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0016 - Ich gewann die letzte Runde

0016 - Ich gewann die letzte Runde

Titel: 0016 - Ich gewann die letzte Runde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Delfried Kaufmann
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Sie mir bitte auch eine Zigarette geben, Mr. Cotton?« fragte der Professor.
    »Entschuldigen Sie«, sagte ich. »Ich dachte, Sie rauchen nicht.«
    »Nur sehr selten«, antwortete er. »Aber im Augenblick habe ich Appetit.«
    Ich hielt ihm das Päckchen hin. Er fischte ein Stäbchen heraus. Ich ließ das Feuerzeug aufschnappen und gab ihm Feuer, ohne den Blick von der Straße zu nehmen.
    Ich hörte, wie er den Rauch einsog, und erwartete, daß er hustete, aber er schien es gut vertragen zu können.
    Ich warf einen Blick zur Seite. Ich sah seine Hand, die die Zigarette hielt — auf eine ganz merkwürdige Art hielt, zwischen Daumen und Mittelfinger und so, daß die Glut vom Handinneren verdeckt wurde. Ich wußte, daß mir diese Art zu rauchen schon einmal aufgefallen war, aber für einige Sekunden wußte ich nicht, wo und bei wem.
    Der Verkehr zwang mich zur Aufmerksamkeit, aber dann sah ich Hendriksen noch einmal an, die Hand mit der Zigarette, das bärtige Gesicht, aber so dicht war der Bart nicht, daß er das Lächeln verdeckte, das jetzt um seinen Mund spielte.
    »Merkwürdige Art zu rauchen haben Sie, Professor«, sagte ich langsam.
    »So?« fragte er schnell.
    »Ja. Ich kannte einen Mann, der auch so seine Zigarette rauchte, weil er es von der Bühne her gewohnt war. Sie verstehen, damit die Feuerwehrleute die Glut nicht sahen.«
    »So«, sagte er, und seine Stimme war nicht mehr das heisere Flüstern eines alten Mannes, sondern eine klare Stimme, die ich gut kannte. »Man kann nicht vorsichtig genug sein, Cotton, aber es kommt nicht mehr darauf an.«
    Ein runder harter Gegenstand bohrte sich in meine Seite, ein Gegenstand, dessen stählerne Kühle ich selbst durch die Jacke bis auf meine Haut fühlte.
    »Fahren Sie jetzt bitte genauso, wie ich es Ihnen sage«, forderte Edgar B. Hendriksen, ein Mann, den ich für einen trotteligen Professor und Museumsdirektor aus Lesborn gehalten hatte.
    Seine Maske war vollendet. Er hatte seine Rolle glanzvoll gespielt, und ich war ihm so arglos auf den Leim gegangen, daß ich einfach nicht kapierte, wie vollkommen er es verstand, die Menschen zu täuschen. Ich hatte mit ihm Whisky getrunken. Wir hatten gemeinsam am Abendbrottisch gesessen. Ich konnte es einfach nicht glauben, so blind gewesen zu sein.
    »Face!« sagte ich.
    »Die nächste Straße rechts«, entgegnete er statt einer Antwort. »Übrigens, ich schieße bei der kleinsten verdächtigen Bewegung. Es herrscht genügend Lärm auf der Straße, daß der Knall nicht auffallen dürfte.«
    Er drückte die Zigarette aus, griff mit der freien Hand an mir vorbei in meine Brusttasche und nahm meinen 38er an sich.
    »Fahren Sie jetzt schneller«, befahl er, und der Druck des Pistolenlaufs gegen meine Hüfte unterstützte den Befehl.
    Ich hatte mich inzwischen genügend gefaßt, um meine Chancen auszurechnen. Es gab 'ne Menge Möglichkeiten. Ich konnte den Wagen gegen den nächsten Laternenpfahl steuern. Ich konnte einen Zusammenstoß provozieren, und ich konnte einfach, wie ich es schon einmal in einem ähnlichen Fall getan hatte, mit Wucht in die Bremse steigen. Wenn ich Glück hatte, traf mich seine erste Kugel nicht so schwer, daß ich mich nicht noch auf ihn stürzen konnte.
    Aber vorläufig war ich noch viel zu neugierig zu erfahren, was er mit mir beabsichtigte. Bei Licht betrachtet, hatte er nicht mehr Grund, mich umzulegen, als es bei jedem anderen G-man der Fall gewesen wäre. Und solange wir in der Stadt herumkutschierten, würde er ohnedies nicht abdrücken.
    Er dirigierte mich in eine Seitenstraße, und als ich diese Seitenstraße sah, gefiel sie mir gar nicht. Schon hob ich den Fuß, um die Bremse zu treten, aber da griff Mr. Hendriksen selbst nach der Handbremse und zog sie an.
    Der Wagen schlitterte.
    Ich ließ das Steuerrad fahren und warf mich zur Seite über ihn.
    Ein Auto ist kein guter Platz, um zu kämpfen. Man hat nicht genug Bewegungsfreiheit. Ich weiß auch nicht, ob ich den Revolver traf. Jedenfalls fiel kein Schuß.
    Ich sah noch, wie die Rückfront eines geschlossenen Lieferwagens vor uns aufwuchs, dann lag ich endgültig über dem Professor.
    In der Rage des Kampfes hörte ich nicht, wie die Tür neben dem Fahrersitz aufgerissen wurde. Ich fühlte eine kräftige Faust am Kragen meines Rockes, die mich zurückriß.
    Ich zappelte, um mich herumzuwerfen, aber eingeklemmt zwischen Steuerrad und Rückenlehne, behindert von der Gangschaltung, der Handbremse, dem Armaturenbrett, gab es keine Möglichkeit.

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