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0051 - Das Schiff der toten Seelen

0051 - Das Schiff der toten Seelen

Titel: 0051 - Das Schiff der toten Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Wiemer
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vermochte.
    Der alte Diener zitterte am ganzen Körper, wie eine Flutwelle rüttelte die Panik an den Schranken der Beherrschung, und seine Stimme war nur noch ein krächzender Hauch.
    »Weiche!« flüsterte er. »Weiche von mir, Dämon! Geh dahin zurück, woher du gekommen bist! Weiche und…«
    Blitzartig zuckte die gekrümmte Klaue vor.
    Raffael schrie auf, als ihm das Kruzifix aus den Fingern gefegt wurde und klirrend gegen die Wand prallte.
    Grausamer Triumph verzerrte das Mädchengesicht, immer größer, immer glühender wuchsen die Augen, und der alte Mann hatte das Gefühl, als überrolle ihn das Entsetzen wie eine Lawine.
    Schon spürte er den heißen, stinkenden Atem des Dämons, schon tasteten die Finger nach seiner Kehle – da war es plötzlich, als gehe ein Ruck durch die sprungbereite, geduckte Gestalt.
    Die Besessene erstarrte.
    Mit einem wilden Schrei fuhr sie zurück, das Gesicht verzerrte sich zu einer noch gräßlicheren Fratze. Hoch aufgerichtet stand sie da, zitternd, mit aufgerissenen Augen – wie in der Erwartung, daß jeden Moment etwas unsagbar Grauenvolles über sie hereinbrechen würde. Ein seltsames, pfeifendes Geräusch füllte die Luft. Jäh zuckte ein Blitz auf, für einen Moment blendete eine Explosion gleißender Helligkeit Raffaels Augen – und der gellende, rasende, wahnwitzige Schrei des Dämons schien seine Trommelfelle zu sprengen.
    Wie abgeschnitten verstummte das Geheul.
    Ein Windstoß fegte durch den Gang, ließ irgendwo schmetternd eine Tür zuschlagen. Immer noch war Raffael geblendet. Der blutrote Schleier lichtete sich nur allmählich, auf neue Schrecken gefaßt, riß er die Augen auf – aber er sah nichts von dem, was er erwartet hatte.
    Das Mädchen stand vor ihm.
    Ein ganz normales Mädchen, blond, blaß, ein wenig atemlos.
    Verwirrt sah sie sich um, angstvoll, wie aus einem wirken Fiebertraum erwachend – und der alte Butler begriff mit einem Gefühl fast schwindelerregender Erleichterung, was geschehen sein mußte.
    Zamorra!
    Er hatte es geschafft!
    Irgendwie und irgendwo hatte er es genau in dieser Sekunde geschafft, den Dämon Leonardo de Montagnes endgültig zu vernichten – und ihm, Raffael, blieb nur noch eins: Das Mädchen zu beruhigen, das nicht die leiseste Ahnung hatte, wie es hierherkam, ihr zu helfen und sie nach Möglichkeit davon zu überzeugen, daß irgendein Unfall eine kurze Gedächtnislücke bei ihr ausgelöst haben müsse…
    ***
    Grellweiß erhellte der Blitz die Höhle.
    Für einen winzigen Moment, gleich einer Vision, glaubte Zamorra, dicht vor sich die beiden Hälften eines Körpers nach links und rechts niedersinken zu sehen – dann zwang die blendende Helligkeit ihn, die Augen zu schließen. Schwindel ergriff ihn. Glühte das Schwert in seiner Hand? War die jähe, erschreckende Strahlung nur Einbildung? Feuerräder schienen in seinem Schädel zu kreisen. Eine Art kalter Glut hüllte ihn ein, ganz kurz nur spürte er den fauchenden Windstoß – und dann, während er noch das entsetzte Aufstöhnen der anderen hörte, wich das dumpfe, betäubte Schweigen plötzlich einer Stille, deren schwebende Leichtigkeit er fast körperlich zu spüren meinte.
    Er öffnete die Augen.
    Alles in ihm verkrampfte sich, schien erstarrt in der Furcht, irgendein blutiges, barbarisches Bild des Grauens zu sehen – und gleichzeitig spürte er, ungläubig noch, ein starkes Gefühl der Befreiung. Sein Blick haftete an Leonardo de Montagne, der zu Boden gesunken war – reglos, tief und gleichmäßig atmend, als schlafe er.
    Wie eine kaum sichtbare Narbe zog sich über das Gesicht des Kreuzfahrers eine haarfeine rötliche Linie, die von Sekunde zu Sekunde verblaßte. Seine Züge wirkten friedlich, entrückt – und als Zamorra den Blick hob, sah er dort, wo Leonardo vor dem Hieb mit dem Feuerschwert gestanden hatte, einen hellen, durchsichtigen Schleier.
    Alban!
    Der Geist Alban de Bayards, körperlos und verschwimmend…
    Weiß bauschte sich der Kreuzfahrermantel um seine Schultern, das edle, männliche Antlitz wandte sich Zamorra zu, und in der Stimme schwang der dunkle Klang einer unbegreiflichen, schmerzlichen, tiefen Ruhe.
    »Ich danke dir, mein Freund«, sagte er halblaut. »Du hast mich befreit, aber dies ist nicht meine Welt, dies ist kein magischer Ort wie die Pyramide in der Wüste, wo ich Gestalt annehmen könnte. Mein Reich ruft mich zurück. Den Gesetzen meiner Dimension muß ich folgen, oder ich werde der ewigen Verdammnis anheimfallen. Behalte das

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