Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0008 - Ich faßte den Eisenbahn-Mörder

0008 - Ich faßte den Eisenbahn-Mörder

Titel: 0008 - Ich faßte den Eisenbahn-Mörder
Autoren: Delfried Kaufmann
Vom Netzwerk:
Auf sie paßte haargenau die Beschreibung, die der Angestellte von Francis Morgan von der Dame gegeben hatte, die einen Turmalinring kaufen wollte, und sie wirkte wirklich so, daß auch ein seriöser Juwelenhändler sich ihretwegen die Beine ausriß.
    Von diesen Gedanken konnte ich Lilly nicht gut etwas mitteilen.
    »Ich dachte nur darüber nach, in welches Lokal ich Sie führen soll«, sagte ich.
    »Lassen Sie mich das tun«, antwortete sie. »Ich kenne Chicago besser.«
    Hören Sie mal, warum soll ich Ihnen eigentlich erzählen, wie ich diesen Abend verbrachte? Das war eine rein private Angelegenheit und für den Fortgang der Geschichte völlig ohne Bedeutung.
    Für den anderen Morgen um elf Uhr hatte mich Lilly als Einkaufsbegleitperson bestellt, mit einem Wort, als Paketträger. Na ja, ich tat’s ganz gern. Sie war ein nettes Mädchen, und übrigens hieß sie mit ihrem richtigen Namen ganz einfach Liane Baker.
    Ich hatte noch einen anderen Grund, mit ihr zusammen zu sein, außer dem, mir die Zeit zu vertreiben. Niemand konnte mich besser über jene Monique informieren als sie. Zugegeben, daß die Zahl schwarzhaariger, braunhäutiger und grauäugiger Mädchen in den Vereinigten Staaten vermutlich zwischen einer und drei Millionen schwankt, aber Monique war mir nun einmal über den Weg gelaufen, und ich wollte ihr Leben ein wenig darauf abtasten, ob es irgendwie Beziehungen oder doch Möglichkeiten im Zusammenhang mit den Eisenbahnmorden gab.
    Leider war es nicht einfach, aus Liane Genaues über Monique herauszuholen. Sie nahm mein Interesse offenbar von der ganz falschen Seite, und wenn ich eitel wäre, so müßte ich sagen, sie sah darin einen Grund zur Eifersucht, obwohl wir beide beileibe nicht so zueinander standen, daß von Eifersucht überhaupt die Rede sein konnte. Ich versuchte es darum auf weiten Umwegen, indem ich mich ganz allgemein mit Lilly über das Artistenleben unterhielt.
    Wir schlenderten durch die Geschäftsstraßen. Miss Baker kaufte einen Haufen Krempel, von dem ein Mann wahrhaft nicht wissen konnte, wozu er gut sein sollte. Sie erzählte viel von sich, wenig vom Artistenleben überhaupt, ganz wenig von Monique. Wir speisten noch zu Mittag miteinander. Dann verabschiedeten wir uns. Sie fragte nach meinen Plänen für heute abend, aber ich mußte bedauern, denn ich war entschlossen, ab Mitternacht mein Zimmer nicht zu verlassen, bis der Anruf kam.
    Das Warten dauerte genau vierzehn Stunden. Um zwei Uhr mittags des nächsten Tages rief der Mann aus Cincinnati City an: »Hallo, Earl«, sagte er. »Ich bin angekommen.«
    Ich schaffte mir sofort meine Erkältung wieder an.
    »Okay, wann können wir uns sehen?«
    Er antwortete nicht darauf.
    »Earl, was bedeuten die Meldungen in den Zeitungen? Sie schreiben, die Schießerei hätte in einem ganz anderen Zug stattgefunden, als wir vereinbart hatten.«
    Ich war auf diese Frage gefaßt.
    »Wenn ich recht informiert bin, so stieg der G-man in Crosh aus, erledigte irgend etwas und nahm dann den Zug, in dem ich eigentlich Beggar treffen wollte. Ich nehme an, daß er Charles schon vorher erkannt hatte und durch diesen Zugwechsel feststellen wollte, ob Beggar ihm wirklich folgte.«
    »Na schön, wir werden ihn schon noch erwischen. Wir treffen uns morgen abend, neun Uhr, auf der U-Bahn-Station Rodderplatz. Bis dahin, Earl. Und alles Gute für deine Erkältung.«
    Er hängte ein. Ich ließ langsam den Hörer aus der Hand gleiten. Seine letzten Worte, der fromme Wunsch für meinen Husten, hatte verdammt ironisch geklungen.
    Ich telefonierte mit dem Portier und bat ihn, sich doch einmal zu erkundigen, woher der Anruf gekommen war. Die Antwort lautete nicht anders, als ich sie erwartet hatte. Ein direkt gewähltes Stadtgespräch, dessen Herkunft nicht festzustellen war.
    Wir befanden uns also in einer Stadt, ich, der G-man und der Eisenbahnmörder. Was sollte ich tun? Sollte ich zweitausend Polizisten alarmieren, um ihn zu suchen? Wie sah er aus? Ja, ich wußte es, glaubte es zu wissen, aber wie sollte ich mein Wissen in eine Beschreibung übersetzen, die für jeden Straßencop brauchbar war? Breitschultrige schmalhüftige Gestalt von sechs Fuß Größe, geschmeidige pantherartige Bewegungen, glitzernde Augen im Augenblick der Gefahr?
    Wer konnte mit solchen Sätzen etwas anfangen? Wer sollte danach einen Mann verhaften, einen Mann noch dazu, der sich hüten würde, auf die Straßen einer Stadt zu gehen, in der er mir begegnen konnte, mir, dem einzigen
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher