0012 - Lebendig begraben
Regiment des Schreckens zu errichten. Eine mehr als makabre Vorstellung.
Suko hatte Jane und Bill davon berichtet. Und jetzt grübelten die Freunde gemeinsam über einen Ausweg nach.
»Wir brauchen noch Waffen«, sagte Bill und drückte seine Zigarette aus. »Mit einer Pistole können wir nichts anfangen.«
»Woher nehmen und nicht stehlen«, meinte Jane. Ihre Stimme klang bitter und deprimiert.
Suko wandte sich um. »Aus dem Zimmer können wir nicht. Daraufwarten die Leute nur. Und uns mit dem Rest des Magazins den Weg freizuschießen, das ist nicht drin. Die Menschen hier sind unschuldig. Sie können nichts dafür. Zarcadi hat sie in seine Gewalt gebracht. Sie handeln nicht aus freiem Entschluß.«
»Aber irgendwie müssen wir uns verteidigen«, sagte Bill. »Wenn die Toten aus den Gräbern steigen, dann haben wir keine Menschen mehr vor uns. Du weißt selbst, Suko, mit Fäusten sind lebende Leichen nicht zu besiegen.«
Der Chinese nickte. »Ja, wir brauchen etwas, um uns verteidigen zu können. Unter Umständen müssen wir sogar einen Ausbruch wagen.«
Plötzlich hob Monja den Kopf. »Ich wüßte vielleicht einen Ausweg«, sagte sie leise.
Jane, Suko und Bill sahen das Mädchen gespannt an. »Und?« fragte der Reporter.
»Auf dem Speicher liegen zwei alte Gewehre. Mein Vater hat sie einmal von einem Betrunkenen erhalten, weil der Mann die Zeche nicht bezahlen konnte. Das ist allerdings schon Jahre her, und ich weiß nicht, ob die Waffen noch funktionieren.«
»Hat Ihr Vater damit geschossen?« wollte Suko wissen. Monja hob die Schultern.
»Um auf den Speicher zu gelangen, mußt du aber durch die Tür«, sagte Jane.
»Nein.« Monja deutete auf das Fenster. »Wenn jemand es schafft, dort durchzuklettern, kann er sich an der Dachrinne hochhangeln. Das Speicherfenster ist nur mit Pappe abgedeckt. Man kann sie mit der bloßen Faust einschlagen. Vater wollte das Fenster immer reparieren. Er hat es bisher vergessen.« Suko war von der Idee fasziniert, und auch Bill Conolly hatte nichts dagegen.
Nur Jane Collins erklärte ihre Einwände. »Gesetzt den Fall, du schaffst es, die Gewehre zu holen, und sie funktionieren tatsächlich, so heißt das noch lange nicht, daß wir uns damit die Untoten vom Hals halten können. Mit normalen Kugeln kann man gegen lebende Leichen nichts ausrichten.«
»Das ist richtig«, gab Suko zu. »Töten können wir die damit nicht, aber dann schaffen wir es vielleicht, bis zu den Autos zu gelangen. Wir können das Militär alarmieren oder größere Polizeieinheiten.«
»Warum versuchen wir jetzt keinen Ausbruch?« fragte Bill. »Weil dann Unschuldige daran glauben müßten.«
»Hinterher nicht?«
»Dann besteht zumindest die Möglichkeit, daß die lebenden Leichen vorgeschickt werden.«
Bill grinste säuerlich. »Okay, ihr habt mich überzeugt.«
Nach den Worten entstand eine Zeit des Schweigens.
Schließlich sagte Jane Collins: »Denkt eigentlich einer von euch noch an John?«
Die Worte tropften in die Stille, doch keiner sprach aus, was vielleicht alle dachten. Daß John Sinclair nicht mehr am Leben war! »Ich gehe dann also«, sagte Suko.
Er trat ans Fenster, drückte den Griff nach unten und zog die rechte Fensterhälfte auf. Sie klemmte, und Suko mußte ein paarmal rucken. Dann strömte frische Luft in das kleine Zimmer, Sie wirbelte den Zigarettenrauch durcheinander. Der Chinese beugte sich über die schmale Fensterbank. Er peilte nach draußen, drehte den Kopf.
»Ist die Luft rein?« erkundigte sich Bill hinter ihm.
»Im Augenblick ja. Direkt unter dem Fenster steht niemand. Ich versuch’s mal.«
»Viel Glück.«
Suko kletterte auf die Innenseite der Fensterbank. Er war gelenkig wie eine Katze, doch es bereitete selbst ihm Schwierigkeiten, sich durch die Fensterhälfte zu winden. Suko schraubte vorsichtig seinen Oberkörper in die Höhe. Die Hände glitten an der rauhen Holzfassade des Hauses hoch. Der Chinese streckte sich und ertastete den Rand der Dachrinne. Er warf einen Blick nach unten und sah Bill Conollys Kopf in Höhe seiner Knie.
Fragend blickte der Reporter ihn an. »Hält die Dachrinne?«
»Ich hoffe es.« Suko zog an dem Metall. Es war verrostet, und die Rinne knirschte in der Verankerung. Wenn sie Sukos Gewicht wirklich hielt, dann grenzte das schon an ein Wunder. Aber Suko vertraute auf sein Glück. Er holte noch einmal tief Atem und zog sich mit einem vorsichtigen Klimmzug hoch. Wie ein Artist schwang er zuerst das rechte Bein auf das Dach und
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