0054 - Die Schlucht der Vampire
Lager herum?
Die feuchte Luft legte sich schwer auf seine Lunge. Er atmete unregelmäßig, war bestrebt, keinen der Schlafenden zu wecken. Mit einigen wenigen Schritten war er im Dickicht.
Das Raunen, Wispern und Zischeln nahm zu.
Zamorra hatte den Eindruck, als wollten ihn die Geräusche weiter in die Tiefe des Dschungels hineinlocken. Sicherheitshalber entsicherte er die Pistole. Sie lag schwer in seiner Hand. Seine Nerven vibrierten.
Er wußte nicht, wie er reagieren würde, wenn ihn jetzt urplötzlich aus der Dunkelheit heraus jemand ansprang. Er glaubte, er würde sich nicht die Zeit nehmen, zu schauen, wer ihn angriff. Er würde wohl sofort schießen.
Morsches Holz knackte unter seinen Schuhen. Er preßte sich gegen die federnde Wand aus Farnen und Kräutern, drückte sie zur Seite, schlich den Geräuschen nach, blieb stehen, lauschte mit angehaltenem Atem…
Plötzlich war ihm, als glühten ihn aus der rabenschwarzen Dunkelheit heraus zwei bernsteinfarbene Augen an.
Zamorra, der Meister des Übersinnlichen, der erfolgreiche Geisterjäger, begann die Situation schlagartig zu erkennen.
Dieses unheimliche, leuchtende Augenpaar gehörte einem Dämon.
Wütend riß er die Pistole hoch. Doch dann senkte er sie wieder. Hatte es einen Sinn, auf einen Dämon zu schießen? Mit einer gewöhnlichen Kugel konnte man ihm nichts anhaben. Und es befanden sich nur noch zwei Patronen in der Waffe. Er konnte sich keinen Schuß leisten. Furchtlos näherte er sich dem leuchtenden Augenpaar. Er hätte in diesem Moment vieles darum gegeben, wenn er sein Amulett bei sich gehabt hätte, jenen silbernen Talisman, der ihm schon zu manchem spektakulären Sieg über die Geschöpfe der Finsternis verholfen hatte. Aber das Amulett lag in einer kleinen Lederschatulle zu Hause im Schloß.
Ein Dämon im Dschungel!
Zamorra fragte sich, um was für eine Ausgeburt der Hölle es sich hierbei handelte.
Mit gereizter Miene kämpfte er sich durch das Unterholz. Auf einmal schwebten die bernsteinfarbenen Augen hoch. Ein Flügelschlagen und Flattern füllte die Luft. Äste knackten. Zweige brachen. Unheimlich schnell flogen die Augen auf Zamorra zu. Sie sausten von oben auf ihn herab.
Er hatte den Eindruck, eine riesige Fledermaus käme da angeschwirrt. Blitzschnell nahm er den Kopf nach unten.
Ein Fauchen, böse und voll Haß.
Dann spürte Zamorra einen gewaltigen Schlag. Ihm war, als würde ihm jemand einen Hammer in den Nacken schmettern. Er fiel nach vorn, mit dem Gesicht auf den Boden und verlor auf der Stelle das Bewußtsein.
***
Es war Senta Onegin nicht möglich, Nicole Duval zu beruhigen. Zamorras Sekretärin rannte wie eine gereizte Tigerin ununterbrochen auf und ab.
»Willst du nicht endlich aufhören, dich verrückt zu machen, Nicole?« fragte Senta vorwurfsvoll.
Nicole nagte nervös an der Unterlippe. »Ich kann die Sache nicht einfach auf sich beruhen lassen«, keuchte sie aufgewühlt.
»Sag bloß, du willst irgend etwas unternehmen, um Zamorra wiederzufinden!« rief Senta erschrocken aus.
»Richtig!« zischte Nicole. »Ich werde etwas unternehmen, Senta.«
»Ein Mädchen allein…«
»Ich bin nicht allein. Darf ich ganz schnell mal ein teures Gespräch führen?«
»Selbstverständlich, Schatz. Du darfst alles, was du willst. Wen möchtest du anrufen?«
»Bill Fleming in New York. Er ist Zamorras bester Freund.«
»Ist das dieser Historiker?«
»Ja. Ich bin überzeugt, er wird sofort auf dieselbe Idee verfallen wie ich.«
Senta nahm Nicole bei den Armen. »Sag mal, hast du im Ernst vor, Zamorra selbst zu suchen?«
Nicole senkte den Blick.
»Nicole!« sagte Senta ernst.
»Ja, Senta. Ich werde Zamorra suchen«, sagte Nicole entschlossen.
»Und Bill Fleming wird mir dabei helfen.«
»Was denkst du, was ihr beide schon ausrichten könnt? Es wird ja schon nach der Air-France-Maschine gesucht!«
»Ich muß etwas unternehmen, Senta. Ich kann einfach nicht hier bei dir bleiben und so tun, als wäre alles in schönster Ordnung. Ich muß wissen, was Zamorra zugestoßen ist. Selbst wenn er nicht mehr lebt… muß ich es wissen. Diese Ungewißheit halte ich einfach nicht aus.«
Senta Onegin streichelte Nicoles Wange mitleidig. »Armes Mädchen«, sagte sie. »Das Telefon steht dort drüben.«
Nicole meldete das Ferngespräch an. Aber es klappte nicht mit der Verbindung. Nervös begann sie wieder auf und ab zu rennen. Allmählich steckte sie Senta mit ihrer Unruhe an.
»Wenn es Überlebende gibt, ist Zamorra ganz
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