0023 . Geheimschaltung X
mit seinem unheimlichen Gekrächze auf sie zugerast gekommen. Nur durch das widerwärtige Geräusch hatte es sich früh genüg verraten.
„Warum macht dieses Vieh einen derartigen Lärm, wenn es angreift?" fragte Marshall, nachdem er es mit dem Impulsstrahler lautlos erledigt hatte. „Es verrät sich doch nur selbst damit."
„Es gibt Tiere, die jagen ihren Opfern einen derartigen Schreck ein, daß sie einfach vor Angst erstarren. Auch mit solch einer Taktik läßt sich Beute machen. Sonst hätte sich diese Gattung hier gewiß nicht bis auf den heutigen Tag gehalten."
Das war einleuchtend.
Dreißig Minuten später kam das größere Unglück. Sie marschierten in der Reihenfolge: Okura, Rhodan, Marshall. Okura wurde von der Baumechse vorbeigelassen. Aus unerfindlichen Gründen griff das Biest den Chef an. Es langte mit seiner Greifschwanzflosse aus nicht erkennbarer Höhe von einem Baum herunter und hatte in Bruchteilen von Sekunden Rhodans Brustkorb mehrfach umwickelt. Er konnte noch einen Schrei ausstoßen. Dann hatte das Tier ihn offenbar derart zusammengeschnürt, daß ihm das Atmen unmöglich wurde.
Rhodan griff instinktiv mit beiden Händen nach dem glattbehaarten Greifschwanz. Das Gewehr war ihm schon beim ersten Anprall entfallen. Seine Hände aber waren ein paar lächerliche Werkzeuge im Vergleich zu der Kraft, die in diesem mehrere Meter langen Körperteil der Echse steckte. Rhodan konnte einfach nichts ausrichten.
Zwei Sekunden später schwebte er bereits in Höhe von Marshalls Kopf. Der Mutant wagte nicht zu schießen, obgleich er instinktiv sofort den Impulsstrahler in Anschlag gerissen hatte. Die eintretende Dämmerung, die hier unter dem dichten Blätterdach noch trüber wirkte, bot dem normalen Auge absolut keine ausreichende Sicht. Die pendelnde Schlinge war mit Rhodan so sehr in Bewegung, daß Marshall keinen Schuß riskieren konnte. Und ruckweise zog die Echse ihr Opfer Stück um Stück nach oben.
„Okura!" schrie Marshall.
Der kleine Japaner hatte sich längst umgedreht.
„Schon gut, John! Lassen Sie die Waffe unten! Der Fall ist für mich."
Der Frequenzseher hatte weitaus weniger Schwierigkeiten mit den Augen. Er sah die dreifache Schlinge des schlangenartigen Schwanzes. Er sah die dicker werdende Fortsetzung des Echsenkörpers, die sich zwanzig Meter über ihnen im Blättergewirr verlor. Das Tier war ihnen bisher nur aus Berichten bekannt. Äußerlich sollte es große Ähnlichkeit mit einem Alligator haben. Daher auch der aus der terranischen Biologie übertragene Name. Doch beim näheren Hinsehen fielen die Unterschiede auf.
Der Greifschwanz war etwa viermal so lang wie der übrige Körper. Er war als Werkzeug ebenso wichtig wie bei den irdischen Neuweltaffen. Schließlich war die Echse kurz und glatt behaart wie ein Biber und lebte vorwiegend in den Bäumen. Sie baute dort sogar Nester: Die Echse also hatte Perry Rhodan einfach vom Pfad gerissen. Perry schwebte bereits sieben bis acht Meter über dem Boden, als Son Okura seinen Impulsstrahler in Anschlag bringen konnte.
Im Visier tauchte das Knäuel mit dem Menschen auf. Dann sah Okura das dickere Schwanzstück. Er zog durch. Mit einem Dauerstrahl von fünf Sekunden pendelte er zweimal hin und her. Die Schwanzspitze trennte sich vom Rumpf und fiel zu Boden.
Okura und Marshall sprangen auf Rhodan zu, um ihn sofort zu befreien. Sie versuchten es anfangs in der Art, wie man ein Schnürsenkel löst. Doch sehr bald stellten sie fest, daß man hier andere Kräfte anwenden mußte. Sie stellten ferner fest, daß man nach einem Erfolg nicht leichtsinnig werden darf. Ihr ganzes Sinnen stand darauf, den Chef aus der Schlinge zu befreien.
„Vorsicht!" schrie da Okura plötzlich und stieß Marshall im selben Augenblick zur Seite.
Das tobende Tier war vom Baum gestürzt. Es landete dicht neben Rhodan, und man konnte trotz der geringen Entfernung nicht erkennen, ob dieser erneut getroffen worden war. Jetzt war das Ziel groß genug. Auch Marshall scheute sich nicht mehr, zu schießen. Aus kürzester Entfernung riß er den Impulsstrahler hoch und drückte ab. Der Körper streckte sich, bäumte sich noch einmal auf und fiel dann endgültig in sich zusammen.
„Sie ist tot", behauptete Okura und sprang wieder vor. Rhodan hatte Glück im Unglück gehabt. Es ging um ein paar Zentimeter, dann wäre er von dem Rumpf des Kolosses erdrückt worden.
„Sir!" rief Marshall und fühlte nach Perrys Kopf.
„Er ist besinnungslos", erklärte Okura.
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