0018 - Die Hexenmühle
Stück mitnehmen?«
Paddy schüttelte den Kopf. »Nein, nein«, erwiderte er hastig, »Ich wollte euch nur helfen. Das war es. Aber wenn ihr nicht auf mich hört, Gott sei euren Seelen gnädig.« Er schaute mir noch einmal ins Gesicht, drehte sich dann auf dem Absatz um und verschwand in der Dunkelheit.
Ich ging zu meinem Wagen zurück.
»Was war?« fragte Suko.
»Ein komischer Kauz, dieser Alte. Heißt Paddy und hat uns vor Vampiren gewarnt.«
»Erzähl mal.«
Ich spulte die Geschichte ab. Mein chinesischer Partner blickte mich dabei nachdenklich an.
»Wir sollten die Warnung des Alten nicht so einfach in den Wind schlagen«, meinte er.
Ich stimmte ihm zu. »Aber jetzt laß uns fahren, sonst ist es gleich Mitternacht, und wir sind noch immer nicht in Bullstone.« Der Alte war verschwunden. Auch als ich voll aufblendete, konnte ich ihn nicht mehr sehen. Ich war jedoch davon überzeugt, daß er uns irgendwann wieder über den Weg laufen würde.
Wir waren in den frühen Morgenstunden aus London abgefahren. Ein Verkehrsstau hatte uns aufgehalten, und in Mittelengland ging durch ein gesperrtes Straßenstück ebenfalls noch eine Stunde verloren. Aus diesem Grunde fuhren wir in der Dunkelheit durch das schottische Hochland und suchten nach dem Ziel.
Die Mühle gab es also tatsächlich. Sie jetzt noch zu suchen hatte keinen Zweck. Ich sprach mit Suko darüber, und auch er war der Meinung, diesem Gemäuer erst am nächsten Tag einen Besuch abzustatten. Wenn dort wirklich Vampire hausten, dann schliefen sie tagsüber und waren dann leichter zu überwältigen.
Die Spezialpistole, die Eichenbolzen verschoß, trug Suko im Gürtel.
Stoßdämpfer und Federung meines Wagens wurden arg strapaziert. Doch der Bentley hielt einiges aus. Zudem war er ausgezeichnet in Schuß. Manchmal mahlten die breiten Reifen über die Grasstreifen am Rand des schmalen Weges. Suko saß neben mir auf dem Beifahrersitz, kaute Pfefferminzbonbons und hatte die Kopie der Generalstabskarte vor sich auf den Knien liegen.
»Ist nicht mehr weit«, sagte er.
»Das erzählst du mir schon seit zwei Stunden«, erwiderte ich. »Ich will dir schließlich nicht die Hoffnung rauben.«
»Aber diesmal könntest du recht haben.«
Wir rollten durch eine wildromantische Gegend. Das silberne Mondlicht umrahmte die Hügel mit seinem fahlen Glanz. Es war eine helle Frühsommernacht, dazu lau und windstill.
Plötzlich zischte Suko auf.
»Was ist?« fragte ich.
Er legte seine Hand auf meinen Arm. »Halt doch mal an.« Ich bremste.
Suko zeigte mit dem Finger auf die breite Frontscheibe. »Schau dir nur den Mond an.«
Ich tat es.
»Und? Der Knabe ist rund und scheint ruhig vor sich hin.«
»Da fliegt doch was. Jetzt wieder!«
Ich strengte meine Augen an. Suko hatte recht. Ein großer, schwarzer Körper segelte lautlos durch die Luft, breitete seine Schwingen aus und zog eine Schleife.
»Sieht aus wie eine Fledermaus«, kommentierte Suko.
»Das sieht nicht nur so aus, das ist auch eine«, bemerkte ich. »Und eine verdammt große sogar.«
»Wir denken beide das gleiche?«
Ich drückte bereits die Wagentür auf. »Genau, mein Freund. Vampire!«
Suko stieg ebenfalls aus dem Bentley. Über die Kühlerschnauze hinweg sah ich, wie er die Bolzenpistole zog.
Der Chinese grinste. »Wenn’s hart auf hart geht, ich bin gerüstet.«
Beide beobachteten wir die Fledermaus. Selbst auf die große Entfernung hinweg konnten wir erkennen, daß es sich um ein riesiges Tier handelte. So groß war keine normale Fledermaus. Es mußte sich um einen Vampir handeln.
Wir warteten ab.
Immer wieder flog die Fledermaus dem Mond entgegen. Mir schien es, als würde sie das Licht trinken. Und so war es tatsächlich. Mondlicht gilt als Balsam für Vampire, während das Licht der Sonne sie zerstört.
Das Tier flog jetzt eine große Schleife und wurde eins mit der Dunkelheit. Wir lauerten darauf, daß es sich wieder zeigen würde, doch den Gefallen tat es uns nicht.
Nach fünfminütiger Wartezeit hob Suko enttäuscht die breiten Schultern. »Sorry«, sagte er, »aber heute ist mir wohl kein Schuß vergönnt.« Er steckte die Bolzenpistole wieder weg.
Im nächsten Augenblick schon bereute er es.
Urplötzlich schoß die Fledermaus auf uns zu. Sie war dunkler als die Nacht, warf einen langen Schatten, und wir hörten das Rauschen der Schwingen.
Das Biest hatte sich Suko ausgesucht. Ich saß schon halb im Wagen.
»Vorsicht!« schrie ich.
Mein chinesischer Freund und Partner ließ
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