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0025 - Der Satansdiener

0025 - Der Satansdiener

Titel: 0025 - Der Satansdiener Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Wiemer
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seltsam undeutlich. Nur die Augen nahm er wahr. Gelbe Raubtieraugen, die von innen her zu glühen schienen. Sie starrten ihn an, drangen tief in ihn ein, zerbrachen die unsichtbaren Barrieren seines Willens, und Valonne spürte, wie ihm unter dem zwingenden Blick dieser Augen plötzlich alles andere gleichgültig wurde.
    Er sah das Schwert – aber er empfand keine Angst.
    Dicht vor seinem Gesicht funkelte die breite Klinge. Immer näher kam sie. Unaufhaltsam, drohend. Schon berührte die nadelscharfe Spitze Valonnes Stirn – und er spürte einen schwachen, fernen Schmerz, der sein Bewusstsein nicht erreichte.
    »Du gehörst jetzt mir«, hörte er eine Stimme. »Du bist mein Sklave. Du wirst gehorchen…«
    »Ja«, murmelte Valonne. »Ich werde – gehorchen…«
    »Knie nieder!«
    Alain Valonne – oder das, was noch vor wenigen Minuten Valonne gewesen war – zögerte keine Sekunde. Wie ein Schlafwandler erhob er sich von dem Sessel, trat auf die hoch gewachsene Gestalt in dem schwarzen Umhang zu und sank auf die Knie. Mit demütig geneigtem Kopf erwartete er weitere Befehle.
    Geronimo Morgue lächelte triumphierend. Seine gelben Augen funkelten. Dies hier würde sein Meisterstück werden, die Generalprobe für alles Kommende. Ein Kriminalbeamter! Ein Mann, der sein Leben lang kompromisslos gegen das Verbrechen gekämpft hatte! Er, Geronimo Morgue, würde diesen Mann in eine mordende Bestie verwandeln, die Angst und Schrecken verbreitete…
    Seine Stimme hob sich, klang knapp und scharf wie ein Peitschenhieb. »Du wirst töten, Alain Valonne!«, rief er. »Von heute an wirst du dir nichts anderes mehr wünschen als zu töten. Nicht irgendjemanden, Valonne! Die Schwachen und Hilflosen! Kinder wirst du töten! Hörst du, Valonne? Kinder, kleine Kinder!«
    Und leise, wie ein Echo, die Stimme des Opfers: »Kinder… ja … Ich werde – töten … Die Kinder …«
    ***
    »Trinkt von dem heiligen Wasser«, wiederholte Zamorra leise.
    Alban de Bayard nickte. Er zögerte nicht einen Augenblick. Rasch beugte er sich nieder, schöpfte etwas von dem Wasser mit der hohlen Hand und führte es an die Lippen.
    Zamorra folgte seinem Beispiel.
    Er hatte sich das Amulett wieder um den Hals gehängt, und der kleine See zu seinen Füßen war so schwarz und ruhig wie vorher.
    Auch als der Professor seine Rechte hineintauchte, gab es nicht die geringste Bewegung. Es war, als greife seine Hand in schweres Quecksilber.
    Er zögerte einen Moment, kämpfte gegen die instinktive Furcht, die ihn vor dem Unbekannten zurückscheuen ließ, dann nahm auch er einen Schluck von dem klaren, eiskalten Wasser.
    Sein Herz hämmerte, als er sich wieder aufrichtete.
    Irgendetwas würde geschehen, das wusste er. Aber was? Er sah Alban de Bayard an. Der Kreuzritter stand ruhig da, hoch aufgerichtet. Sein langer weißer Mantel leuchtete im ungewissen Licht und…
    Die Gestalt verblasste.
    Er löste sich auf, verschwand. Fassungslos starrte Zamorra auf die Stelle, wo sein Begleiter eben noch gestanden hatte – und im nächsten Sekundenbruchteil hatte er das Gefühl, in der Luft zu schweben.
    Er sah an sich herunter. Das heißt – er wollte an sich heruntersehen. Da war nichts mehr. Zamorra spürte weder seine Arme noch seine Beine, die Höhle um ihn verdunkelte sich und…
    Verdunkelte sich wirklich die Höhle?
    Oder waren es Zamorras Augen, die nichts mehr wahrnahmen?
    Hatte er sich in Luft aufgelöst, genau wie Alban de Bayard? Und befand er sich bereits auf einer anderen, gefährlicheren Reise?
    Das Gefühl des Schwebens verstärkte sich.
    Schwindel ergriff ihn. Er wollte die Augen öffnen, doch in irgendeinem klaren, losgelösten Teil seines Geistes verstand er, dass das nicht möglich war. Er sah nicht mehr, hörte nichts. Um ihn war die dunkle, unklare Empfindung von Raum, tiefem, unendlichem, grenzenlosem Raum, aber er schwebte darin als einsames, losgelöstes Bewusstsein ohne Körper und Sinne.
    War dies der Tod?
    War es der schreckliche und seltsame Augenblick, in dem die Seele den Körper verlässt und…
    Er hörte auf zu denken.
    Die Angst, die ihn in diesen Sekunden packte, war zu maßlos und überwältigend, als dass ein menschliches Wesen sie hätte ertragen können. Ein greller Blitz schnitt durch sein isoliertes Bewusstsein, erlosch im nächsten Moment wie eine Flamme, und dann blieb nur noch das Gefühl des Stürzens in schwarze, bodenlose Unendlichkeit…
    Ganz langsam fand sein Geist wieder in die Wirklichkeit zurück.
    Er spürte,

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