0012 - Lebendig begraben
Collins!« rief Suko.
Das Mädchen nickte hastig und lief auf die Detektivin zu. Sie sprach Jane an, doch die reagierte nicht. Ihr Kopf pendelte von einer Seite zur anderen, sie murmelte unversländliche Worte.
»Zieh Miss Collins hoch!« verlangte Suko. Er stand jetzt ebenfalls in der Hintertür.
Monja versuchte es. Jane Collins folgte willenlos wie eine Puppe. Gehorsam setzte sie einen Fuß vor den anderen.
»Na also«, sagte Suko. Das Geigenspiel war leiser geworden. Als Suko durch die Fensterscheiben des Gastraumes blickte, erkannte er verschwommen die Umrisse von Gesichtern. Noch traute sich niemand, die Scheiben einzuschlagen, doch lange würde es sicherlich nicht mehr dauern. Da flog auch schon der erste Stein.
Klirrend ging die Scheibe zu Bruch. Große Splitter fielen in den Gastraum.
Das Geräusch des splitternden Glases war noch nicht verhallt, als die nächste Scheibe zu Bruch ging.
»Jetzt aber nichts wie weg!« rief Suko. Er hatte sich den Plan genau überlegt und wußte, warum er in das Zimmer des Mädchens gehen wollte.
Dort konnte er besser die Stellung halten. Ein Ausbruch war mit dem Bewusstlosen Bill Conolly und der kaum noch zurechnungsfähigen Jane Collins nicht möglich. Die Einwohner hatten das Gasthaus umstellt. Sie würden keinen entkommen lassen. Es war für den Chinesen gar nicht so einfach, mit seiner Last auf der Schulter die schmale Stiege hochzuklettern. Er hatte das Mädchen vorgehen lassen. Unten im Gastraum tobten bereits die ersten Eindringlinge.
Monja riß die Zimmertür auf. »Schnell!« rief sie. »Schnell!«
»Ein alter Mann ist doch kein Schnellzug!« keuchte Suko, drückte sich an Monja vorbei und ließ den Bewußtlosen auf das Bett des Mädchens fallen.
Monja rammte die Tür zu. Aufatmend lehnte sie sich mit dem Rücken gegen das Holz. Jane Collins saß auf einem einfachen Holzstuhl. Ihr Kinn war auf die Brust gesunken, die Arme baumelten am Körper herab. Sie schien sich in tiefer Trance zu befinden.
»Geh von der Tür weg!« befahl Suko. Monja drückte sich zur Seite.
Suko deutete auf das Fenster. »Stell dich daneben und paß auf, was draußen geschieht.« Monja gehorchte.
Suko selbst baute sich an der Tür auf. Er hörte Schritte die Treppe hochpoltern.
Der Chinese holte tief Luft. Dann brüllte er: »Okay, Freunde, der erste, der sich der Tür nähert, bekommt ein drittes Auge. Ist das in eure Hohlschädel hineingegangen, oder muß ich erst die Probe aufs Exempel machen?«
Schweigen. Dann eine Stimme: »Wir haben den längeren Atem. Zarcadi wird dich vernichten. Er hat die Todesmelodie gespielt…«
»Ja, ja, schon gut«, rief Suko zurück.
Er hörte, wie sich die Leute wieder entfernten. Einigermaßen beruhigt wischte er sich den Schweiß von der Stirn. Das war gerade noch einmal gutgegangen.
Monja löste sich vom Fenster und lief auf ihren schmalen Kleiderschrank zu. Suko beobachtete gespannt, wie sie ein Kreuz herausholte und es Jane Collins in die Hand drückte.
»Das wird ihr helfen«, sagte sie.
Suko lächelte. »Du bist ‘ne Wucht!«
Die Kleine wurde tatsächlich noch rot. »Wie lange werden wir hier oben bleiben müssen?« fragte sie zaghaft.
Der Chinese hob die Schultern »Keine Ahnung. Aber bis zum Einbruch der Dunkelheit sicher.«
Monja erschrak. Sie wurde bleich.
»Was ist denn?« erkundigte sich Suko. »Ist dir nicht gut?«
»Sie – sie – haben doch die Todesmelodie gespielt.«
»Und?«
»Da wird nicht nur jemand sterben, sondern auch umgekehrt. Mein Vater hat mir mal erzählt, daß dann die Toten bei Anbruch der Dunkelheit aus ihren Gräbern steigen…«
Jetzt mußte Suko schlucken. Und selbst ihm, der wirklich abgebrüht war, rann bei diesen Aussichten ein kalter Schauerüber den Rücken…
***
Ich zuckte unwillkürlich zurück. Fentons Antwort hatte mich getroffen. Dabei brauchte ich den Mann nur anzusehen, um zu erkennen, daß er den Kampf verlieren würde.
Er hatte meine Reaktion bemerkt und erwiderte mit müde klingender Stimme: »Es ist ganz einfach. Wenn ich sterbe, ist für Ersatz gesorgt. John Sinclair wird meinen Platz einnehmen.«
Er schwieg, machte aber mit beiden Armen eine zuckende Bewegung. »Hast du die Stimmen gehört?«
Ich nickte.
»Das sind die Seelen all der Männer, die den Kampf verloren haben. Niemals finden sie ihre Ruhe. Sie geistern durch die Höhlen und Hallen, sind verflucht, bis zum Ende aller Zeiten umherzuirren. Der Schwarze Tod läßt sie nicht aus den Klauen.«
»Wo ist der Schwarze
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