0018 - Die Hexenmühle
sich auf die Knie fallen. Das war sein Glück. Haarscharf fegte die riesige Fledermaus über ihn hinweg, streifte noch das Autodach und war verschwunden.
Suko rappelte sich wieder hoch. »Zum Teufel noch mal«, keuchte er, »das war knapp.«
Auch ich hatte meine Beretta gezogen. Wenn das Tier noch mal auftauchte, würden wir dem Blutsauger einen entsprechenden Empfang bereiten.
Die Fledermaus tat uns den Gefallen nicht. Sie blieb verschwunden. Wir stiegen wieder in den Wagen und konnten diesmal unbehelligt abfahren.
»Der Alte war gar nicht dumm«, bemerkte ich.
Suko nickte nur. Er beobachtete die Umgebung. Sah nach vorn, nach rechts und nach links. »Anscheinend mag man uns in dieser Gegend nicht«, sagte er.
»Kein Wunder, wenn sie dich sehen«, grinste ich.
Suko schaute mich kurz an. »Ich bin zwar nicht so schön wie du, dafür aber interessant.«
Ich nickte. »Immerhin etwas.«
Die nächsten Minuten verliefen schweigend. Während ich mich auf die Straße konzentrierte, suchte Suko während der Fahrt die Umgebung ab. »Nichts zu sehen«, brummte er. Ich lenkte den Bentley in eine weit geschwungene Kurve.
Linker Hand wuchs ein Hügel in die Höhe, während ich auf der rechten Seite das Wasser eines Bachs im Mondlicht glitzern sah. Ich umfuhr den Hügel.
»Da liegt schon das Dorf«, sagte Suko.
Mein Freund hatte recht. Vor uns, in einer Senke, lagen ein paar Häuser. Der Mond stand so günstig, daß sich die Umrisse des Dorfes wie bei einem Scherenschnitt abhoben.
Ich sah eine Kirche, auf deren Turm das Kreuz fehlte. Und dies gab mir zu denken.
»Hoffentlich haben die auch ein Gasthaus«, bemerkte Suko.
»Wird wohl.«
Ich ließ den silbermetallicfarbenen Bentley wieder sacht anrollen. Der Weg führte jetzt bergab. Er bestand aus zwei Fahrrillen. Zwischen den beiden Spuren wuchs das Gras knöchelhoch.
Der Bentley schaukelte uns durch. Die beiden Scheinwerferaugen hüpften auf und nieder.
Und dann war die Fledermaus wieder da.
Im Innenspiegel sah ich sie heranfliegen. Das Biest wollte uns von hinten angreifen und hockte sich auf den Kofferraum. Deutlich erkannte ich das nadelspitze Gebiß mit den beiden vorstehenden Eckzähnen, die rot umränderten Augen und die großen Flügel.
Suko löste den Sicherheitsgurt, drehte sich auf dem Sitz um und rief: »Die knall ich ab!«
»Nicht durch die Scheibe. Ich stoppe!«
Vollbremsung. Der Bentley stand. Suko huschte aus dem Wagen und schoß noch in der Drehung.
Es gab ein zischendes Geräusch, als der Bolzen die Waffe verließ. Suko hatte auf das Herz des Blutsaugers gezielt, doch die Fledermaus schien etwas geahnt zu haben. Sie hob genau in dem Augenblick vom Kofferraum ab.
Der Bolzen ritzte nur ihren Flügel.
Wie ein Pfeil schwirrte die Fledermaus davon. Dabei stieß sie krächzende und fauchende Laute aus.
Ich ließ meine Beretta sinken. Es hatte keinen Zweck. Der Blutsauger war im Schutz der Nacht untergetaucht.
Achselzuckend nahmen wir wieder im Wagen Platz. »Ein drittes Mal wird sie es wohl nicht versuchen«, meinte Suko.
»Kaum.«
Unbehelligt erreichten wir das Dorf. Die ersten Gehöfte tauchten auf. Im Mondlicht wirkten die Gebäude gespenstisch. Überall sahen wir den Verfall. Türen hingen schief in den Angeln. Eggen und Pflüge rosteten vor sich hin. Auf manchen Dächern fehlten Ziegel.
»Ob hier überhaupt Menschen wohnen?« Sukos Frage klang zweifelnd.
Ein gefleckter Köter huschte über den Weg. Als die Scheinwerfer ihn blendeten, blieb er stehen. Dann bellte er und jagte davon.
Wir fuhren auf die Dorfmitte zu. Hier standen die Häuser eng beieinander. Hinter einigen Fenstern brannte noch Licht. Schattenhaft waren die Bewohner zu erkennen.
»Ich glaube, da vorn auf der rechten Seite ist ein Pub«, sagte Suko. »Stopp mal.«
Ich tat ihm den Gefallen.
Das Gasthaus erwies sich als langgestrecktes Gebäude. Es erinnerte mich mehr an einen Kuhstall.
»Sehen wir uns den Laden an«, schlug Suko vor.
Ein grünes Tor entpuppte sich als Eingangstür. Über dem Tor hing eine Laterne. Das Glas war so verdreckt, daß es kaum Licht durchließ. Das Gasthaus selbst schien leer zu sein. Jedenfalls brannte hinter den Scheiben kein Licht. Und auch Stimmen waren nicht zu hören.
Ich fand einen eisernen Klopfer. Er hatte die Form eines Löwenkopfes. Mit dem Klopfer hämmerte ich gegen das Holz. Nichts rührte sich.
»Notfalls übernachten wir im Wagen«, sagte ich.
Suko hob die Schultern. »Mir egal.« Er blickte sich suchend um. »Hier ist
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