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0008 - Ich faßte den Eisenbahn-Mörder

0008 - Ich faßte den Eisenbahn-Mörder

Titel: 0008 - Ich faßte den Eisenbahn-Mörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Delfried Kaufmann
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Kühlwagen und befand sich auf dem Weg nach New York, und ich reiste unter seinem Namen nach Chicago.
    ***
    Das Sun Hotel war ein gutes Hotel, nicht gerade Luxus, aber vornehm.
    Ein Boy nahm mir die Aktentasche ab. Der Empfangschef wünschte. »Guten Abend« und begleitete mich zum Portier.
    »Mein Name ist Earl Lutter«, sagte ich. »Ich habe ein Zimmer bestellt.«
    Er blätterte in seinem Buch.
    »Jawohl, Mr. Lutter, Nummer 241 im ersten Stock. Mit Bad.«
    »Ist bereits nach mir gefragt worden?«
    Er prüfte das Brieffach 241 und nahm einen Zettel heraus.
    »Nur ein Anruf, ob Sie schon eingetroffen wären. Der Anrufer nannte keinen Namen.«
    »Vielen Dank«, sagte ich und folgte dem Pagen zum Lift. Sobald der Boy mit dem Trinkgeld in der Hand die Tür hinter sich zugezogen hatte, zündete ich mir eine Zigarette an, stellte mich ans Fenster und dachte nach. Unter mir kochte der Verkehr von Chicago.
    Hm, Earl Lutter wurde also erwartet. Wenn ich nur gewußt hätte, wie ich mich zu benehmen hatte, um seine Freunde nicht vor den Kopf zu stoßen, bis sie vor mir standen. Ich kannte nicht einmal die Stimme von Lutter, um sie wenigstens in etwa am Telefon zu imitieren. Alles was ich je von ihm gehört hatte, war der Wutschrei: »Du Hund!« Es blieb mir gar nichts anderes übrig, als die Dinge auf mich zukommen zu lassen und auf mein Glück zu vertrauen.
    Heute nacht würde jedenfalls nicht mehr so viel passieren. Ich nahm ein Bad und legte mich ins Bett. Am anderen Morgen weckte mich das Telefon. Es war erst sieben Uhr dreißig.
    »Guten Morgen, Mr. Lutter. Sie werden gewünscht.«
    »Jemand da?«
    »Nein, am Telefon. Anruf von auswärts.«
    Ich schluckte. »Schalten Sie durch« sagte ich dann entschlossen. Es knackte ein paarmal.
    Dann sagte eine Stimme: »Earl, bist du es?«
    Ich verdeckte die Sprechmuschel halb mit der Hand. Sehr leise quetschte ich hervor: »Okay, ich bin’s. Wie geht’s?«
    »Hallo?« rief mein Gesprächspartner. »Ich verstehe schlecht. Sprich lauter, Earl!«
    Ich ging aufs Ganze. »Kann nicht«, krächzte ich, »bin völlig erkältet. Hab’s mir gestern im Zug geholt. Hatte ich immer schon Last mit.«
    Hoffentlich hatte Lutter sich nie damit gebrüstet, daß er ein leidenschaftlicher Eiswasserschwimmer sei. Es schien nicht der Fall zu sein, denn der Anrufer reagierte nicht auf meine Erkältungsstory.
    »Wie steht’s, Earl?« fragte er ungeduldig. »Ist der G-man endlich abgereist?«
    »No«, antwortete ich. »Es ging schief. Sie waren zu zweit. Unser Mann fiel auf und dann um. Er nahm einen von den beiden mit, aber den Falschen.«
    Ich erzählte das so, damit mein Gesprächspartner sich nicht wunderte, wenn er von zwei Opfern bei der Schießerei im Zug in den Zeitungen las. Ich hatte zwar strikte Anweisung gegeben, daß der Presse keine Einzelheiten mitgeteilt werden sollten, aber ich konnte nicht verhindern, daß die Journalisten davon durch die Mitreisenden erfuhren.
    Mein unbekannter Gesprächspartner fluchte wild vor sich hin. Ich ließ ihn toben.
    »Der Mann muß weg, Earl!« schrie er. »Ich habe keine ruhige Minute mehr, solange er noch herumläuft.«
    Jetzt wußte ich, mit wem ich sprach. Am anderen Ende der Strippe hing der Maskierte aus dem Intercontinental und telefonierte mit mir, dem G-man, der ihn suchte. Eine wahrhaft verrückte Situation. — Wenn ich aus dem telefonischen Gespräch ein persönliches machen konnte, dann… Ich versuchte es.
    »Wir werden darüber reden müssen«, flötete ich und zwischendurch hustete ich angestrengt der Glaubwürdigkeit halber. »Wann kann ich dich sehen?«
    »Ich komme übermorgen. Genaue Zeit weiß ich noch nicht. Ich rufe dich an. Laß dir was einfallen, wie wir ihn endlich loswerden.«
    Die Abschiedsformel sparte er sich. Es knackte in der Leitung. Er hatte eingehängt.
    Ich drückte die Gabel hinunter, ließ sie wieder hochschnellen und rief den Portier an.
    »Erkundigen Sie sich beim Fernsprechamt, woher der Anruf kam«, befahl ich. Gut erzogenes Hotelpersonal wundert sich über nichts.
    Der Portier antwortete nur: »Jawohl!«
    Fünf Minuten später klingelte mein Apparat wieder. Ich erhielt die Auskunft, daß ich vom Hauptpostamt Cincinnati City angerufen worden war. Mein Mann befand sich also nicht in Chicago, und für den Augenblick konnte ich nichts anderes tun, als auf seinen neuen Anruf am übernächsten Tag zu warten.
    Damit durfte der offizielle Teil des Tages als erledigt angesehen werden. Ich blätterte im Anzeigenteil der

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