0006 - Schach mit dem Dämon
Feuchtigkeit aus dem Körper. Der Zeitpunkt war eigentlich abzusehen, wann auch die Männer nicht mehr weiter konnten. Und nirgendwo ein Hoffnungsschimmer. Nur die weite, schier endlose Ebene. Lebewesen hatten sie, bis auf die Spinne, keine mehr gesehen. Trotzdem hielt Suko immer noch seinen Speer in der Hand. Er war sicher, daß er ihn noch einmal brauchen würde.
Sheila, quälte sich wieder auf die Füße. Bill ging zu ihr und stützte sie.
»Wenn nicht bald etwas geschieht, ist sie am Ende«, flüsterte Jane dem Reporter ins Ohr.
Bill Conolly nickte nur.
Sheila hatte die schwächste Konstitution von ihnen. Jane Collins, die Detektivin, war durch ihre harten Einsätze immer im Training. Außerdem absolvierte sie zwischenzeitlich ihr Judo- und Karatetraining, während Sheila das Leben einer normalen Durchschnittsfrau führte.
Sie gingen weiter.
Ihre Schritte wurden schleppender, schwerfälliger. Bill hatte das Gefühl, als säße Blei in seinen Oberschenkeln.
Immer wieder leckte es sich die spröden Lippen, aber selbst die Zunge war kaum noch mit Feuchtigkeit behaftet.
Am besten hielt sich noch Suko. Der Chinese war ein Kraftpaket und Konditionsbündel. Er ging noch genauso elastisch und federnd wie zu Beginn des Marsches.
Sukos Gedanken kreisten um John Sinclair. Der Chinese konnte sich einfach nicht vorstellen, von mir in Stich gelassen zu werden. Er war aber Realist genug, um sich einzugestehen, daß, die Chancen aus dieser Hölle wieder herauszukommen, verdammt gering waren.
Die Zeit verging.
Niemand sprach ein Wort. Und irgendwann änderte sich die Landschaft.
Suko bemerkte es zuerst. Er wies nach vorn. »Da, seht!«
Schwer atmend und erschöpft blieben die anderen stehen.
Eine Alptraum-Landschaft tat sich vor ihnen auf. Bleiche Schädel bildeten ein riesiges Karree. Knochen verbanden die Schädel miteinander. An einer Stelle nur gab es eine Öffnung, ähnlich einem Tor. Aber das Tor sah schrecklich aus.
Es war ein übergroßer Totenschädel, durch dessen Maul man schreiten mußte.
Sheila begann zu schreien. »Ich will nicht mehr weiter!« wimmerte sie. »Laßt mich hier. Laßt mich hier sterben!«
Bill sah keine andere Möglichkeit. Er mußte Sheila zur Besinnung bringen. So schlug er ihr ins Gesicht. Dabei hätte er sich am liebsten selbst die Hand abgehackt.
Die Methode half aber.
Sheila hörte auf zu schreien, starrte ihren Mann sekundenlang verständnislos an, lächelte dann und sagte: »Es tut mir leid, Bill. Ich habe mich wohl dumm benommen.«
Bill strich ihr über das Haar. »Nein, Sheila, du nicht.«
»Ich gehe als erster«, rief Suko. »Wartet hier.«
Ehe noch ein anderer eine Antwort geben konnte, war der Chinese schon in dem Torschädel verschwunden.
Atemlos verharrten die Freunde.
Nichts geschah.
Bill Conolly biß sich auf die Lippen. »Sollen wir nicht versuchen, das Knochenfeld zu umgehen?«
Er wartete eine Antwort gar nicht erst ab, sondern machte sich auf den Weg. Er ging geradewegs auf einen der Knochen zu.
Für ihn war es ein schreckliches Gefühl, von den leeren Augenhöhlen der Schädel angeglotzt zu werden.
Und dann bekam er plötzlich einen Schlag. Eine magische Falle war zugeschnappt.
Dicht vor der Knochenmauer wurde Bill zurückgeschleudert. Er fiel zu Boden und verlor für Wenige Sekunden die Besinnung. Als er wieder klar sehen konnte, kniete Jane neben ihm.
»Laß es sein, Bill«, flehte sie.
Der Reporter nickte und erhob sich ächzend. Er faßte die beiden Frauen an den Händen. Gemeinsam gingen sie auf das Schädeltor zu. Weit klappte der Rachen auf. Die stumpfen Zähne des Oberkiefers bildeten eine Linie.
»Ich hab’ so eine Angst«, hauchte Sheila.
Bill drückte ihre Hand stärker.
Sie durchschritten den Schädel.
Unbehelligt…
Suko erwartete sie bereits. Er stand auf seinen Speer gestützt und sah sie ernst an. »Seht mal, wo wir gelandet sind«, sagte der Chinese.
Die drei blickten sich um.
Bill Conolly war am meisten geschockt. Er konnte es kaum fassen. Das war unmöglich – und doch eine Tatsache.
Sie standen auf einem für sie riesigen Schachbrett!
Bill Conollys schrecklicher Alptraum schien Wirklichkeit zu werden…
***
Der kleine Mensch bot einen entsetzlichen Anblick. In mir stieg der heiße Zorn hoch.
Mike Bonetti hatte keinem Menschen etwas getan. Warum also dieser sinnlose Mord?
Ich wußte aber jetzt auch, daß ich nicht mehr allein in diesem verdammten Haus war. Irgendwo mußte der heimtükkische Killer noch stecken.
War
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