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0043 - Die Geister-Lady

0043 - Die Geister-Lady

Titel: 0043 - Die Geister-Lady Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A.F. Morland
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Valentina Sellnowa fing sie erschrocken auf und schleppte sie ins Haus.
    »Tichon!«, rief sie. »Tichon! Komm und hilf! Milda Dagorskaja ist halb ohnmächtig! Es ist etwas Schreckliches passiert! Oleg ist tot!«
    Der dürre Sellnow kam mit leichenblassem Gesicht angerannt.
    Es war schon seltsam. Er, der Dürre, war Holzfäller, während Oleg, der Bullige, in einer Druckerei gearbeitet hatte. Umgekehrt wären die Kräfte vernünftiger eingesetzt gewesen…
    »Oleg ist tot?«, fragte Tichon Sellnow gepresst. Er stützte Milda bis zur Ofenbank und drückte sie darauf nieder. Sie zitterte am ganzen Leib, weinte, schluchzte und bekam kein Wort heraus.
    »Ist das wahr, Milda?«, fragte Tichon deshalb noch einmal.
    »Ja!«, heulte Milda Dagorskaja verzweifelt auf. »Ja. Es ist wahr! O heilige Madonna von Kasan! Warum hatte es nur dazu kommen müssen? Warum ist mein Oleg tot? Warum nur?«
    »Wie ist es passiert?«, fragte Sellnow. Er spürte, wie sich sein Herz zusammenkrampfte. Er musste unwillkürlich an den Fluch der weißen Frau denken. Hatte er sich erfüllt? Zum ersten Mal?
    »Der Direktor der Druckerei kam zu mir…«, keuchte Milda verzweifelt.
    Valentina rannte um Schnaps. Sie ließ die Nachbarin gleich von der Flasche trinken. Dann trank sie selbst und schließlich riss Sellnow seiner Frau die Flasche aus der Hand und ließ sich selbst eine Menge Schnaps in die Gurgel rinnen. Das Gesöff brannte wie Feuer.
    Sellnow brauchte es jetzt, um nicht verrückt zu werden.
    »Der Direktor kam zu dir…!«, sagte er heiser. »Rede, Milda! Bitte rede!«
    »Er redete von einem Arbeitsunfall, und dass die Partei die Begräbniskosten übernehmen würde, weil Oleg doch bei der Arbeit ums Leben gekommen wäre… Mir war, als hätte mich jemand mit einer Keule auf den Kopf geschlagen. Ich dachte, ich hätte den Direktor nicht richtig verstanden, aber er wiederholte jedes einzelne schreckliche Wort. Oleg lebt nicht mehr. Die Kreissäge brach, als er ein Klischee schneiden wollte. Das Metall fuhr ihm in den Hals. Als man ihn fand, war er fast ausgeblutet … O Gott, warum ist ihm das nur passiert?«
    »Komm!«, sagte Valentina aufgeregt. »Trink noch einmal, Mildaschka.«
    »Ich mag nicht…«
    »Du musst.«
    »Ich will aber nicht.«
    »Du brauchst den Schnaps jetzt, Mildaschka. Sonst schnappst du über!«
    Valentina Sellnowa verlangte von ihrem Mann, er solle den Kopf, den Milda hin und her warf, festhalten. Dann gab sie ihr zu trinken.
    Milda hustete und spuckte. Aber sie schluckte auch.
    Als Sellnow sie losließ, plärrte sie: »Was wollt ihr? Habt ihr vor, mich im Schnaps zu ersäufen?«
    »Wir wollen dir helfen, Milda«, sagte Sellnow gepresst.
    Milda Dagorskaja starrte ihn mit glühenden Augen an. »Helfen? Ihr wollt mir helfen?«
    »Aber ja. Wir sind doch Nachbarn. Wir sind doch Freunde, Milda.«
    »Du willst mir helfen?«, schrie Milda Dagorskaja mit hassverzerrtem Gesicht. »Ausgerechnet du?«
    »Warum ich nicht, Milda?«, fragte Sellnow verwirrt.
    »Willst du dein Gewissen damit beruhigen, Tichon Sellnow?«, schrie ihm die verzweifelte Frau ins Gesicht.
    »Mein Gewissen? Wieso? Ich verstehe nicht, Milda. Mein Gewissen ist rein!«
    »Wie kann es das sein, wenn du Oleg Dagorski umgebracht hast!«, brüllte Milda wild heraus.
    »Also das geht zu weit!«, warf Valentina Sellnowa entsetzt ein.
    »Wie kannst du so etwas Ungeheuerliches behaupten?«
    »Er hat seinen besten Freund umgebracht!« schrie Milda. »Er hat meinen Mann getötet!«
    »Du bist verrückt!«, brüllte Tichon Sellnow mit voller Lautstärke, und er hatte einiges zu bieten. »Total verrückt bist du, wenn du das im Ernst behauptest!«
    »Wer wollte denn zur weißen Frau gehen? Wer denn? Du!«, schrie Milda mit schriller Stimme. »Du wolltest sie sehen, obwohl du wusstest, dass sie Unglück bringt! Du hast uns alle überredet, zu ihr zu gehen…«
    »Oleg war damit einverstanden!«, schrie Tichon zurück. »Ich gebe zu, es war meine Idee. Aber Oleg war damit einverstanden. Er hätte nicht mitzugehen brauchen. Ich habe niemanden dazu gezwungen. Ihr seid alle freiwillig mitgekommen! Außerdem… Wer hat denn von diesem verdammten Blödsinn geredet? Habe ich damit angefangen, oder war es Oleg? Es war Oleg, dein Mann! Ich habe es ihm nicht geglaubt. Das war mein gutes Recht …«
    »Er hat aber die Wahrheit gesagt.«
    »Na schön. Und ich wollte es bewiesen haben. Deshalb habe ich Oleg noch lange nicht umgebracht!«
    »Doch!«, kreischte Milda. »Doch, das hast du!

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