0024 - Der unheimliche Mönch
typischer Rockerschlag. Doch der Knabe hatte keinen wehrlosen alten Mann vor sich, sondern einen Polizeibeamten, der hundertprozentig fit war. Ich wich mit einer geschmeidigen Bewegung dem Schlag aus und konterte.
Mit der flachen Hand verabreichte ich ihm ein paar Ohrfeigen. Alles ging so schnell, daß sich der Rocker auf dem Hosenboden wiederfand und gar nicht wußte, was los war.
»Reicht’s?« erkundigte ich mich.
Totenstill war es geworden. Die anderen Gäste hatten hinter dem Rocker einen Halbkreis gebildet. Jeder wartete, was ihr Held unternehmen würde, um die Schlappe auszuwetzen.
Der hielt sich erst einmal das Gesicht. Dann aber schnellte er hoch. Mit einem Schrei auf den Lippen warf er sich vor und griff mich an.
Ich packte seinen rechten Arm. Es war ein blitzschneller Griff, so schnell, daß der Rocker gar nicht begriff, was los war.
Erst als er stöhnend im Polizeigriff hing, wußte er wohl, daß er verloren hatte. Ich schob ihn in Richtung Tür.
Gebückt ging der Knabe vor mir her. Seine Flüche begleiteten unseren Weg.
An der Tür gab ich ihm einen Stoß. »So, mein Freund«, sagte ich, »du warst der erste. Die anderen folgen.«
Ich ließ ihn so hastig los, daß er zu Boden fiel und im Schlamm liegen blieb.
Es regnete noch immer. Durch die Schleier sah ich meinen Bentley und Jane. Ich winkte.
Jane Collins hatte verstanden und blinkte auf.
Ich drehte mich um und wollte wieder zurück in die Discothek gehen. Da hörte ich einen gellenden Schrei!
***
Ich stürmte in die Discothek, ahnte, was geschehen war, und sah mich nicht getäuscht.
Der rote Mönch war da.
Er stand mitten auf der Tanzfläche.
Menschenleiber versperrten mir den Weg. Die meisten waren in ihrer Angst zurückgewichen, doch es verließ niemand den Tanzschuppen.
Die Gäste hier wußten, daß ein Film gedreht werden sollte. Und sie hielten das Auftauchen des Unheimlichen für einen besonderen Gag.
Welch ein tödlicher Irrtum!
Ich drängte mich nach vorn, wollte hinein in den Kreis, um den Mönch abzulenken. Daß nur keine Unschuldigen in Gefahr gerieten!
Doch der Mönch hatte schon zugeschlagen. Ein junges Mädchen befand sich in seinen Klauen. Das Girl war nicht älter als siebzehn. Es hatte eine höllische Angst. Endlich hatte ich freie Bahn.
Am Rand der Tanzfläche blieb ich stehen. Das Kreuz hatte ich in meine Tasche gesteckt. Langsam ließ ich die Hand darin verschwinden.
Es war still geworden. Spätestens jetzt hätte den meisten der Gäste auffallen müssen, daß keine Kamera surrte. Doch das war nicht der Fall. Gebannt starrten sie auf den roten Mönch und das blonde Mädchen.
Mich konnte der Unheimliche nicht sehen. Er wandte mir seine linke Seite zu. »Laß das Mädchen los!« brüllte meine Stimme auf.
Der Mönch kreiselte mit seinem Opfer herum.
Wir starrten uns an.
Zwei unerbittliche Gegner standen sich gegenüber. Ich sah in seine rot geäderten Augen und in das grünbraune Gesicht unter der Kapuze. Der rote Strahl einer Lampe streifte das Gesicht des Mädchens und ließ es blutig erscheinen. Die Augen waren weit aufgerissen. Der Mund stand halb offen.
Diesmal trennten mich und den Mönch keine Gitter. Jetzt kam es darauf an, wer der Stärkere war.
Ich trat einen Schritt nach vorn. »Hast du nicht gehört, Dämon, du sollst das Mädchen loslassen!«
Der Unheimliche knurrte. Das Geräusch wurde tief in seinem Rachen erzeugt und hörte sich an wie Höllendonner.
Hinter mir begann jemand zu weinen. Ich kannte solche Anzeichen. Ein Anstoß genügte, und es würde eine Panik geben.
Ich zog meine Hand aus der Tasche. Langsam und bedächtig. Ich konnte mich auf die Macht des Kreuzes verlassen.
Dann hielt ich das geweihte silberne Kreuz hoch. Und zwar so, daß der Mönch es anblicken mußte.
»Durch dieses Zeichen, dem du vor langen Jahren gedient hast, wirst du auch sterben, Elender«, versprach ich ihm. »Die Macht des Kreuzes wird die Kräfte der Finsternis brechen.«
Er wich zurück. Nicht weil er Angst hatte, sondern aus taktischen Gründen und um seine Magie voll ausspielen zu können.
Das merkte ich zwei Sekunden später.
Plötzlich blitzte es an seiner freien Hand auf. Ein gleißender Lichtstrahl fuhr daraus hervor und bohrte sich in einen Holzträger.
Er begann zu knistern und zu bersten.
Im nächsten Augenblick fing das Holz Feuer.
Die Discothek stand in Flammen.
***
»Feuer!« gellte ein vielstimmiger Schrei.
Und das war das Signal. Plötzlich war um mich herum die Hölle los.
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