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0034 - Das Teufelsauge

0034 - Das Teufelsauge

Titel: 0034 - Das Teufelsauge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieter Saupe
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aufzurichten.
    Sie wollte ein paar der Decken als Sitzlehne aufeinanderlegen, als Grisalda ihre Arme packte.
    »Was hast du in dem Korb?« fragte sie. Sie hatte beobachtet, wie die Schwester ihre geflochtene Tasche, die das Aussehen eines Tragkorbes hatte, auf den Boden stellte.
    Carmela antwortete nicht. Sie legte ein paar Decken zu einem Stapel zusammen und half der jungen Frau, sich bequem zurückzulehnen.
    Der Husten hörte sofort auf. »Danke«, sagte Grisalda. »Scheinst gar nicht so übel zu sein. Also sag mir, was du in dem Korb hast.«
    »Ich soll Ihnen Brot und Wein bringen«, meinte Carmela.
    »Brot und Wein?« lachte Grisalda bitter auf. »Mir Brot und Wein? Wer sollte mir schon zu essen und zu trinken geben? Mir, einer armen, kranken Frau?«
    »Mich hat La Zanuga geschickt«, sagte das Mädchen.
    Da weiteten sich die Pupillen Grisaldas in höchster Angst.
    »Die Alte?« fragte sie mit keuchendem Atem. »Die Zigeunerin? Du kommst von der alten Vettel mit der Teufelsgeige?«
    »Ja, Grisalda. Sie sagt, daß du bald wieder gesund wirst. Und ich soll dir den Wein und das Brot bringen.«
    »Warum tut sie das?« fragte Grisalda. »Sie hat nichts Gutes vor. Und du hast mich eben ›du‹ genannt. Ich weiß, was ihr wollt von mir. Geh zum Teufel! Carmela, scher dich hinaus, bleib mir vom Leibe! Jetzt und immer!«
    »Aber Grisalda!« sagte die junge Schwester verzweifelt.
    »Nenne mich nicht so!« rief die junge Frau laut. »Wer von der Alten kommt und einen Menschen beim Vornamen nennt, will ihn als Opfer haben.«
    »Unsinn, Grisalda«, versuchte es Carmela mit beruhigender Stimme.
    Aber in den Augen Grisaldas standen jetzt panische Furcht und Wahnsinn.
    »Warum starrst du mich an, Carmela? Warum starrst du mich nur so an?«
    Carmela wußte nicht, wie ihr geschah.
    Sie spürte nur, wie eine merkwürdige, ganz und gar unbeschreibbare Veränderung in ihr vorging.
    Sie war vom Lager Grisaldas zurückgetreten und hatte ihre Tragetasche vom Boden aufgehoben.
    Schritt für Schritt ging sie wieder auf Grisalda zu. »Halt!« schrie die junge Frau. »Du kommst vom Satan, Carmela.«
    »Du sprichst ja im Fieber!« rief das Mädchen.
    »Nein, nicht im Fieber! Ich ahne es alles! Ich sehe es genau! Du bist nicht gekommen, um mir Brot und Wein zu bringen! Du bist aus der Hölle, du schöner junger Satan! Du Satansweib! Du elende Bluttrinkerin!«
    Carmela traute ihren Ohren nicht mehr.
    »Was?« schrie sie entsetzt auf. Sie war vollkommen außer Fassung.
    »Blut hast du getrunken«, schrie Grisalda wieder. »Sag, daß die Alte dir Blut gegeben hat!«
    »Nein!« schrie Carmela zurück. »Wie kannst du nur so etwas denken!«
    »Du hast kein Blut getrunken?« krächzte die junge Frau.
    »Nein! Nie und nimmer!«
    »Hast wohl gar nichts getrunken?« fragte Grisalda und drückte sich ängstlich gegen die Wand.
    »Wein hab ich getrunken, sonst nichts«, gab Carmela zur Antwort.
    »Wein von der Alten?«
    »Ja.«
    »Wein, der dunkel und rot war?«
    »Ja«, sagte Carmela wieder.
    »Und hast getanzt dabei? Getrunken und getanzt?«
    »Ja«, antwortete das Mädchen ein drittes Mal.
    »Dann hast du Blut getrunken!« schrie Grisalda auf. »Dann hast du Wein getrunken, mit geheimen Kräutern darin! Und die Kräuter verhindern, daß du das Blut schmeckst.«
    Unwillkürlich leckte sich Carmela die Lippen.
    Was hatte Grisalda da gesagt?
    Blut sollte sie getrunken haben? Aber warum denn?
    Und dann sah sie nicht mehr viel um sich.
    Sie hörte die Worte der alten Zigeunerin.
    »Trink, Mädchen!« hörte sie die Worte im Gedächtnis in ihren Ohren. Sie schlugen wie Fäuste gegen ihre Schläfen. Sie löschten Carmelas Gedanken völlig aus.
    »Tanz, Mädchen! Trink, Mädchen!« hörte Carmela die Worte La Zanugas.
    Und dann hörte sie die Alte wieder ganz deutlich sagen: »Ist bester Wein, so dunkelrot und feurig und wild. Wie das Blut der Zigeuner.«
    Carmela glaubte, in Ohnmacht zu fallen.
    Aber dumpf regte sich in ihr ein ganz anderes Gefühl.
    Sie trat bis dicht an Grisaldas Lager heran.
    Dann schloß sie die Augen. Für einige Sekunden.
    Blut! hörte sie die Alte wieder sagen.
    Wieder leckte sie sich die Lippen. Und jetzt glaubte sie, einen Geschmack von Blut im Mund zu haben. Hatte sie wirklich mit dem Wein auch Blut getrunken?
    Wie schmeckte denn Blut? War es so warm wie die Haut eines Menschen, die man berührte?
    Schmeckte es gut? Oder war das Gefühl, Blut zu trinken, abstoßend?
    Carmela öffnete die Augen.
    Sie sah nur Grisalda. Und von

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