0057 - Die Zombies
geweitet. So etwas hatte er noch nie in seinem Leben gesehen. Er konnte es einfach nicht fassen. Bisher hatte er noch nie etwas von Untoten oder Zombies gehört. Für ihn war das Leben eine Realität, in der Spukgeschichten keinen Platz hatten. Er begriff auch nicht, daß dieser Nichols noch nicht bewußtlos war. Den Treffern hätte ein normaler Mensch nichts entgegenzusetzen gehabt.
War Nichols nicht normal?
Er kam nicht mehr dazu, weiterzudenken, denn plötzlich tauchte vom Weg her eine Frau auf. Sie war in schwarzes Leder gekleidet.
Die Situation überblickte sie mit einem Blick, bückte sich und hob einen handlichen Knüppel vom Boden hoch.
Damit bewaffnet schlich sie von der anderen Seite auf den Zombie zu.
Suko hob die Hand. »Nicht, Shao!« rief er. »Bleib zurück, bitte. Das erledige ich allein.«
Shao schüttelte den Kopf, daß ihre langen Haare nur so flogen. Ein lauernder Ausdruck lag auf ihrem hübschen Gesicht. Sie gehörte zu Suko und stand ihm auch in der Not bei.
Die beiden unterschiedlichen Gegner zogen den Kreis immer enger. Und von hinten schlich Shao an den Zombie heran.
Gleich würde die Gewalt eskalieren.
Aber es kam anders.
Nichols’ Kopf ruckte plötzlich hoch. Er legte ihn in den Nacken, verdrehte die Augen, und es schien so, als würde er auf eine unhörbare, ferne Stimme lauschen.
Dann beugte er sich vor, stieß einen seltsam zischenden Laut aus und rannte los, an Suko vorbei.
Der Chinese wollte ihn noch stoppen, doch Nichols federte über dessen vorgestrecktes Bein.
Niemand hielt ihn auf.
Wie ein Berserker brach er durch die Büsche, übersprang den Weg und tauchte am anderen Ende in das Unterholz.
Suko hatte sich gedreht und nahm sofort die Verfolgung auf.
»Bleib hier!« rief Shao, doch der Chinese ließ sich nicht beirren. Er mußte sehen, was dieser Zombie vorhatte.
Nichols lief auf dem direkten Weg zum See.
Suko stürmte hinter ihm her.
Die Zweige kratzten über seine Lederkleidung, doch das störte ihn nicht. Im Gegenteil, so blieb Suko wenigstens nirgendwo hängen.
Dann hörte der Wald auf. Ein Gebüschgürtel markierte den Weg bis zum See. Die Wellen plätscherten an das Ufer. Unter Sukos Füßen war der Boden schon feucht, und der Chinese sank bis zu den Fußknöcheln im Schlamm ein. Doch wo war der Zombie?
Suko sah ihn nicht.
Die Sonne war inzwischen weitergewandert und hinter den Bergen verschwunden. Während über den Felsgraten der Himmel zu explodieren schien, fielen schon in das Tal die ersten Schatten der einsetzenden Dämmerung. Das Wasser hatte eine dunklere Farbe angenommen. Ein leichter Wind kräuselte die Wellen zu einem ewig fortlaufenden Muster. Still war es.
Nicht einmal Vögel zwitscherten. Spürten sie die Gefahr?
Suko hatte etwas geduckt dagestanden. Jetzt erhob er sich vorsichtig aus seiner Deckung.
Keine Spur von Nichols.
Aber auf dem Wasser geschah etwas.
Es geriet in Bewegung. Nicht weit vom Ufer entfernt entstanden mehrere Wellenringe, die zuerst auseinander –, dann jedoch ineinander liefen. Blasen stiegen an die Oberfläche und zerplatzten.
Der Chinese reckte den Hals.
Plötzlich wurde seine Kehle trocken.
Sechs gekrümmte Hände stießen aus der Wasseroberfläche. Es folgten Köpfe, Schultern, Oberkörper.
Suko hielt den Atem an. Er spürte, wie eine Gänsehaut über seinen Rücken lief.
Die Zombies kamen…
***
Die Polizisten stellten sich ziemlich stur an. Sie wollten mir kein Boot zur Verfügung stellen.
Ich zeigte ihnen meinen Ausweis und erinnerte sie, daß sie zu einer Mitarbeit verpflichtet waren.
Ich wollte keine Pferde scheu machen und erklärte meinen Auftrag zur Geheimsache.
»Hängt das mit dem Unfall zusammen?« wurde ich gefragt.
»Ja.« Indirekt stimmte dies auch.
Der Unfall des Ehepaars hatte etwas mit dem Fall zu tun.
Ich bekam den Flitzer.
Das Boot war mit einem leistungsstarken Motor ausgestattet, hatte einen Steuerstand, Rettungsringe, Funk und eine Sitzbank am Heck.
Damit konnte man wenigstens fahren.
»Sie werden es noch in der Nacht zurückerhalten«, sagte ich und verabschiedete mich.
Ich wollte zu Bill und mit ihm zur Polizeistation zurückgehen, damit wir von dort aus starten konnten.
Einer der Beamten begleitete mich nach draußen. »Kennen Sie den See, Sir?«
»Vom Ansehen.«
Der Mann schluckte. »Loch Morar ist ein gefährliches Gewässer, Sir. Selbst Einheimische wagen sich nicht überall hin. Sie meiden bestimmte Stellen, und wenn ich Ihnen einen Rat geben darf, Sir, meiden
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