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0051 - Das Schiff der toten Seelen

0051 - Das Schiff der toten Seelen

Titel: 0051 - Das Schiff der toten Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Wiemer
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sein Blickfeld schob – und dann ging alles blitzschnell und so gut wie lautlos.
    Drei Wächter waren es, die sich in dem überdachten Raum aufhielten.
    Sie begriffen nicht, was ihnen geschah.
    Schatten wuchsen vor ihnen empor, stumm und verbissen fielen Leonardo und die Lothringer über sie her, und ehe sie schreien und sich wehren konnten, zuckte vor ihnen bereits die breite, in goldenem Feuer funkelnde Klinge eines Schwertes.
    Auch diesmal genügte die dreifache Berührung.
    Die Wächter fielen in Trance. Rasch fing Zamorra die Hand des jungen hitzköpfigen Volkhart von Toul ab, und ungläubig erkannte der Lothringer, daß von den Gegnern keine Gefahr mehr drohte.
    Der Weg war offen, der Weg zu den Schiffen, zur Freiheit, vielleicht auch zur Rettung der restlichen Kreuzfahrer, die noch in der Wüste herumirrten, und Leonardo war der erste, der mit funkelnden Augen und keuchenden Lungen den Strand überquerte und in die kleine Jolle sprang.
    Minuten später trieben kräftige Riemenschläge das Fahrzeug über das Wasser.
    Einen kleinen, schnellen Segler steuerten sie an – ein Schiff, von dem Herzog Richard behauptete, daß er es steuern könne. Bill Fleming maß das aufgegeite Rahsegel mit skeptischen Blicken, doch dann, bei den ersten geflüsterten Kommandos, wurde auch ihm klar, daß der blondbärtige Ritter nicht übertrieben hatte. Oft waren die Kreuzfahrer auf ihren Zügen gezwungen gewesen, Meere zu überqueren, manche hatten gelernt, mit Wind und Wellen umzugehen – und Richard von Toul gehörte zweifellos zu ihnen.
    Aufgerichtet stand er auf dem hochgezogenen Vorkastell, befahl mit Handbewegungen, um niemanden durch laute Kommandos aufmerksam zu machen. Stage zischten, der Segelbaum knarrte, hell rieb das Ankerkabel beim Einholen in den Führungen. Geschickt wie eine Katze kletterte Volkhart die Strickleiter am Mast hoch, verharrte einen Moment mit leuchtenden Augen und wehendem Haar, und dann, auf den letzten Wink seines Bruders, bediente er die Fallen, als habe er sein Leben lang nichts anderes getan.
    Knatternd entfaltete sich das weiße Rahsegel.
    Wind ließ das Tuch flappen, blähte es und packte, als die Rah dem Zug der Brassen folgte. Langsam erst, dann zügiger setzte sich das Schiff in Bewegung, glitt majestätisch durch die Bucht, und Herzog Richard selbst übernahm das Stevenruder, um die enge, gefährliche Ausfahrt zwischen den Felsenzungen nicht zu verfehlen.
    Sie hatten bereits das offene Meer erreicht, als die Piraten sie bemerkten.
    Schreie gellten auf.
    Zwischen den Hütten und Zelten des Plateaus wurde es lebendig, Fackeln flackerten, Gestalten liefen hin und her. Leonardo war zu Zamorra, Bill und Nicole auf das Achterkastell gekommen und spähte aus schmalen Augen zur Insel hinüber.
    »Sie laufen zu Ben Marut«, sagte er leise. »Das flache weiße Haus dort – seht ihr? Wir hätten die Schiffe zerstören sollen! Gleich werden sie kommen…«
    Aber sie kamen nicht.
    Erregt, zornig, wild gestikulierend liefen sie zusammen, wiesen immer wieder aufs Wasser hinaus, liefen schließlich in Scharen herunter zum Hafen. Dort aber blieben sie stehen, Fäuste und Waffen schüttelnd, keiner machte Anstalten, an Bord zu gehen – und Zamorra glaubte wieder, die Worte Alban de Bayards zu hören:
    »Das Amulett… Freiwillig gab Ben Marut es zurück … Und dem Schicksal wird er sich nicht mehr in den Weg stellen …«
    ***
    Meilen entfernt erfüllte sich um diese Zeit auch für den Rest des Kreuzfahrerheeres das Schicksal.
    Kein Geschichtsbuch würde diesen letzten vernichtenden Angriff des Kalifen je verzeichnen, was nicht schon vorher entschieden worden wäre. Rachsucht, Zorn und eine dunkle Furcht vor dem Unbekannten waren es, die Achman noch einmal eine Gruppe von Kriegern auf die Spur des geschlagenen Gegners hetzen ließ. Erst am Abend fanden die Araber die Fährte in der Wüste. Kalt senkte sich die Nacht herab, als sie sich dem Heerlager näherten, und die Kreuzfahrer lagen in bleiernem Schlaf, als die Wachtposten das dumpfe Dröhnen der Hufe hörte.
    Von der Spitze des Hügels pflanzte sich der Warnruf fort.
    Bewegung entstand, Fragen schwirrten durcheinander, die Stimme des Postens gellte.
    »Die Brünne her!« schrie Gaspard Navarre vor dem zerfetzten Feldherrenzelt – und während er sich hastig wappnete, sandte er einen Blick voll brennender Bitternis zum Nachthimmel, als frage er sich, ob es die kalten, fernen Gestirne seien, die die Qualen und Kämpfe der Menschen hier unten

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