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0036 - Das Rätsel von Schloß Montagne

0036 - Das Rätsel von Schloß Montagne

Titel: 0036 - Das Rätsel von Schloß Montagne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Traute Maahn
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bei einem Vampir.
    Jill öffnete den Mund und schrie so laut, daß die Leitern an den Wänden schepperten.
    Nicole legte den Arm um Jill. »Beruhigen Sie sich doch. Schauen Sie nicht mehr hin, Jill…«
    Jill hörte nicht auf zu schreien. Allmählich nahm die Lautstärke ihrer Stimme das Ausmaß einer Sirene an.
    Der Beamte schien in Panik zu geraten. Er hob die Arme über den Kopf und schimpfte wie ein Rohrspatz. Dann trampelte er davon.
    Nicole trat zu Jill und gab ihr eine kräftige Ohrfeige.
    Der Schrei brach ab.
    Nicole ahnte, daß jetzt gleich die entgegengesetzte Reaktion eintreten würde: Das Entsetzen.
    Und genauso war es.
    Hilflos begann Jill loszuheulen.
    Nicole nahm ihren Arm und zog sie fort von der Schublade mit Lana Merediths Leiche.
    Selbst vor Toten machen die Dämonen nicht halt, durchfuhr es Nicole, und sie hatte gleichsam das Gefühl, überall um sich her geheimnisvolles, belustigtes Kichern zu hören. Nicole starrte scharf hinauf zu den Leitern. Dort hatte sich doch etwas bewegt? Und wirklich sah sie ein bläuliches Licht über die Leitersprossen zucken.
    Es nahm jetzt Gestalt an, bekam Arme und Beine, einen Kopf, ein Gesicht mit grinsendem Totenkopf…
    Atemlos blieb Nicole stehen. Jill weinte neben ihr. Nicole nahm die Stimmen von Männern wahr, unter denen auch das laute Organ des diensthabenden Beamten herauszuhören war.
    Sie besann sich auf ihre Pflichten und zerrte Jill weiter. Und sie vermied es, noch einmal hinaufzublicken zu den Leitern.
    Sie waren ihnen also bis nach Tours gefolgt!
    Nicole beruhigte die vier Uniformierten, die mit einem Elan hereinstürmten, als wollten sie eine sechsköpfige Bankräuberbande verhaften, und erklärte ihnen, daß Miß Meredith einen Nervenzusammenbruch beim Anblick ihrer toten Mutter erlitten hätte. Nicoles Charme verfehlte seine Wirkung nicht. Die Männer wurden augenblicklich lammfromm und sandten Jill mitleidige Blicke zu.
    Jill mußte einige Formulare unterschreiben. Sie ließ alles mit sich geschehen und reagierte wie eine Puppe.
    Ja, sie identifizierte die Leiche ihrer Mutter als die sterblichen Überreste der Lana Meredith aus New York, Stadtteil Queens. Jill sah gar nicht hin, worunter sie ihre Unterschrift setzte. Nicole aber las sich den Text jedes Formulars aufmerksam durch.
    Dann verfrachtete sie Jill wieder in ihren Wagen.
    »Wie wär’s, Jill: wollen wir erst mal einen starken Kaffee zu uns nehmen? Oder können Sie’s nicht erwarten, ins Schloß zurückzukehren?«
    Jill antwortete nicht. Wie ein Häufchen Elend hockte sie auf dem Beifahrersitz.
    Nicole Duval erinnerte sich des Auftrages, den sie von dem Professor bekommen hatte.
    »Im Grunde haben Sie doch nichts mehr mit dem Château Montagne zu tun, Jill«, sprach Nicole auf das verstörte Mädchen ein. »Sie können sich hier im Excelsior ein Zimmer nehmen und alle Schritte für die Überführung Ihrer Mutter nach den Staaten einleiten. Sie müssen ja auch drüben viel erledigen. Zum Beispiel müssen Sie die Traueranzeigen an die Verwandten und Freunde verschicken.«
    Jill fuhr zu Nicole herum. »Shut up«, schnauzte sie die Französin an. »Ihr Gequatsche geht mir auf die Nerven.«
    Nicole blieb freundlich. Natürlich stand das Mädchen noch unter einem Schock.
    »Also, wohin soll ich dieses Vehikel lenken?« erkundigte sich Nicole und drehte den Wagenschlüssel im Zündschloß.
    Jill antwortete nicht.
    »Ins ›Excelsior‹ also«, entschied Nicole Duval. »Ihr Gepäck kann Ihnen einer der Diener heute noch nach Tours bringen. Ich bin sicher, daß mein Chef Ihre Entscheidung respektiert. Es ist Ihnen nicht zu verdenken, daß Sie dem Schloß den Rücken kehren nach allem, was Sie dort erlebt haben.«
    »Nein, nein…«, schrie Jil auf, und Nicole fürchtete allen Ernstes, sie könnte wieder mit ihrem Sirenengeschrei anfangen. »Ich will zurück zum Schloß. Ich will rauskriegen, was für ein Satan er ist …«
    »Wer? Von wem sprechen Sie eigentlich, Jill?«
    »Von wem, Nicole? Von Ihrem hochverehrten Chef. Von dem Meister des Übersinnlichen.« Jill ballte die Hände zu Fäusten. »Was hat er mit Mummys Zähnen gemacht? Er muß heimlich hiergewesen sein nach dem Unfall. Er ist um keine neuen Tricks verlegen, wie?«
    »Aber Jill, kommen Sie zu sich! Zamorra hat doch nichts damit zu tun. Zamorra ist ein Gelehrter. Die Dämonen sind seine Feinde, die er bekämpft. Werden Sie doch endlich vernünftig, Jill.«
    »Vernünftig?« höhnte Jill. »Ich war noch nie so vernünftig wie jetzt.

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