0055 - Wir, Mr. Unbekannt und das Gold der Diane
der Bursche so gedacht ! Ich sollte mich also verraten, und er würde dann bestimmt sofort mit einer kleinen Überraschung auf warten!
Ich schwieg selbstverständlich und musste unwillkürlich an Phil Decker denken, der in einer solchen Situation bestimmt keine Verhaltungsmaßregeln, die einem beim FBI gelehrt wurden, zitieren könnte.
Man musste sich als FBI-Agent eben auf seine eigenen Fähigkeiten verlassen können, rasch und mitunter sekundenschnell Entschlüsse zu fassen und auszuführen, die darüber entschieden, ob man weiterlebte oder nicht.
»Haben Sie gehört, Cotton?« rief die Stimme wieder. Sie klang verärgert und gereizt. Man konnte hören, dass der Mann da beim geringsten Anzeichen meiner Gegenwart sofort gehandelt hätte. Das Sich-einigen-Können war nichts anderes als ein plumper Trick, um mich in die Falle zu locken.
Näher kamen die Schritte. Ich vernahm leichtes Geräusch, wie es entsteht, wenn jemand mit den Knöpfen seiner Ärmel über Metall fährt. Daraus konnte ich mir leicht vorstellen, dass mein unbekannter Freund mit einer Maschinenpistole bewaffnet war!
Wieder war es still in der Wohnung. Draußen, in einiger Entfernung, rasselte brausend und stampfend die Subway an den Häusern entlang und verschwand dumpf grollend in der Feme.
Quietschend schwang die Küchentür zurück. Einen matten, düsteren Schatten gab sie frei… der Mann, der es auf mich abgesehen hatte, hob sich noch dunkler gegen den dunklen Hintergrund des unbeleuchteten Nebenzimmers ab.
»Ergeben Sie sich, Cotton!« sagte er so leise und ruhig, als handele es sich um eine lapidare Feststellung über das Wetter. »Sagen Sie, wo Sie sind, oder ich säge Sie in tausend kleine Stücke!«
Jetzt erkannte ich die Stimme! Ich war keineswegs verwundert, als ich feststellte, dass sie niemand anderem als dem pomadigen Verbrechergesicht gehören konnte, der uns gestern im Spielcasino des ›Tabarin‹ zum Wechseltisch führte… dem Mann, der mir wütend zugezischt hatte, ich sollte die Hände von Mabel lassen, da sie bereits vergeben wäre…
Plötzlich zuckten winzige Flämmchen auf, eine donnernde, blendende Helligkeit folgte, und mit ekelhaftem, knallendem und prasselndem Geräusch fuhr eine Salve durch die Küche, zerschmetterte knirschend die Kacheln an den Wänden, prallte als Querschläger vom Eisschrank, hinter dem ich mich so klein machte, als es irgend ging, und fegte dann, schrill singend, durch den Raum.
»Na, noch nicht genug?« fragte die Stimme wieder.
Sie klang aus dem Nebenzimmer, und ich brauchte keine Zwanzigstelsekunde, um mir darüber klar zu werden, dass ich nur eine einzige, winzige Chance hatte! Der Mann hatte sich, wohl wissend, was es bedeutete, in einem geschlossenen Raum mit einer Maschinenpistole zu ballern, nach der Salve sofort in das Nebenzimmer zurückgezogen, um nicht selbst das Opfer eines der umherschwirrenden Projektile zu werden! Sicherlich würde er nochmals schießen… ich wusste, dass er entschlossen war, mich zu töten. Würde ich die nächste Salve überleben, dann hatte ich die Chance, ihn zu fassen!
Wieder meldete ich mich nicht. Die Hände waren mir nass vor Schweiß, und der Anzug klebte an meinem Körper. Eine entsetzliche Lethargie drohte mich zu überfallen, und ich musste mich sehr zusammennehmen, um nicht das Opfer einer hysterischen Todesangst zu werden.
Doch Mac, der Pomadenjüngling, ließ mir keine Zeit, noch mehr Angst zu bekommen.
»Du willst es nicht anders!« sagte er nur, und ich presste mich auf kleinstem Raum zusammen. Abermals brüllte es auf. Das Mündungsfeuer beleuchtete mit einem eigentümlichen, gespensterhaftem Licht die Küche - wie das Blitzlicht einer Reporterkolonne beim Empfang im Weißen Haus!
Noch zirpten die Querschläger in der Luft herum, da war ich schon hoch! Ich schoss, um aus dieser Todesfälle herauszukommen, in die Höhe, erreichte die Tür und prallte mit einem Menschen zusammen. Mac stieß einen schauerlichen Fluch aus. Ich spürte mehr als ich sah, wie er die Waffe hob, um mich mit einem gewaltigen Schlag zu erledigen. Instinktiv duckte ich mich, unterlief den geschwungenen Arm, rammte dem Mann meinen Kopf in den Leib und fiel mit ihm zusammen auf den Boden. Etwas traf meine Stirn und ein brennender Schmerz brachte mich fast zum Aufschreien.
Das alles spielte sich in Sekundenbruchteilen ab, schneller, als ich es Ihnen erzählen kann! Jedoch kam es mir wie eine Ewigkeit vor, bis ich mich so weit wieder in der Hand hatte, dass ich
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