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0023 - Wir faßten in ein Wespennest

0023 - Wir faßten in ein Wespennest

Titel: 0023 - Wir faßten in ein Wespennest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wir faßten in ein Wespennest
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ihn ein bisschen schwächer, für uns schön stark, und für alle drei sehr heiß.«
    Wir setzten uns in eine Ecke und wärmten uns auf. Der Wirt brachte die dampfenden Getränke und wir schlürften sie genießerisch.
    »Erzähl mal ein bisschen von Ben«, sagte ich. »Was hat er so gemacht? Wie verbrachte er seine Freizeit?«
    »Früher ging er fast jeden Tag mit mir schwimmen«, sagte sie versonnen, und ein wehmütiges Lächeln spielte um ihre Züge, als wenn sie sagen wollte, damals, in der guten, alten Zeit.
    »Und warum änderte sich das?«
    »Aber Ben hat doch die Gewerkschaft der Zeitungsboys gegründet.«, rief sie aus. »Er wurde zu ihrem Präsidenten gewählt. Und seither hatte er nicht mehr so viel Zeit für mich. Aber ich habe ihm geholfen, immer, wenn ich Zeit hatte. Er sagte oft, ich wäre seine rechte Hand.«
    »Die Gewerkschaft der Zeitungsboys«, wiederholte ich gedehnt. Mir war auf einmal ein toller Gedanke gekommen. »Erzähl mal von der Sache.«
    »Es gibt in New-York an die viertausend Zeitungsboys«, fing sie an. »Davon haben einige, die groß und stark waren, immer die besten Plätze für sich beansprucht, und die schwächeren mussten in den kleinen Seitenstraßen ihre Zeitungen verkaufen. Das war doch sehr ungerecht, nicht wahr?«
    Ich gab ihr Recht. Im Stillen staunte ich über dieses unbestechliche Gerechtigkeitsgefühl, das man so oft bei Kindern findet. Sie können sich noch mit ihrem innersten Wesen gegen eine offensichtliche Ungerechtigkeit empören, wo wir kalten Herzens daran Vorbeigehen.
    »Und deshalb gründete Ben die Gewerkschaft. Es dauerte Monate, bis er die Boys alle davon überzeugt hatte, dass es in ihrem eigenen Interesse geschähe. Aber dann hatte er eines Tages alle zusammen. Sie wählten ihn zu ihrem Präsidenten. Und dann unterbreitete er ihnen seine Vorschläge.«
    »Vorschläge?«, fragte Phil interessiert. »Wie sehen die denn aus?«
    »Er sagte, jeder Zeitungsboy sollte von seinem Monatsverdienst jedesmal eine angemessene Summe ihrer Gewerkschaftskasse bezahlen. Dafür sollten die Boys, die einmal krank wurden, Unterstützungen erhalten. Und überhaupt - wer in Not geriet, dem soll dann von diesen Geldern geholfen werden.«
    »Und machten die Boys das mit?«
    »Und wie. Zuerst wollten sie mehr bezahlen, als Ben für notwendig hielt. Er selbst wollte das Geld nicht verwalten. Da wählten sie zwei Jungen die gemeinsam die Kasse zu verwalten hatten. Und dann kamen eines Tages die Gangster.«
    Sie sagte es ganz leise, aber dieses Wort wirkte wie ein Donnerschlag auf Phil und mich. Wir hatten tagelang versucht, Licht in das Dunkel um Bens Tod zu bringen, und hier saß ein Mädchen, und sprach von »den Gangstern« als sei es die selbstverständlichste Sache der Welt.
    »Die Gangster kamen? Wieso? Was wollten sie denn?«
    »Sie überfielen sechzehn Boys, alle einzeln, und nahmen ihnen die Zeitungen weg und verprügelten die Jungen. Und beim nächsten Meeting erschien ein großer Mann und sagte, wenn nicht jeder Zeitungsboy jeden Monat fünf Dollar bezahlte, würde man ihnen die Zeitungen wegnehmen und die Jungen verprügeln.«
    »Und warum ist keiner von den Boys zur Polizei gegangen?«
    »Sie wagten es wohl nicht. Die Gangster sagten, dass sie jeden umbringen würden, der zur Polizei gehen würde.«
    Sie schwieg und sah uns an. Phil und ich rührten gedankenversunken in unseren Gläsern. Jeden umbringen, der zur Polizei gehen will. War es nicht so gewesen? Ben hatte versucht, mit mir, also einem Beamten der Bundespolizei Verbindung aufzunehmen, und zwar Stunden später fand man seine Leiche. Die Leiche eines vierzehnjährigen Jungen, der für die Interessen seiner Kollegen gestorben war. Oh, Ben, wie wenig wusste die Welt noch an dem Tage, da du zu Grabe getragen wurdest, von deinem stillen Mut, von deinem starken Herzen.
    »Ich will dir reinen Wein einschenken«, sagte ich leise zu dem Mädchen. »Wir zwei sind von der Pohzei. Wir sind G-men vom FBI, und Ben wollte mit uns sprechen. Aber noch ehe er dazu kam, hatten ihn die Gangster ermordet.«
    Ihre Augen weiteten sich entsetzt.
    »Dann ist es also wahr.«
    »Was?«
    »Das Ben nicht einem Unglück zum Opfer fiel, sondern ermordet wurde«, hauchte sie tonlos.
    »Ja«, sagte ich hart. »Das ist wahr. Und die ganze Welt soll es wissen, dass ein kleiner, tapferer Junge für seine Kameraden gestorben ist. Erzähle allen, die etwas von einem Unglück faseln, den wahren Sachverhalt. Sag ihnen; du hättest es von zwei G-men

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