0042 - Der Totenbeschwörer
hoch.
Der Nachzehrer stand sehr wacklig auf den Beinen. Er kippte nach hinten, doch da war die Wand, die ihn auffing.
Elisa bekam es mit der Angst zu tun. Sie fürchtete, daß der Untote es nicht schaffte.
»Wir müssen weg!« zischte sie ihm zu. »Auf dem Friedhof kannst du dir deine Opfer holen.«
Der alte Hanson keuchte und schüttelte den Kopf. »Schwer, es wird schwer sein. Mir fehlt die Kraft.«
»Reiß dich zusammen!« fuhr Elisa ihn an. »Du darfst jetzt nicht aufgeben.«
»Ich – ich versuche es.«
Elisa hob den Holzspan auf. Er war fast heruntergebrannt und würde höchstens noch ein paar Minuten leuchten. Die Zeit mußte reichen, um zu fliehen.
Sie drückte ihren Schwiegervater auf die Tür zu. »Geh voraus«, sagte sie. »Aber sei leise, damit Lester nichts hört.«
Der Nachzehrer zuckte zusammen. »Lester?« wiederholte er krächzend. »Lester gehört nicht zu uns, und er ist ein Mensch. Ich könnte ihm sein Leben…«
Die weiteren Worte versickerten in einem undeutlichen Gemurmel. Aber Elisa war geschockt. Der Nachzehrer würde vor Lester nicht haltmachen. Sie wollte ihn nicht abhalten, aber außer ihrem Mann befanden sich noch die Kinder im Haus.
Unschuldige Geschöpfe, die…
»Nein!« befahl sie. »Geh jetzt!«
»Und Jill?«
Elisa öffnete die Tür. »Sie wird später zu uns stoßen. Das ist ganz sicher.«
Sie wollte den Nachzehrer in den Gang schieben.
Da traf beide der grelle Schein eines Lichtstrahls. Er blendete, so daß sie den Träger der Lampe nicht erkennen konnten.
Doch die Stimme war beiden bekannt.
»So etwas Ähnliches habe ich mir schon gedacht«, sagte Lester Hanson in das eisige Schweigen hinein…
***
Ich zog Bill Conolly in die Deckung einer breit wuchernden Strauchgruppe. Die Menschen brauchten und nicht unbedingt zu sehen. Wir aber konnten sie beobachten und bekamen so mit, was sie im Schilde führten.
Sie hoben sich ziemlich deutlich vor den Grabreihen ab. Ich zählte genau nach und kam auf zehn Personen.
Fünf Männer und fünf Frauen.
Die Gruppe bewegte sich schräg auf uns zu. Wenn die Leute so weitergingen, würden sie uns in einem Abstand von vielleicht vier Yards passieren.
Es war eine gespenstische Prozession, die sich da durch die Grabreihen bewegte. Der Nachtwind blähte die Kleidungsstücke auf und fuhr durch die Haare der späten Besucher. Niemand sprach ein Wort. Nur die dumpfen Schritte waren zu hören oder hin und wieder das Brechen eines hartgefrorenen Zweiges unter ihren Sohlen.
Man hätte sie für leblose Marionetten halten können. Nur die Atemfahnen vor ihren Lippen bewiesen, daß es sich bei den Leuten um Menschen handelte.
Allerdings um Menschen, die unter einem magischen Einfluß standen. Unter dem Bann der Nachzehrer.
Dessen war ich mir hundertprozentig sicher.
Bill kam dicht an mich heran. Wir standen geduckt da und wurden von den auseinanderfächernden Zweigen gedeckt.
Ich spürte Bills warmen Atem an meinem Ohr. »Das sind Einwohner aus Gatway, John.«
»Ja. Einige habe ich auf der Beerdigung gesehen.«
»Das bedeutet, daß diese Nachzehrer auch mit den anderen Dorfbewohnern Kontakt haben.«
»Sicher. Hier liegen doch nur Verwandte.«
Wir schwiegen wieder und beobachteten weiter. Die Gruppe befand sich etwa auf unserer Höhe. Alle Altersstufen waren vertreten.
Sie hatten jetzt das neu angelegte Gräberfeld erreicht. Kahl ragten die einfachen Holzkreuze aus dem Boden.
Mir sträubten sich die Haare, wenn ich daran dachte. Sollten die Nachzehrer tatsächlich aus ihren Gräbern kommen, so war dies mehr als schlimm. Je nachdem, wie lange sie im Boden gelegen hatten, sahen sie auch aus.
Zombies!
Ja, sie waren Zombies. Lebende Leichen. Erweckt von einem Dämon, der in ein satanisches Spiel eingestiegen war. Von jeher waren Zombies Kreaturen, die sich zum Alptraum der Menschheit entwickeln hatten. Vor allen Dingen im Voodoo-Kult wurde diese Art von Auferstehung zelebriert. Oft krochen schreckliche Gestalten aus den Gräbern, die inzwischen zu Ghouls und anderen Abarten aus dem Reich der Dämonen degeneriert waren und an den Menschen auf fürchterliche Weise Rache nahmen.
Meistens konnte man sie nur dadurch töten, daß man ihnen den Kopf abschlug. Der Schweiß trat mir auf die Stirn, wenn ich an die Fälle dachte, die ich bereits mit Zombies erlebt hatte.
Sie gingen noch einige Schritte weiter und blieben dann stehen. Sie kamen mir dabei vor wie eine militärische Patrouille, die auf einen Befehl wartet.
Sie
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