005 - Gekauftes Glück
Scherze über den Pomp und zeremoniellen Prunk, der bei der Hochzeit eines Herzogs entfaltet würde, sollte die Trauung in schlichtem Rahmen stattfinden, da die Westmonts noch in Trauer waren. Als daher der Brougham vor der kleinen, aus frühnormannischer Zeit stammenden Dorfkirche anhielt, wurden Ashleigh und ihre Begleiter nur von drei Leuten erwartet - dem Vikar, seiner Gattin und dem Bräutigam, der neben einem schimmernden schwarzen Phaeton stand, den er selbst herkutschiert hatte. In Ashleighs Augen sah er so gut aus wie eh und je.
Er trug ein Schwarz, das in starkem Kontrast zu dem schneeweißen Cachenez und der weißen, golddurchwirkten Weste stand.
Plötzlich bekam Ashleigh Angst, als jemand ihr aus der Kutsche half. Sie sah Mr.
Smythe, den Vikar, zur Begrüßung der kleinen Gruppe näher kommen, während sie auf den Mann zuging, der ihr einen letzten, unergründlichen Blick zuwarf, ehe er ihr zunickte. Und dann folgte sie dem Vikar und seiner Gattin in die Kirche. Während sie mit bleiernen Füßen zu dem einfachen Altar schritt, meinte sie, gehört zu haben, daß Megan ihr eine aufmunternde Bemerkung zugeflüstert hatte, doch sicher war sie nicht. Unter ihrer Hand spürte sie die Kraft von ihres Bruders Arm und klammerte sich an ihn wie an einen Felsen in der Brandung. Und schließlich vernahm sie die jahrhundertealten Worte, die der Vikar aus der Bibel vorlas.
Es war in diesem Augenblick, daß Brett merkte, wie ängstlich sie war, und einen Moment lang empfand er den Drang, zu ihr zu gehen, sie in die Arme zu schließen und ihr Worte des Trostes und der Beruhigung in die kleinen Ohren zu raunen und ihr zu sagen, sie müsse sich nicht fürchten. Doch der Moment verstrich, und nun konzentrierte Brett sich darauf, ihn sich nicht wiederholen zu lassen, denn das wäre Schwäche gewesen, und wo Schwäche war, folgte bald eine Katastrophe.
Außerdem hatte Ashleigh, vernünftig betrachtet, nichts von ihm zu befürchten.
Abgesehen von den erschreckenden Umständen des ersten Zusammenseins mit ihr, hatte er sie doch mit größter Höflichkeit und allem Respekt behandelt, nicht wahr?
Hatte er sich nicht selbst übertroffen, nur um darauf zu achten, daß man für ihr Wohlergehen sorgte? War er nicht sogar so weit gegangen, auf jeden intimen Kontakt mit ihr zu verzichten? Und das war ihm fürwahr nicht leichtgefallen, denn die nackte Wahrheit war, daß er Ashleigh wollte ...
Oh, ja, er wollte sie! Und heute nacht würde er endlich imstande sein, sie zu haben.
Sobald sie die Wonnen kennengelernt hatte, die sie durch ihn zwischen den Bettlaken erwarteten, würde sie ihre Ängste verlieren. Dann konnte er seinen Stammhalter von ihr bekommen, und alles würde gut sein. Das war es doch, worum es in der Ehe ging, nicht wahr?
Und nach diesem Gedanken gestattete er sich ein kleines, siegreiches Lächeln, während er sich neben Ashleigh hinkniete, um den Segen des Vikars zu empfangen.
Nach dem Toast mit Champagner, den Brett vor der Trauung zum Vikar geschickt hatte, stand Ashleigh benommen
neben dem Brougham, der Brett und sie zum Witwensitz bringen sollte, während Patrick mit Megan im Phaeton des Herzogs nach Ravensford Hall zurückfuhr. Als sie sich bereit machte, in die Kutsche zu steigen, ergriff Megan ihre Hände und drückte ihr einen herzlichen Kuß auf die Wange.
Zum Dank lächelte Ashleigh und wandte sich dann an den Bruder. Er bedachte sie mit einem langen, zärtlichen Blick und umarmte sie herzlich. „Werde glücklich, mein Liebling", murmelte er voller Gefühl. „Das ist alles, was ich dir wünsche."
Sie schlang ihm die Arme um den Hals, so wie sie es als Kind getan hatte. „Oh, Patrick!" murmelte sie mit bebender Stimme. „Ich liebe dich so!"
Dann schüttelte Brett dem Schwager die Hand und versicherte ihm, er sei ihm nicht mehr böse, und Ashleigh drückte die ihr von Jane Hastings geschenkten Teerosen an sich, als der Gatte ihr in den Brougham half und sich neben sie setzte. Und dann, begleitet von guten Wünschen, ließ der Kutscher das Gespann antraben, und der Wagen rollte davon.
Nach der Ankunft beim Witwensitz blieb Brett, während Ashleigh sich ins Haus begab, noch draußen und gab dem Kutscher die Anweisung, der alte Henry möge ihm am nächsten Morgen Arric und Benshee vorbeibringen lassen. Ashleigh ging in das Wohnzimmer, wo ein kleiner Tisch für zwei Personen gedeckt war. Neben einem mit verschiedenen zugedeckten Silberterrinen beladenen Tablett stand eine weitere Flasche
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