0009 - Hilfe für die Erde
überließ er die Maschine dem Autopiloten und lehnte sich bequem zurück. Eine Welle lang unterhielten sich die Männer über äußerst unproblematische Themen. Es war eine Konversation, wie sie andere über das Wetter und die schlechten Zeiten führen. Bedeutungslos, weil keiner über das wirklich Bedeutungsvolle, das ihn bewegte, offen reden konnte. Nur Marshall hatte den Vorteil, in den Gedanken forschen zu können. Er markierte ein Gähnen und behauptete, unausgeschlafen zu sein.
„Wir haben jetzt zwei Stunden Zeit und können ein Nickerchen machen."
Clive Cannon befolgte diesen Vorschlag und schwieg. Und das Schweigen brachte die tödlichen Gedanken zur vollen Entfaltung. Marshall erschauerte. Flog er mit einem Menschen? Flog er mit einem Monstrum? Lange vor dem Start hatte er gewußt, was der „Sarg" mit der Nachbildung der STARDUST bedeutete. Es gab zwei Särge! Der an Bord enthielt kein harmloses Raketenmodell. Er enthielt die eine Hälfte von Clive Cannon, die ihm noch fehlte, um ein richtiger Mensch zu sein. Und er enthielt den Körper des Individual-Verformers, der das Gefängnis für Cannons menschlichen Geist darstellte.
Und auch dieser gefangene Geist hatte noch eine Emission, obgleich er durch das fremde „Gefäß" zu einer scheintoten Existenz verdammt war. Er konnte sich nicht wehren und bemerkbar machen. Aber er lebte und spürte das Gefängnis des monströsen Körpers. Er sagte dem Telepathen, daß er durch eine Hölle ging, die durch kein Wort irgendeiner menschlichen Sprache zu beschreiben war.
John Marshall sehnte sich nach der Landung. Er fühlte die Grenzen seines mentalen Widerstandes. Zwei, drei Stunden länger in diesem engen Raum mit den bedrohlichen und gequälten Gedanken zweier ausgetauschter Wesen würden ihn selbst zum Wahnsinn treiben. Dann waren sie über der Gobi. Über dem Hoheitsgebiet der Dritten Macht. Die übliche Verständigung erfolgte, die positronische Abstimmung für den Einflug in die nur für Sekunden geöffnete Energiekuppel. Dann setzte das Raketenflugzeug zur Landung an.
Perry Rhodan gab indessen seine letzten Anweisungen. Er hatte nur wenige Leute bestimmt, die an seiner Seite die Maschine aus Chicago zu empfangen hätten. Es waren Dr. Manoli, Dr. Haggard und der Teleporter Ras Tschubai.
„Die Unterhaltung führe ich allein", erklärte Rhodan noch einmal. „Mischen Sie sich nicht eher ins Gespräch, als bis ich es veranlasse. Und vor allem, fordern Sie Cannon nicht heraus, sein seltsames Geschenk zu zeigen. In dem Augenblick ist er nämlich zum Handeln gezwungen. Und den Zeitpunkt möchte ich mir selbst aussuchen. Ich lege nur Wert auf Ihre äußerste Wachsamkeit, auf Ihre Schußbereitschaft und auf Ihre Beherrschung. Lassen Sie Cannon nicht auf den ersten Blick erkennen, daß Sie den Fremden in ihm sehen."
Es gab eine Begrüßung wie bei einem Staatsbesuch, nur, daß die Journalisten und die Ehrenkompanie fehlten. Während Rhodan Clive Cannon in sein Büro geleitete, warteten zwei Dienstroboter ab, bis die Herren im Haus verschwunden waren. Dann begaben sie sich zum Ladeschott der soeben gelandeten Maschine und holten mit der ihnen ankonstruierten Vorsicht den langen schweren Koffer heraus. Sie stellten ihn in einer benachbarten Baracke ab und bezogen befehlsgemäß Posten in unmittelbarer Nähe.
Die Männer waren inzwischen in Rhodans Büro angekommen. „Soweit ich nun unterrichtet bin, Mr. Cannon, hat unser Freund Linker bereits das Grundlegende mit Ihnen besprochen."
„Es war notwendig, um Mr. Cannon zur Übernahme des vorgesehenen Postens zu veranlassen", sagte John Marshall.
„Ganz recht", fuhr der IV-Übernommene fort. „Ich bin im großen und ganzen orientiert und bereit, die Stellung bei Ihnen anzunehmen. Dabei möchte ich mich sehr dafür bedanken, daß Sie mir die Möglichkeit gegeben haben, das schon sagenhaft gewordene Zentrum der Dritten Macht persönlich zu besichtigen."
„Ihr Wunsch war natürlich einleuchtend, Mr. Cannon. Und Sie sehen, ich habe sofort zugesagt. Allerdings werden Sie gewiß auch einsehen, daß die Dritte Macht in der augenblicklichen Situation gewisse Vorsichtsmaßregeln beachtet."
„Wie meinen Sie das?"
„Nun, jeder Besucher muß daraufhin untersucht werden, ob er von den IVs übernommen ist."
„Ja, natürlich. Mr. Linker erzählte mir schon davon. Er sagte mir, daß Sie wahrscheinlich in wenigen Wochen ein Gerät konstruiert haben werden, mit dem Sie auf Anhieb eine IV-Infiltration feststellen
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