte.
Ich packte den Speer, aber auch Malko griff zu.
Ich zog den Speer zur Seite, riß ihn aus, den Bohlen und wollte Malko mit der flachen Seite der Spitze abermals ins Reich der Träume schicken.
Ich war nicht schnell genug. Der Riese flog gegen mich. Er drückte mich auf den Schreibtisch, klemmte den Speer zwischen seinem und meinem Körper ein.
Ich stand so dicht vor ihm, daß ich seinen heißen Atem spürte. Er knurrte wie ein Wolf. Seine beiden Pranken suchten meinen Hals.
Jetzt wurde es kritisch.
Ich ließ den Speer los, hob beide Hände. Sie glitten zwischen seine Arme. Mit einem gewaltigen Ruck versuchte ich die Umklammerung zu sprengen.
Es klappte nicht. Malko hatte zuviel Kraft. Langsam wurde mir die Luft knapp. Ich sah in Malkos Augen die Mordlust funkeln. Der Kerl würde so lange zudrücken, bis ich nicht mehr lebte.
Für einen Moment überflutete mich die Panik, dann hatte ich mich wieder gefangen.
Die Schreibtischplatte war nicht sehr breit. Bis jetzt hatte ich mich Malko entgegengestemmt, doch von einem Augenblick zum anderen gab ich dem Druck nach und ließ mich nach hinten fallen. Gleichzeitig gelang es mir, meine Beine
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