0009 - Im Würgegriff der roten Masken
um sich anschließend mit ihm beschäftigen zu können.
Doch Fletcher kämpfte. Obwohl er keine Luft bekam und auch nicht schreien konnte, schlug er um sich wie ein Wilder.
Die Untote war von dem Widerstand des Mannes überrascht. Nur mit großer Mühe hielt sie ihn noch gepackt.
»Jim!« kreischte sie. »Jim! Hilf mir!«
Jim Read hechtete aus dem Wagen. Er wollte seiner Geliebten zu Hilfe eilen.
Im gleichen Moment brach der Zaun. Das alte Holz hatte dem Druck der Körper nicht standgehalten. Der Küster und die Untote fielen aufeinander.
Der Würgegriff um Fletchers Hals lockerte sich. Er bekam wieder Luft, warf seinen Kopf hin und her, saugte pfeifend den Sauerstoff in die Lungen.
Die Hände der Frau suchten abermals seine Kehle, doch Fletcher konnte sich zur Seite drehen, und die spitzen Krallen der Untoten verfehlten die Kehle, drangen dafür in den Stoff der Kleidung und fetzten ihn auf.
Der Küster setzte zu einem gellenden Hilfeschrei an.
Da geschah es.
Blank lag das Kreuz auf seiner Brust. Es war ein altes Erbstück, aus schwerem Silber gegossen und sehr wertvoll.
Die Blicke der beiden Untoten trafen das christliche Symbol.
Auf sie wirkte es wie ein Schock.
Schreiend sprangen sie zurück, hielten die Hände vor ihre Augen gepreßt, jammerten und klagten. Dieser Anblick bereitete ihnen körperliche Schmerzen, führte bei ihnen zu einer höllischen Qual.
Der Küster nutzte die Chance. So rasch es ging rappelte er sich hoch. Und dann rannte er. Er lief so schnell er konnte. Seine kleinen Beine schienen den Boden kaum zu berühren. Weit hatte er den Mund aufgerissen. Als Wolke stand der Atem vor seinen Lippen.
Weg! Nur weg!
Er schaffte es. Fletcher erreichte den kleinen Vorplatz an der Kirche, lief um ihn herum, warf die schmiedeeiserne Seitenpforte auf und spurtete auf das Pfarrhaus zu.
Hart knallte der Küster die schwere Holztür ins Schloß.
Mit keuchenden Lungen blieb er sekundenlang stehen. Die grausamen Erlebnisse schwirrten in seinem Hirn herum. Er hatte den Schrecken noch längst nicht verdaut.
Wenn nur der Pfarrer da gewesen wäre. Er hätte sicherlich gewußt, was zu tun war.
Und da fiel Fletcher ein, was ihm der Pfarrer einmal gesagt hatte. Wenn Gefahr drohte, dann sollte er kurzerhand die Glocken läuten.
Der Küster setzte den Gedanken sofort in die Tat um. Wenn die Glocken erklangen, würden die Menschen zum Kirchplatz gelaufen kommen, um zu hören, was los war.
Die kleine Kirche besaß keine elektrische Läutanlage. Der Küster mußte die Glocken noch mit der Hand bedienen.
Über eine Wendeltreppe rannte er hoch in den Kirchturm. Nur schwach war der Raum ausgeleuchtet.
Fletcher packte das Glockenseil. All seine Kraft legte er in den Zug.
Wenig später dröhnten die beiden Glocken. Rhythmisch schlugen die Klöppel gegen das Gußmetall.
Und über dem verschlafenen Dorf schwebte als Alarmsignal der Klang der schweren Kirchenglocken…
***
Tom Harris blickte John Sinclair grinsend an. »Den Knaben haben Sie aber geschockt.«
John hob die Schultern. »Ich sah keinen anderen Weg. Daß es die Vampire tatsächlich gibt, haben wir ja nun erlebt.«
Der Arzt ließ sich kopfschüttelnd in einen Sessel fallen. Gloria legte ihre Hand auf seinen Arm, und Tom lächelte ihr zu. Dann wurde seine Miene wieder ernst. »Im ersten Augenblick habe ich ja gedacht, hier wären nur Spinner. Mein Gott, ich habe mich immer für einen aufgeklärten Menschen gehalten, für einen Naturwissenschaftler, den nichts erschüttern konnte, wenn Sie so wollen. Nun sind alle meine Theorien über den Haufen geworfen worden. Fassen kann ich es immer noch nicht.«
Der Geisterjäger winkte ab. »Mit der Zeit gewöhnen Sie sich an alles, Doc.«
John Sinclair stand auf. Er nahm seinen gefütterten Burberry und schlüpfte hinein. Suko zog seine wattierte Jacke über.
Tom Harris brachte die beiden Männer zur Tür. Er streckte John und Suko noch einmal die Hand entgegen. »Ich wünsche Ihnen viel Glück. Hoffentlich…«
Der Arzt sprach nicht mehr weiter. Er, John Sinclair und auch Suko vernahmen das Glockengeläut, das dumpf und wie auf unsichtbaren Schwingen getragen durch den Ort rollte.
»Was ist das?« flüsterte Tom Harris. Bestürzt sah er seine Gäste an.
Der Geisterjäger zog die Tür auf.
Noch immer wogte der Nebel dick wie Milchsuppe. Aber das Läuten hatte nicht nur John Sinclair und seine Freunde erschreckt, sondern auch die Einwohner des Ortes aus den Betten gescheucht.
Hinter den mit
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