0036 - Die Nacht des Feuergottes
beinahe über!« sagte Jewesbury und stieß ein nervöses Lachen aus. »Hier geht es tatsächlich ins Leben zurück! Der Dämon dachte wohl, wir würden den Weg nicht finden. Aber wir haben ihn gefunden. Junge, wir haben ihn gefunden!«
Jewesbury kletterte als erster an der Felswand hoch. Marion McNally folgte ihm. Fiebernd zogen und stemmten sie sich empor. Als Jewesbury in den Kaminhals schlüpfte, begann sein Herz wie rasend gegen die Rippen zu schlagen.
Sie hatten sich schon aufgegeben. Und nun… Die Freiheit winkte ihnen. Es war ein Gefühl, das man nicht beschreiben kann.
Kevin Jewesbury stemmte die Beine gegen die gegenüberliegende Felswand. Seine Hände fanden immer wieder Halt. Er hievte sich mit kraftvollen Klimmzügen nach oben.
Das rauhe, rissige Gestein bohrte sich schmerzhaft in seinen Rücken. Er achtete nicht darauf.
Weiter! sagte er sich. Weiter. Du mußt dich beeilen. Wenn der Feuergott erst mal bemerkt hat, was wir vorhaben… Nicht auszudenken!
Yard um Yard arbeiteten sich die Männer nach oben. Es war eine kräfteraubende Klettertour, die sie nicht unternommen hätten, wenn der Lohn dafür nicht so immens groß gewesen wäre…
Die Kaminöffnung vergrößerte sich. Jewesbury machte eine kurze Pause. Er warf einen Blick nach unten. »Es ist nicht mehr weit«, sagte er zu McNally. »Wir haben es bald geschafft. Dann sind wir frei, Marion. Endlich wieder frei!«
Plötzlich traf die beiden Männer ein schauriges Gelächter. Die dröhnende Stimme des Feuergottes erreichte sie. »Das habt ihr euch so gedacht, was?« höhnte der Dämon.
Sie konnten ihn nicht sehen, aber sie vermuteten, daß er von oben zu ihnen sprach.
»Es wird nichts mit eurer Freiheit!« röhrte der Unhold. »Ihr entgeht eurem Schicksal nicht!«
Jewesbury schaute nach oben. Dort tauchte auf einmal die brennende Fratze des Feuergottes auf. Der Dämon stieß seine Faust in die Öffnung. Sie raste auf Jewesbury und McNally zu.
»Zurück mit euch!« schrie der Mächtige.
Seine Faust traf die beiden Unglücklichen und stieß sie dorthin zurück, wo sie ihr Leben verlieren sollten…
***
Suko stürmte mit mir aus dem Hotel. Wir erreichten die dunkle Sackgasse und warfen einen Blick zu jenem erhellten Fenster, durch das der Unbekannte gesehen und Alicia Montilor fast zu Tode erschreckt hatte.
Dann hörten wir hallende Schritte, und ich sah gerade noch einen Schatten in einen schmalen Durchlaß verschwinden.
Ich verständigte mich mit meinem chinesischen Freund mit einem kurzen Blick. Da wir bestens aufeinander eingespielt waren, bedurfte es keiner Worte. Der große Chinese wußte, was er zu tun hatte.
Er schob sofort los.
Und während Suko versuchte, dem Fliehenden den Weg abzuschneiden, lief ich zum Durchlaß, um mich auf die Fersen des Fremden zu heften.
Zwischen den Häusern war es so schwarz, daß man kaum die Hand vor den Augen sehen konnte. Ich wich mehreren Mülltonnen aus und huschte an einer glatten Wand entlang.
Ab und zu glaubte ich, ein Geräusch zu vernehmen. Mal war es ein Wischen. Dann ein Kratzen. Es war aber niemals laut genug, um es richtig orten zu können.
Je tiefer ich in die Dunkelheit eintauchte, desto intensiver wurde der Fischgeruch, den ich vor wenigen Augenblicken wahrgenommen hatte. Ich entdeckte Arkaden aus glattem Stein.
Darunter gab es steinerne Becken, in denen am Tage Fische zum Kauf angeboten wurden. Ich sah einige glitzernde Leiber auf dem Boden liegen. Sie verströmten den strengen Geruch.
Ich zog sicherheitshalber meine Beretta. Sie war mit geweihten Silberkugeln geladen. Ich hatte damit schon Werwölfe, Wiedergänger und anderes höllisches Gelichter zur Strecke gebracht.
Ich blieb kurz stehen, um zu lauschen.
War da nicht eben ein Geflüster gewesen?
Der Bursche, hinter dem ich her war, sprach garantiert nicht mit sich selbst. Er hatte also einen Komplizen. Ich näherte mich vorsichtig der Stelle, wo ich die beiden vermutete.
Sehen konnte ich sie nicht.
Etwas flitzte durch die Finsternis. Meine Beretta schwang mit, aber es widerstrebte mir, blindlings abzudrücken. Ich wollte keinen Menschen töten, und diese Gefahr bestand.
Ich schob mich an einem der glatten Arkadenpfeiler vorbei. Beim nächsten Schritt trat ich auf etwas Weiches. Mein Fuß zuckte zurück. Ich dachte einen Augenblick, ich hätte den Körper eines Menschen berührt, doch dann wurde mir bewußt, daß kein menschlicher Körper so weich sein konnte.
Ich war auf ein Netzbündel gestiegen.
In dem Moment,
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