0009 - Ich jagte den Mississippi-Piraten
altersschwache Kahn reichlich bezahlt.
»Willkommen, Mister«, begrüßte mich der Kapitän. »Ich habe die Mannschaft unter Deck geschickt bis auf den Steuermann, falls Sie Ihre Anwesenheit an Bord geheimhalten wollen.«
»Das wird sich kaum durchführen lassen und dürfte außerdem nicht nötig sein. Sie legen doch nirgendwo mehr an?«
»Nein, erst wieder in Cairo.«
»Dann kann ich mich ruhig hier in der Sonne aalen, bis es losgeht. Hat alles geklappt?«
Petitpierre lachte. »Darauf möchte ich wetten. Der Vertreter der Versicherung machte riesengroße Augen, als ich Wertgegenstände von fünfhunderttausend Dollar zusätzlich versichern ließ. Und als Cachots Leute mit einer feierlich schwarzen Limousine, die irgendwie gepanzert aussah, vorfuhren und die Kisten mit mißtrauischen Blicken in die Runde an Bord getragen wurden, sah der halbe Hafen zu. Ich möchte wetten, daß der Mississippi-Pirat längst weiß, daß seit Jahrzehnten nicht mehr eine so wertvolle Ladung auf dem Fluß schwamm.«
»Was haben Sie sonst an Bord?«
»Maschinen — und Maschinenteile.«
»Wann kommen wir ins Piratengebiet?«
»Morgen nachmittag erreichen wir die Höhe von Freebanc. Zwei bis drei Stunden nach Mitternacht passieren wir Basqueville, und gegen Mittag des nächsten Tages verlassen wir bei Cosher das Gebiet, in dem sich bisher alle Überfälle abgespielt haben.«
»Er hat also eine einzige Nacht, in der er sich mit uns beschäftigen kann, es sei denn, er bricht mit seinen Gewohnheiten und greift uns schon heute nacht lange vor Freebanc an.«
Ich wäre gern an Deck geblieben, aber der Kapitän machte mir klar, daß wir vielen Fischerbooten aller Art begegnen würden, und daß diese oft sehr nah an den Frachtschiffen vorbeiglitten. Er hielt es für möglich, daß in solchen Kähnen Spione des Piraten saßen, und daß ihm die Nachricht von einem fremden Gesicht und einem fremden Mann, der offensichtlich nicht zur Besatzung gehörte, schnellstens zugespielt und ihn wenigstens zur Vorsicht, wenn nicht zur Aufgabe des Planes veranlassen würde.
Notgedrungen also machte ich es mir in der Kajüte des Kapitäns bequem, öffnete meinen Geigenkasten, ölte und putzte seinen Inhalt noch einmal, las, und vertrieb mir auf alle denkbare Weise die Zeit.
Dann kam die Nacht. Ich ging an Deck, kletterte über die Steuerbrücke und stellte mich zum Kapitän, der für die nächsten Stunden selbst das Steuer übernommen hatte.
Die Besatzung der »Marguerite« war nur fünf Mann stark. Hinzu kamen Petitpierre, der gleichzeitig der Besitzer war, und sein erster Steuermann, Lockwell. Die beiden Männer lösten sich in der Führung des Schiffes ab.
Ich will es kurz machen. Die Nacht verging so ruhig, daß es eine Schande war, und am Morgen kroch ich mit einem unguten Gefühl in die Kajüte zurück und stellte den Geigenkasten in die Ecke.
Einen zweiten vollen Tag verbrachte ich in der engen Behausung. Es war verteufelt langweilig. Petitpierre, der den Vormittag über geschlafen hatte, kam am Nachmittag herunter und sagte:
»So, jetzt haben wir Freebanc erreicht. Die nächste Nacht durchfahren wir also das Piratengebiet. Falls wir bis Cosher noch nicht angegriffen worden sind, wollen Sie dann von Bord gehen, Mr. Cotton?«
»Ich weiß noch nicht«, brummte ich schlecht gelaunt.
Sobald die Dunkelheit hereingebrochen war, begab ich mich an Deck. Gegen den Strom kommen die schweren Frachter nur langsam vom Fleck. Petitpierre zeigte mir ein paar Lichter hinter unserem Heck und erklärte, daß das noch die Beleuchtung von Freebanc sei, das wir schon am frühen Nachmittag passiert hatten.
Zwei Stunden nach Mitternacht tauchten einige klägliche Lichter am rechten Ufer auf.
»Basqueville«, erläuterte der Kapitän. »Jetzt hat Ihr Pirat höchstens noch drei Stunden Zeit.«
Ich unterdrückte einen Fluch.
Punkt zwei Uhr fünfundvierzig — ich weiß es so genau, weil ich einen Augenblick vorher auf die Uhr gesehen hatte — rumste es gewaltig am Heck der »Marguerite«. Ich hatte das Gefühl, als machte der schwere Frachter einen Satz aus dem Wasser, würde für einen Augenblick wie von einer Riesenfaust gestoppt, und die Maschine schien sich gewissermaßen zu verschlucken. Dann lief sie in aller Ruhe weiter, nur am Heck quoll eine dicke Explosionswolke hoch, und die »Marguerite« lag plötzlich schräg. Wir drei Männer auf der Brücke waren gegeneinander geschleudert worden, ohne jedoch von den Beinen zu kommen.
»Was war das?« schrie
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