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0012 - Ich - und der Mörder ohne Waffen

0012 - Ich - und der Mörder ohne Waffen

Titel: 0012 - Ich - und der Mörder ohne Waffen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Delfried Kaufmann
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Stimme war nicht frei.
    Er sah mich flüchtig von der Seite an. »Charlot Canzer natürlich.« Er trocknete sich die Hände.
    »Kommen Sie mit, sie anzusehen«, forderte er uns auf.
    Wir traten zu dem hochrädrigen Karren, auf dem die Leichen transportiert wurden. Der Doktor zog das Leinentuch von der Toten. Im kalkigen Licht sah ich das Gesicht von Charlot Canzer mit den noch nassen Haaren. Es war entstellt.
    »Wahrscheinlich war sie tot, bevor sie aufs Wasser aufschlug«, erklärte der Doc. »Sie wird gegen die Brückenverstrebungen geschleudert worden sein. Aber das war es nicht, was ich Ihnen zeigen wollte.«
    Er zog das Tuch weiter von der Leiche, so daß wir die über der Brust gekreuzten Hände des Mädchens sehen konnten. Am rechten Handgelenk schimmerte ein Schmuckstück aus Gold in Form einer Spirale.
    ***
    Ich zündete mir eine Zigarette an, sobald wir draußen standen. »Wir wissen nicht viel«, sagte Mr. High neben mir, »aber es steht fest, daß hier ein Verbrechen verübt wurde.«
    »Es war Selbstmord«, antwortete ich und stieß den ersten Rauch aus. »Es gibt einen einwandfreien Zeugen dafür. Mich! Sie war allein auf der Brücke, und sie sprang aus eigenem Antrieb. Niemand stieß sie.«
    »Das ist doch nicht deine wahre Meinung, Jerry«, rief Phil.
    »Das ist die Tatsache«, entgegnete ich finster. »Ich habe es gesehen, aber ich bin auch der Meinung, daß irgendwer sie zu diesem Selbstmord getrieben hat.«
    Ich griff in die Taschen und zog die Spirale hervor, die ich Charlot abgenommen hatte. Ich wog sie in der Hand.
    »Ich habe dem armen Girl dieses Ding abgenommen«, sagte ich, »und trotzdem finden wir sie wieder mit dem tödlichen Schmuck am Handgelenk. Charlot hat immer behauptet, sie wäre niemandem begegnet, aber sie muß entweder bei ihrer ersten Flucht oder bei der zweiten kurz vor ihrem Tode einem Menschen begegnet sein, der ihr die zweite Spirale überreichte. Es liegen gut fünfundvierzig Minuten zwischen dem Augenblick, da sie das Haus verließ, bis zu dem Moment, als sie von der Brücke sprang. Selbst wenn sie nicht sehr schnell fuhr, mußte sie in einer halben Stunde die Crybond Bridge erreicht haben. Sie ist also unterwegs aufgehalten worden, aufgehalten durch die Begegnung mit irgend jemandem!«
    »Sie kann gezögert haben, bevor sie in den Hudson sprang«, warf Phil ein. »Das kann eine Viertelstunde in Anspruch nehmen.«
    »Sie traf irgendwen«, beharrte ich. »Es gibt einen zweiten Beweis dafür. Stanford und die Zofe sagten, daß sie eine Tasche bei sich trug, als sie das Haus verließ. Wir haben die Tasche nicht in dem Wagen gefunden. Wo ist die Tasche?«
    »Unwahrscheinlich, daß sie damit in den Fluß gesprungen ist«, murmelte Mr. High.
    »Nehmen wir an, sie hat die Tasche dem überreicht, der sie traf, bevor sie sich das Leben nahm. Was war in der Tasche?«
    »Geld?« fragte Phil mit einem Unterton von Unsicherheit.
    »Wir werden es feststellen. Welche Bank hat das Canzersche Vermögen verwaltet?«
    Es war nicht schwer, das herauszubekommen. Nach noch nicht einer Viertelstunde sprachen wir mit dem Direktor. Seine Auskunft war eindeutig.
    »Jawohl, Miss Canzer hob gestern vormittag fast ihr gesamtes Barvermögen ab. Genau fünfzigtausend Dollar. Ich lasse den Scheck holen.«
    »Wunderten Sie sich nicht, daß sie soviel Geld bar mitnahm?«
    Der Direktor hob die Schultern. »Der Scheck war ordnungsgemäß von dem Testamentsvollstrecker, dem Rechtsanwalt Arthur Freeber, gegengezeichnet. Das war notwendig, denn die rechtlichen Verhältnisses sind durch das Testament noch nicht geklärt. Bitte, hier ist der Scheck.«
    ***
    Arthur Freeber, den ich nur einmal bei meinem ersten Besuch bei Charlot gesehen hatte, störten wir aus seiner Mittagssiesta auf. Er wußte noch nichts von den Ereignissen, und wir versetzten sie ihm ohne Schonung. Er wurde sehr blaß und murmelte: »Das ist nicht möglich.«
    »Es ist die Wahrheit«, sagte ich hart, »und Sie haben einiges dazu getan, daß es überhaupt passieren konnte. Warum haben Sie den Scheck gegengezeichnet? Haben Sie Charlot nicht gefragt, was sie mit dem Geld tun wollte? Sie hätten doch die Gegenzeichnung verweigern können?«
    »Ich… hatte… keine Veranlassung«, stotterte er.
    »Unsinn, Sie kennen Charlot lange. Sie wußten, daß sie hysterisch war. Sie müssen sie doch gefragt haben, was sie mit dem Geld zu tun beabsichtigte?«
    »Ja, natürlich, aber ich erhielt keine Antwort.«
    »Und doch haben Sie Ihre Unterschrift auf den

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