0019 - Das Horror-Taxi von New York
zerstören.
Ich zahlte die Getränke.
Neunzehn Uhr war schon vorüber, als wir die Straße betraten. Die Luft war schwer. So etwas von Schwüle und Smog hatte ich noch nicht erlebt. Wir haben in London auch Nebel, okay, doch dabei ist es nicht so heiß.
Laurie Ball schnupperte. »Die Luft riecht nach Mord und Gewalt«, sagte sie. »Jetzt ist in Harlem und in der Bronx die Hölle los.«
»Da wollen wir ja nicht hin.«
Der Verkehr hatte etwas nachgelassen. Viele New Yorker waren noch in die Außenbezirke gefahren, vor allen Dingen in Richtung Meer. Da war die Luft frischer.
Im Wagen stand die Luft ebenfalls. Ich schaltete das Gebläse auf die höchste Stufe. Viel änderte sich trotzdem nicht.
Laurie Ball kannte sich in New York gut aus. Wir fuhren die Lexington Ave hoch, ließen dabei die Ostseite des Central Parks links liegen und konnten, nachdem wir einmal um den Block gefahren waren, in die 66. Straße einbiegen.
Es war eine gepflegte Gegend. Es gab zahlreiche Geschäfte und Lokale. Manche Namen klangen deutsch. Sogar einen bayrischen Bierkeller sah ich. Dort stürmte – als wir vorbei fuhren – eine Gruppe Touristen hinein.
»Hier wohnen deutschstämmige Amerikaner«, meinte Laurie.
Ich nickte.
Dann hatten wir unser Ziel erreicht. Das Haus besaß einen kleinen Vorgarten. Es war vierstöckig und besaß eine bunte Fassade. Die Fenster waren ziemlich hoch. Die Haustür stand wegen der Wärme offen. Zwei Männer saßen auf den Treppenstufen und tranken Bier. Sie schauten uns an, als wir auf sie zugingen, sagten aber kein Wort.
Ich sprach sie an. »Wohnt ein Jeff Denver hier?«
Nicken.
»Ist er zu Hause?«
Schulterzucken.
»Sie haben ihn also nicht ins Haus gehen sehen?« hakte ich bei den Stummen nach.
»Nein.« Jetzt endlich bekamen wir eine Antwort.
»Danke.« Wir gingen an den Männern vorbei und betraten den etwas kühleren Flur. Als ich mich einmal umdrehte, sah ich, daß die beiden uns nachschauten.
»Seltsame Typen«, murmelte Laurie Ball. »Da kann man richtig Angst davor bekommen.«
Es war mir gar nicht recht, daß wir unter Umständen vor verschlossenen Türen standen. Laurie hatte ja Angst gehabt, daß Jeff Denver uns verfolgen würde, aber ich hatte nichts bemerkt, obwohl ich auf Verfolger geachtet hatte.
»Und was machen wir, wenn er nicht da ist?« fragte Laurie.
»Warten.«
»Aber Sie haben doch Ihr Besteck.«
»Das ich nur in Notfällen einsetzen darf. Hier liegt kein Notfall vor.«
»Sie nehmen es aber mit den Gesetzen genau.«
»Dafür bin ich Polizist.«
»Bei uns ist das manchmal nicht so.« sagte sie.
»Ich weiß.«
Wir hatten inzwischen die zweite Etage erreicht und standen vor der gelbgrün gestrichenen Eingangstür. Neben uns war das Flurfenster offen.
Wir konnten in einen Hinterhof sehen. An einer Leine hingen zwei bunte Wäschestücke. Die Fenster der Häuser waren weit geöffnet. Fernsehapparate liefen und Radios dudelten.
Feierabendstimmung.
Doch irgend etwas störte mich. Ich wußte nicht genau, was es war, vielleicht die Ruhe in diesem Haus, die unnatürliche Ruhe.
Ja, das war es.
»Ist was?« fragte mich Laurie.
Ich hob die Schultern, ging zwei Schritte zur Seite und schaute über das Geländer hinweg in den Treppenschacht hinunter.
Mit einem Knall fiel unten die Haustür zu. Das plötzliche Geräusch ließ mich zusammenzucken. Verdammt, ich war schon übernervös.
»Sollten wir nicht besser gehen?« fragte Laurie leise. »Mir gefällt es hier nicht.« Sie schüttelte sich, als würde ihr ein Frostschauer über den Rücken laufen.
»Wenn wir schon hier sind, sollten wir es wenigstens versuchen«, antwortete ich und betätigte den Klingelknopf.
Hinter der Tür ertönte ein Summer.
Dann hörten wir Schritte.
Laurie trat etwas zurück.
Mit einem Ruck wurde die Tür aufgezogen. Der Mann, der sie öffnete, behielt die Klinke in der Hand.
Es war Jeff Denver!
Laurie stieß einen erstickten Ruf aus.
Ich fühlte ihre Hände an meinem Arm und brauchte nur in die Augen des Mannes zu sehen, um zu wissen, daß hier ein Mörder vor mir stand. Doch ein Gefühl ist kein Beweis.
»Mr. Denver?« fragte ich.
»Ja.«
»Wir hätten Sie gern für einige Minuten gesprochen. Dürfen wir hereinkommen?«
»Bitte.« Er gab den Weg frei.
Ich hatte das Gefühl, bewußt in eine Falle zu gehen. Aber wer A sagt, muß auch B sagen. Mit keinem Wimpernzucken gab Jeff Denver zu verstehen, daß er Laurie Ball erkannt hatte.
»Der spielt Theater«, flüsterte das Mädchen
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