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0021 - Satans eigene Schrift

0021 - Satans eigene Schrift

Titel: 0021 - Satans eigene Schrift Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Kubiak
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einen Moment verhielt sich der Professor noch ruhig. Erst wollte er sehen, wer nun in die Kirche hineinkam.
    Der Alte am Altar tief unter ihm wandte den Kopf und schaute in Richtung der Mauerlücke, durch die auch Zamorra die Kirche betreten hatte. Die Schritte wurden immer lauter.
    Endlich erschien der erste in der Öffnung. Es war eine Frau – die Frau, die Zamorra bei seiner Ankunft vor dem Hotel und später in der Nacht auf dem Dorfplatz gesehen hatte. Dann folgte noch eine Frau, wahrscheinlich die, die erst am Tage angekommen war. Und schließlich schwang sich ein Mann durch die Öffnung. Zamorra kannte ihn nicht. Auch er mußte am Tage eingetroffen sein.
    Dann kam niemand mehr. Zamorra stutzte. Es mußten doch fünf sein, wenn er sich nicht getäuscht hatte. Wo waren die anderen?
    Schlichen sie vielleicht schon mordend durch die Gassen des Dorfes?
    Er hatte keine Zeit mehr zu verlieren. Dauernd in der Gefahr, abzustürzen, kletterte er an der Außenmauer der Kirchenruine nach unten. Hier gestatteten ihm Vorsprünge und Verzierungen ein schnelleres Vorwärtskommen als im Innern der Kirche.
    Schon bald hatte der Professor wieder festen Boden unter den Füßen. Jetzt hieß es, einen Gegenstand zu finden, der geweiht war und mit dem er dem wüsten Treiben Einhalt gebieten konnte.
    Einen solchen Gegenstand, ein altes Kreuz vielleicht oder ein Heiligenbild, könnte er sicher nur in der alten Sakristei dieser Ruine finden, falls sie noch stand und falls sie noch niemand vollständig ausgeraubt hatte.
    Zamorra konnte nur auf sein Glück und auf die Gottesfürchtigkeit der Leute in dieser Gegend hoffen, die sich nie an geweihten Gegenständen vergehen würden.
    ***
    Wie einen Fetzen alter Lumpen hatten die beiden Besessenen Nicole gepackt und zerrten sie hinter sich her. Die Schuhe hatte sie beim Überfall der beiden verloren, und ihre nackten Füße schleiften durch den Sand des Weges, pendelten hin und her und wurden von besonders langen Dornranken blutig gerissen.
    Ihr Kopf war in den Nacken gesunken und baumelte wie ein Uhrenpendel. Vereinzelte Windstöße ließen ihr Haar wie einen Totenschleier flattern.
    Ein heiserer Singsang drang an ihre Ohren. So etwas hatte Nicole noch nie in ihrem Leben gehört. Im Unterbewußtsein begriff sie, daß die Worte, die da gesungen wurden, eine schreckliche Bedeutung haben mußten. Sie klangen so fremd, und in ihnen schwebte eine drohende Gefahr.
    Eine Gänsehaut ließ sie unwillkürlich frösteln. Und als sie die toten Augen ihrer Schergen sah, stieg namenlose Angst in ihr auf.
    Als hingen ihre Seligkeit und ihr Leben daran, so umklammerte sie das Amulett, das man ihr nicht abgenommen hatte. Schmerzhaft drückten sich die Kanten in ihre Handflächen.
    Plötzlich wurden ihre Arme losgelassen, und sie prallte mit dem Kopf auf den kalten Steinboden. Für einen Moment wallten schwarze Nebel vor ihren Augen auf. Mit Mühe gelang es ihr, die aufsteigende Ohnmacht niederzuringen. Sie durfte nicht bewußtlos werden, nicht in diesem Augenblick und nicht an diesem geheimnisvollen Ort des Grauens.
    Was Nicole Duval nun erblickte, war kein Gesicht mehr. Es war eine Fratze, wie man sie sich nur in den schlimmsten Alpträumen vorstellen konnte.
    Wie glühende Kohlen lagen die Augen tief in ihren Höhlen. Die Haut glich zerknittertem Pergament. Sie war gelblich und flößte Nicole Ekel ein.
    Der Mund dieser Kreatur klaffte halb auf, und übelriechender Geifer rann über das Kinn. Es war ein Mann, zumindest redete Nicole sich ein, daß es einer war.
    Ein heiseres Lachen drang aus dem Mund. Schadhafte Zähne wurden sichtbar. Eine knochige Hand streichelte das Gesicht der Frau auf dem Boden. Nicole zuckte instinktiv zurück.
    Das Lachen wurde stärker, höhnischer, widerlicher.
    »Nun, mein Kind, was schreckst du zurück«, krächzte der Mann in dem langen Brokatmantel. »Du brauchst doch keine Angst vor mir zu haben. Ich freue mich sogar sehr, daß du hier bist. Dich muß uns der Satan geschickt haben. Hab Dank dafür, oh Herr!«
    Der Alte richtete kurz seinen Oberkörper auf und machte eine ehrfurchtsvolle Verneigung. Dann wandte er sich wieder dem Mädchen zu.
    »Wer bist du? Wo kommst du her?«
    Nicole schüttelte stumm den Kopf. Sie brachte keinen Laut hervor.
    Ihr war die ganze Szene unbegreiflich. Jeden Moment glaubte sie, aus diesem Alptraum erwachen zu müssen.
    Aber wieder streckte der Alte seine Hand aus, und die Berührung der knöchernen Finger sagte Nicole, daß dies hier

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