0054 - Wir und der Hellseher
der Professor konnte nicht verhindern, dass er etwas wie Bewunderung für seinen Chef empfand.
***
Steven Allyn kam gegen acht Uhr abends aus seiner Wohnung. Er besaß Karten für ein Kino in der Nachbarschaft. Er war ein wenig spät daran und beeilte sich.
Plötzlich, ohne dass er es recht bemerkt hätte, tauchten zwei Männer neben ihm auf, fassten seine Arme und drängten ihn in eine Toreinfahrt. Allyn war so überrascht, dass er keine Gegenbewegung machte, und die Männer gingen so geschickt vor, dass keiner der Passanten auf der Straße überhaupt merkte, dass Allyns Weg gegen seinen Willen eine andere Richtung genommen hatte.
Im Handumdrehen war er gegen die Mauer der Einfahrt gedrängt. Er konnte nur zwei massive Schatten erkennen und fühlte kräftige Fäuste an seinem Jackett.
»Keinen Laut«, zischte ihn eine Stimme an. »Es geschieht dir nichts. Wir brauchen die Adresse deines Onkels. Los, raus damit!«
»Was wollen Sie von mir?«, fragte Allyn vollkommen überflüssig und zappelte ein wenig. Prompt handelte er sich das erste Ding ein, eine Mischung aus Faustschlag und Ohrfeige, die das mildeste sein mochte, was der Schläger zur Verfügung hatte, die aber Stevens Kopf bereits herumschleuderte.
»Die Adresse deines Onkels verdammt! Hast du nicht verstanden?«
Noch gab Allyn sich nicht geschlagen.
»Lassen Sie los!«, schrie er. Zwei Hände legten sich um seine Kehle. Ein zweiter Schlag klatschte in seih Gesicht.
»Mach bloß keine Dummheiten!«, fauchte ihn der Unbekannte an. Die Widerstandskraft des jungen Mannes zerbrach. Er fühlte mehr als er sah, dass sein Peiniger zum dritten Schlag ausholte und stotterte: »Hamilton, 64. Straße 957.«
»Na also«, knurrte die Stimme befriedigt. »Steht er richtig, Joe?«
»Ich denke«, antwortete der zweite Mann, der bisher kein Wort gesprochen hatte.
»Dann lass ihn los!«
Der Griff der Fäuste um Allyns Hals löste sich. Er atmete erleichtert auf, aber zu früh. In der nächsten Sekunde bekam er zwei schwere Schläge ins Gesicht, und diesmal waren es richtige Fausthiebe.
Er stürzte zu Boden, verlor die Orientierung und blieb auf dem Gesicht liegen. Er war nicht bewusstlos, aber er wagte dennoch für ein paar Sekunden nicht, sich zu rühren.
Als er sich umdrehte, spürte er, dass er allein in der Toreinfahrt war. Sein rechter Backenknochen und die Kinnlade schmerzten.
Er lief zur Einfahrt. Die Straße lag im Schein der Laternen, und die Passanten gingen eilig und gleichgültig vorüber. Von den beiden Männern war keine Spur mehr zu sehen. Es fiel Allyn ein, dass alles so schnell gegangen war, dass er nicht einmal ihre Gesichter erkannt hatte.
Er ging in die Toreinfahrt zurück, suchte mithilfe eines Streichholzes seinen Hut, wischte sich mit dem Taschentuch das Gesicht ab und war entschlossen, zur Polizei zu gehen.
Auf halbem Weg blieb er stehen. Steven Allyn war kein besonders wertvoller Mensch, aber er war nicht schlechter als viele andere. Immerhin war er anständig genug, um jetzt an seinen Onkel zu denken. Das Interesse der Männer, die ihn zusammengeschlagen hatten, musste schließlich einen Grund haben.
Er pfiff sich ein Taxi und fuhr in die 64. Straße.
Thornwell Hamilton hörte sich die Geschichte an, nickte mit dem Kopf und sagte: »Ich wüsste nicht, was irgendwer von mir will. Ich habe eigentlich mein Leben lang nichts getan, was andere geärgert haben könnte.«
»Ich fürchte, es hat einen Zusammenhang mit deinen Äußerungen in der Cresbyl-Sache«, erinnerte Allyn. »Du weißt wohl inzwischen, dass sie durch meine Dummheit in eine Zeitung geraten ist.«
»Meinst du, es könnte damit zu tun haben? Ich wüsste nicht in welcher Form. Nun gut, ich werde vorsichtig sein.«
»Ich werde die beiden FBI-Beamten informieren, die mich aufgesucht haben«, entschied Allyn.
»Wenn du meinst«, antwortete sein Onkel freundlich.
»Aber vorher werde ich mir den Reporter der Zeitung vorknöpfen«, sagte Allyn wütend. »Schön, ich habe leichtsinnig dahergeredet, aber er hat mir hoch und heilig versprochen, keinen Gebrauch davon zu machen. Dann tat er es doch, und wir alle hatten eine Menge Ärger davon. Aber jetzt langt es mir!«
Er rief Drolbeen von der nächsten Telefonzelle aus an.
»Hören Sie«, schrie er in den Apparat. »Vor einer Viertelstunde bin ich überfallen worden, und wissen Sie, aus welchem Grund?«
»Ja, ich weiß es«, antwortete Drolbeen. »Ich habe versucht, Sie zu erreichen, aber ich wusste Ihre private Adresse
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