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005 - Die Melodie des Todes

005 - Die Melodie des Todes

Titel: 005 - Die Melodie des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
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war die verblüffte Unschuld selbst.
    »Wollen Sie nicht den Kronzeugen machen, dem Straffreiheit zusteht?« erklärte der andre kurz.
    »Ich wäre äußerst glücklich«, erwiderte Wallis mit einem ratlosen Achselzucken, »aber wie soll ich in einer Sache, von der ich nicht das geringste weiß, den Kronzeugen abgeben? Die Belohnung ist ja ungeheuer verlockend. Wenn ich Verbrecherkumpane hätte, ließe ich mich leicht überreden. Mein Gewissen ist eine Sache, die sich immer den jeweiligen Umständen anpaßt; es hat eine ziemliche Ähnlichkeit mit einem Fußmaß, wie es die Schuhmacher gebrauchen, um die Füße ihrer Kunden zu messen - es ist etwas erschreckend Anpassungsfähiges, wie eine gleitende Skala, die auf und nieder rutscht.«
    »Ich habe keine Lust, noch mehr über Ihr Gewissen anzuhören«, sagte der Beamte ungeduldig. »Wollen Sie ein Geständnis machen oder nicht?«
    »Ich habe kein Geständnis zu machen«, erwiderte Wallis mit Nachdruck.
    Der Inspektor machte eine ungehaltene Kopfbewegung; Wallis wiederholte die Verbeugung, die er vor dieser Privatunterredung gemacht hatte, und schritt auf die Straße hinaus.
    Niemand wußte besser als er selbst, wie restlos jeder seiner Schritte beobachtet wurde. Schon beim Verlassen des Gebäudes wußte er, daß der scheinbare Tagedieb an der Ecke der Straße es auf ihn abgesehen hatte und ihm auf den Fersen bleiben würde, bis er ihn einem weiteren Beamten in Zivil zur Beobachtung übergeben würde. Von einem Bezirk zum andern, vom einen Ende der Stadt zum andern würden ihn diese wachsamen Augen unablässig verfolgen; während er schlief, würden seine Tür, Vorder-und Rückseite seiner Wohnung bewacht werden. Er konnte sich nicht bewegen, ohne daß ganz London -ganz London, soweit es für ihn in Betracht kam - jede seiner Bewegungen erfuhr.
    Sein Heim lag im oberen Teil eines Hauses über einem Tabakladen in einer Seitengasse der Charing Cross Street. Zu dieser kleinen Wohnung lenkte er gemächlich seine Schritte, ohne seine Gangart irgendwie zu beschleunigen, weil er sich bewußt war, daß auf der einen Straßenseite ein harmloser Handlungsreisender und auf der anderen ein Brötchenverkäufer, der anscheinend mit seiner Ware heimwärts trollte, ihn nicht aus den Augen ließen. Er kaufte unterwegs in der Charing Cross Street einige Zigarren, überquerte die Straße dicht bei der Alhambra und schloß zehn Minuten später neben dem Laden die Tür zu einem schmalen Hausflur auf, durch den sein Privateingang zum oberen Stockwerk führte.
    Der behaglich eingerichtete Raum verriet keinen schlechten Geschmack. Breite Klubsessel gaben dem Zimmer ein solides Aussehen, und die wenigen Bilder an der Wand fielen durch ihre Auserlesenheit auf.
    Er machte sich nicht die Mühe, das Zimmer oder den übrigen Teil der kleinen Mietswohnung einer Prüfung zu unterziehen. War die Polizei dagewesen, so war sie es eben. Wenn nicht, war es ihm gleichgültig. Finden konnte sie nichts. Darüber hatte er ein gutes Gewissen, insofern das Gewissen eines Mannes gut sein kann, der weniger die Folgen seiner Taten an sich als die augenscheinlichen, offenkundigen und auffindbaren Spuren fürchtet.
    Er drückte auf eine Klingel, und eine alte Frau erschien.
    »Machen Sie mir etwas Tee, Frau Skard«, sagte er. »War jemand da?«
    Die alte Frau blickte nachsinnend zur Decke auf.
    »Nur der Gasmann«, erklärte sie.
    »Nur der Gasmann«, wiederholte George Wallis höchst erstaunt. »War er nicht übermäßig überrascht, als er entdeckte, daß wir überhaupt kein Gas haben?«
    Die alte Dame schaute ihn etwas verdutzt an »Er sagte, er sei gekommen, um nach dem Gas zu sehen«, erwiderte sie, »und dann, als er merkte, daß wir kein Gas haben, sagte er ›wegen des elektrischen Lichts‹ - ein ganz zerstreuter junger Mann.«
    »So sind sie meistens, Frau Skard«, erwiderte George Wallis milde; »wissen Sie nicht, daß sie sich gerade in dieser Jahreszeit gerne verlieben, und wenn dann ihr Gemüt mit anderen, erfreulicheren Gedanken als mit Gasröhren beschäftigt ist, werden sie leicht ein bißchen verwirrt. Ich hoffe, er hat Sie nicht belästigt - hat er Ihnen nicht gesagt, Sie brauchten nicht im Zimmer zu bleiben?« half er nach.
    »Ganz recht, Sir«, meinte Frau Skard. »Er sagte, er könne alles ohne Hilfe machen.«
    »Und ich will wetten, er hat es getan«, murmelte George Wallis in der besten Laune.
    Unbekümmert darum, daß seine Wohnung von einem eifrigen Geheimpolizisten durchsucht worden war,

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