0054 - Die Schlucht der Vampire
geworden.
Und nun stieß er ein Lachen aus, das allen das Blut in den Adern gefrieren ließ.
»Nun brauche ich mich nicht mehr länger zu verstellen!« rief er den Umstehenden zu. Er stemmte seine Fäuste in die Seiten. »Ich habe mein Ziel erreicht. Ihr Dummköpfe. Ich war nie Missionar. Nicht zwei Flugzeugentführer hat es gegeben, sondern drei! Harry Crosby! Tammany Fields! Und Maurice Massenet! Wir bekamen den Auftrag, ein vollbesetztes Flugzeug zu entführen, und wir haben es getan. Leider hat es dabei eine Panne gegeben. Von hundertdreißig Menschen blieben nur eine Handvoll übrig. Ihr alle seid auf meine harmlose Visage hereingefallen. Auch Sie, Zamorra. Als Crosby und Fields nicht mehr am Leben waren, übernahm ich es, euch hierherzubringen, denn dies hier ist euer eigentliches Ziel! Hier endet euer Weg! Hier, im Tal des Todes!«
»Von wem habt ihr den Auftrag bekommen, das Flugzeug zu entführen?« fragte Zamorra scharf. Nach all den gefahrvollen Situationen, die sie gemeistert hatten, stellte sich vor ihnen nun die letzte große Hürde in den Weg.
»Der Auftrag kam vom Meister!« sagte Massenet ehrfürchtig.
»Und dieser Meister ist ein Vampir!« sagte Zamorra.
»Sehr richtig. Er zahlt mit purem Gold für jeden von euch. Er braucht Blut. Aber kein Mensch wagt sich mehr in diese Gegend. Deshalb verfiel er auf die Idee, sich Menschen aus einem Flugzeug zu holen. Ihr seid verloren, Freunde! Nun gibt es kein Entrinnen mehr für euch. Diese Schlucht ist mit magischen Fallen abgesichert. Aus ihr kommt keiner raus, wenn der Meister es nicht will!«
»Er hat uns auf unserem Weg durch den Dschungel begleitet, nicht wahr?« sagte Zamorra.
»Allerdings. Er war immer in unserer Nähe«, kicherte Massenet.
»Und er hat sich Dobson geholt, weil er seine Gier nach Blut nicht mehr bezähmen konnte.«
»Auch das ist richtig, Zamorra.« Massenet rieb sich die Hände.
»Ich werde reich sein. Ich werde einen Berg von Gold besitzen. Es war gewiß kein leichter Job, euch alle hierherzulocken. Aber ich habe es geschafft. Und der Meister wird mich dafür fürstlich entlohnen.«
»Du wirst vom Gold deines gottverdammten Meisters nichts mehr haben!« plärrte Tito Bianco außer sich vor Wut. Er faßte nach einem Stein, stürmte auf Massenet los und erschlug ihn mit einem einzigen wuchtigen Hieb.
Plötzlich brandete ein schauriges Gelächter auf. Es war kaum verklungen, da rief eine donnernde Stimme: »Selbst der Tod meines Dieners kann euch nicht mehr retten!«
Zamorra nickte Bianco zu: »Das war er.«
***
Sie entdeckten im unteren Drittel der Schluchtwand eine Höhle. Ein schlanker Mann stand davor. Soeben spannte er die Arme aus, sie wurden zu Flügeln, er verwandelte sich in eine riesige Fledermaus, hob vom Felsen ab und segelte flatternd auf die kleine Gruppe von Leuten zu.
»Runter!« schrie Zamorra. »Legt euch flach auf den Boden!«
Alle taten es. Nur eine Frau war nicht schnell genug. Der Vampir packte sie mit seinen kräftigen Klauen. Sie kreischte schrill auf. Zamorra wollte aufspringen und die Frau dem Vampir entreißen, doch er kam zu spät.
Das grelle Geschrei der Frau jagte schaurig durch die Schlucht. Die mächtige Fledermaus verschwand mit ihrem Opfer in der Höhle.
»Glauben Sie jetzt, daß es Vampire gibt?« fragte Zamorra den Dirigenten grimmig.
»Was sollen wir tun?« fragte Bianco bebend. »Der Kerl wird sich einen nach dem anderen holen…«
»Angriff ist die beste Verteidigung!« behauptete Modest Jurinac.
Zamorra war überrascht, das aus seinem Mund zu hören. Er nickte.
»Sie haben recht, Jurinac. Wir dürfen nicht warten, bis er zurückkommt. Wir müssen zu seiner Höhle hinaufklettern und versuchen, ihn da zu vernichten.«
Sie machten sich sofort auf den Weg.
Wieder bewaffneten sie sich mit ihren Holzkreuzen und mit Pfählen, die sie nicht weggeworfen hatten, nachdem Tony Dobson gestorben war.
Es war ein beschwerlicher Aufstieg, eine gefährliche Klettertour, aber sie schafften es alle. In jedem kochte ein unbändiger Haß.
Sie alle wußten, daß ihr Leben an einem seidenen Faden hing.
Erst wenn sie diesen Vampir vernichtet hatten, würden sie überleben.
Zamorra erreichte die Höhle als erster. Die vom Vampir geraubte Frau schrie gellend um Hilfe. Sie drangen sogleich in die Höhle ein.
Ein Labyrinth tat sich vor ihnen auf. Fackeln brannten an den Wänden. Sie erreichten einen großen Raum. Hier fanden sie die Frau. Sie war halb wahnsinnig vor Angst. Zamorra untersuchte sie
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