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0022 - Der Todesfluß

0022 - Der Todesfluß

Titel: 0022 - Der Todesfluß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Friedrichs
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Langbeiniges, Haariges kroch über ihren Hals.
    Nicole schrie auf. Von Entsetzen geschüttelt, sprang sie hoch. Das Insekt fiel von ihr ab. Ihr Schrei ging in ein Schluchzen über. Bebend lehnte sie sich an die Wand des Verlieses, die ebenso feucht war wie der Boden. Nicole brauchte endlose Minuten, um ihren Ekel zu überwinden.
    Dann erst bemerkte sie das schwache, kaum erkennbare Licht. Es fiel durch haarfeine Ritzen, die sich offenbar in der Tür des Verlieses befanden. Nicole faßte neuen Mut, tastete sich an der Wand entlang und fühlte schließlich rauhe, verwitterte Holzbohlen unter ihren Fingerspitzen.
    Sie atmete auf. In ihrer panischen Angst hatte sie anfangs befürchtet, das Augenlicht verloren zu haben. Nur der Schock konnte eine solche unbegründete Befürchtung verursacht haben. Aber woher kam das Licht? Nicole preßte ihr Ohr an die Holzbohlen, horchte angestrengt. Das Toben des Unwetters nahm in diesem Moment ab.
    Doch es waren keine weiteren Geräusche zu hören. Nicole ballte die Hände zur Faust und preßte die Knöchel gegen den Mund. Es gelang ihr nur mit Mühe, die Tränen zu unterdrücken. Sie wußte, daß sie jetzt nicht den Verstand verlieren durfte. Doch das war allzu leicht gedacht. Denn in ihrer Erinnerung tauchte nun wieder das grauenvolle Bild jener Dämonen auf, die sie in dieses unterirdische Verlies geschleppt hatten.
    Nicole mußte einsehen, daß ihre Lage hoffnungslos war. Sie besaß nicht die Kraft, um gegen die Mächte der Finsternis bestehen zu können. Sie war den Dämonen rettungslos ausgeliefert.
    Und Professor Zamorra? Er mußte ja annehmen, daß sie auf Château Montagne war… in Sicherheit …
    Tränen rannen über Nicoles Wangen, ohne daß sie sie noch unterdrücken konnte.
    Das Geräusch setzte so schlagartig ein, daß Nicole vor Schreck erstarrte.
    Ein mächtiges Brausen, das von allen Seiten zu kommen schien. Es näherte sich rasend schnell, schien sich auf das enge Verlies zu konzentrieren. Das unheimliche Brausen schwoll an, nahm die Stärke von Orkanböen an – doch es regte sich kein Luftzug.
    Nicoles Muskeln waren wie gelähmt, sie war zu keiner Bewegung mehr fähig.
    Plötzlich flog die Tür des Verlieses auf, schlug krachend gegen die Seitenwand des unterirdischen Gewölbes. Gleißender Lichtschein flutete herein. Nicole schloß geblendet die Augen. Das Brausen versiegte so plötzlich wie es angefangen hatte. Die darauffolgende Stille war absolut. Auch das Unwetter war jetzt vollends verstummt.
    Durch die geschlossenen Augenlider stellte Nicole fest, daß die Helligkeit blieb. Sie war vor Angst noch immer gelähmt – wie ein gehetztes Tier, das in starrer Todesfurcht den entscheidenden Prankenhieb des Bezwingers erwartete.
    Unvermittelt strömte ein Gluthauch in das Verlies. Es war wie der heiße Atem eines Wüstenwindes.
    Entsetzt riß Nicole die Augen wieder auf. Ihre Lippen öffneten sich weit. Ein markerschütternder, gequälter Schrei entrang sich ihrer Kehle.
    Das Gewölbe war ausgefüllt von tanzenden, silbrig schimmernden Gestalten, die langsam näherkamen. In ihrer Haltung, in ihrem fast lächerlich wirkenden Hüpfen lag diabolische Vorfreude auf die Qualen, die sie ihrem Opfer bereiten würden.
    Nicole hatte das Gefühl, in einen endlosen Abgrund zu versinken.
    Ihr Blick fiel auf das mächtige Schwert, das der vorderste Dämon in seinen mattschimmernden Händen trug. Dieses Schwert war fast mannsgroß, und es hatte eine handtellerbreite Klinge.
    Keine Ohnmacht erlöste Nicole. Sie war gezwungen, das Grauen mit wachem Bewußtsein zu sehen.
    Aus.
    Es gab keine Hoffnung mehr. Dies war das Ende.
    Nicole schloß die Augen, als der Dämon mit dem Schwert kichernd auf sie zuschwebte.
    ***
    Der gellende, angstvolle Schrei schien aus der Erde zu kommen.
    Professor Zamorra stoppte seine Schritte. Die furchtbare Gewißheit durchwühlte sein Inneres wie eine verzehrende Glut. Es gab keinen Zweifel mehr. Deutlich erkannte er Nicoles Stimme. Sie befand sich in der Gewalt der Dämonen. Bis zuletzt hatte Zamorra noch eine winzige Hoffnung gehabt, daß es sich nur um einen raffinierten Schwindel handeln könnte, mit dem ihn die Wesen aus der Finsternis zu überlisten versuchten.
    Dieser Funke von Hoffnung war mit einem Schlag zerstört.
    Zamorras Haltung straffte sich, als der Schrei versiegte. Er vergaß die eisige Kälte, die von der durchnäßten Kleidung ausging. Und er vergaß die körperlichen Strapazen, die hinter ihm lagen. Der eiserne Wille, Nicole zu

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